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Alles tolernat? Im privaten Bereich gibt es in Taiwan nach wie vor viele Probleme für queere Menschen.

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LGBTI in Taiwan: Im Land des aufgehenden Regenbogens

Taiwan hat die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare legalisiert – als erstes Land Asiens. Eine Berlinerin hat eine Doku über queeres Leben im Inselstaat gemacht.

Während in Brunei gerade drastische Strafen für Homosexuelle beschlossen wurden, erlaubt Taiwan, 180 Kilometer östlich vor der chinesischen Küste, seit diesem Jahr die Ehe für Menschen gleichen Geschlechts. Die 25-jährige Berliner Filmemacherin Lucie Liu begleitete mehr als acht Monate lang drei homosexuelle Protagonisten in der Hauptstadt Taipei. Liu hat chinesische Wurzeln, ihr Debütfilm „Taipeilove“ feiert am 27. Juni um 20 Uhr Premiere im Kino Delphi Lux, Kantstraße 10.

Wie kam es dazu, dass Sie diesen Film gemacht haben – obwohl Sie zuvor mit Film gar nichts zu hatten?

Ich habe eine Weile in Taiwan gelebt und fand die Vorreiterrolle des Landes in Bezug auf Demokratie, Menschenrechte und besonders die gleichgeschlechtliche Ehe sehr spannend. Ich fand, dass Film das beste Medium wäre, um dieses Thema zu vermitteln. Mit der Förderung, die ich bekommen habe, bin ich nach Taiwan gegangen. Ich hatte Geld und eine Idee, alles andere musste ich mir erst mal aufbauen: Mir Protagonisten suchen und ein Team, Kameramänner und -frauen, Übersetzer, Soundleute.

Kann man die Akzeptanz, die Homosexuelle in Taipei erfahren, mit der Situation in Berlin vergleichen?

Ja und nein, beide Städte sind in ihrer Rolle als Hauptstadt liberaler als der Rest des Landes. Dennoch liegen dem Leben in Taipei komplett andere gesellschaftliche Werte zu Grunde, weshalb sich die beiden nicht leicht vergleichen lassen.

In dem Film erzählt ein junger Mann, dass sich in Taipei zwar viel in der Akzeptanz gegenüber Schwulen und Lesben getan hat, nicht aber in der von Transsexuellen.

Ja, während die Akzeptanz von Homosexuellen graduell besser wird, steht die von Transsexuellen gerade erst am Anfang und entwickelt sich in kleinen Schritten.

Der Film begleitet drei Protagonisten. Die 25-jährige lesbische Sarah sowie Kevin und David, ein schwules Paar in ihren Vierzigern, die schon seit 13 Jahren zusammen sind. Vor der Kamera äußern sie sich sehr offen über ihre Gefühle und Ängste, die Ablehnung in der Familie. War es schwierig, diese Menschen zu finden, die bereit sind, sich vor der Kamera über ihre Sexualität zu äußern?

Ja, sehr. Obwohl sich die gesellschaftliche Situation in Bezug auf die Legalisierung der gleichgeschlechtlichen Ehe stark verbessert hat, lässt sich das mit der Situation im Privaten nicht vergleichen. Ich habe mit etwa 40 Leuten ihre sexuellen Orientierung und ihre Erfahrungen gesprochen.

Einige habe ich gebeten, Protagonisten meines Films zu werden. Die meisten haben abgelehnt, weil sie noch kein Coming-out in ihrer Familie hatten. Viele hatten Angst, dass ein Interview vor der Kamera Nachteile für ihre Familien- oder Jobsituation hätte. Aber dann hatte ich das Glück, Sarah kennenzulernen und sie hat mir auch Kevin und David vorgestellt.

Gibt es denn einen Unterschied in der Akzeptanz von lesbischen Frauen im Gegensatz zu schwulen Männern?

Ich habe bei meiner Recherche herausgefunden, dass die Infrastruktur für schwule Männer viel mehr gegeben ist, als für lesbische Frauen. Es gibt ein ganzes Viertel in Taipei, wo es viele Bars und Clubs für schwule Männer gibt. Dagegen gibt es nur einen Club für lesbische Frauen, der immer wieder auf- und zumacht. Ansonsten findet vieles online statt, über Dating-Apps. So hat Sarah auch ihre Freundin kennengelernt.

Lucie Liu studiert an der Universität der Künste und hat längere Zeit in Taipei gelebt.
Lucie Liu studiert an der Universität der Künste und hat längere Zeit in Taipei gelebt.

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Was das ganze Dating zwischen Frauen noch erschwert, ist, dass in Taiwan lesbische Frauen eingeteilt werden in T, das steht für Tomboys, und in P, angelehnt an das chinesische Wort für „Ehefrau“. Ts haben kurze Haare, wirken eher maskulin, Ps haben lange Haare und geben sich feminin. Eigentlich erwartet man in Taipei, die Idee von einem heterosexuellen Paar in einem lesbischen wiederzufinden – also eine weiblich aussehende Person und eine männliche. Bei Männern sind mir solche Einteilungen nicht bekannt.

Taiwan ist das erste asiatische Land, das die gleichgeschlechtliche Ehe legalisiert hat. Wie sieht es in den anderen asiatischen Ländern aus, ziehen die nach?

Es gibt Bestrebungen in Japan und Vietnam, aber kein Land ist so weit wie Taiwan. Gerade in Südkorea gibt es ja einen starken christlichen Einfluss, der die Ehe zwischen gleichgeschlechtlichen Paaren erschwert. Aber viele hoffen, dass Taiwan als Präzedenzfall dienen könnte.

In den meisten asiatischen Ländern haben familiäre Traditionen eine große Bedeutung. Man erwartet von den Kindern, dass sie die Familienlinie fortführen – und Schwule oder Lesben können das nicht, glaubt man. Deshalb outen viele sich nicht vor ihrer Familie, weil sie Angst haben, aus dieser ausgeschlossen oder verstoßen zu werden.

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Wie kam es dazu, dass Sie Ihren ersten Film gleich im Delphi Lux präsentieren können?

Normalerweise wäre das sehr teuer gewesen. Glücklicherweise hat das Kino im Zuge des Stonewall-Jubiläums und des Pridemonths angeboten, den Film zu zeigen.

Wo wird der Film sonst noch zu sehen sein?

Ich habe den Film bei vielen Festivals eingereicht, es gibt aber noch keine konkreten Zusagen. Weil aber nicht jeder Zugang zu Filmfestivals hat, ist mein Wunsch, den Film an Unis vorzuführen, vor allem in Asien. Um den Studierenden zu zeigen, dass Veränderung möglich ist. Dass man die Hoffnung nicht aufgeben darf.

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