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Zweisamkeit. Tonjas jüngster Nachwuchs ist auf den Kamerabildern direkt aus der Wurfhöhle gut zu erkennen.

© Tierpark Berlin/ dpa

Berliner Eisbärin Tonja ist Mutter geworden: Flauschalarm in Friedrichsfelde

Jubel und Zittern im Tierpark Berlin: Eisbärin Tonja ist wieder Mutter geworden. Ihre anderen zwei Babys hatte sie innerhalb kurzer Zeit verloren.

Die riesengroße, allererste Weihnachtsüberraschung dieses Jahres war am vergangenen Samstagabend, also kurz vor dem ersten Advent, etwa gegen 21 Uhr deutlich zu hören. Plötzlich vernahm Eisbären-Kurator Florian Sicks vom Tierpark Berlin in Friedrichsfelde genüssliche Schmatzgeräusche. Zu diesem Zeitpunkt saß er zu Hause angespannt vor einem Bildschirm, der mit einer Kamera plus Mikro in Tonjas Wurfhöhle verbunden war. Schon am Samstag in aller Frühe hatte Sicks auf diese Weise einen ersten Glücksmoment erlebt. Er entdeckte beim Heranzoomen im dichten weißen Brustfell der Eisbärin einen Winzling: Berlins neues Eisbärenbaby, geboren am Samstag, punkt 2.33 Uhr früh, was inzwischen dank Kameraüberwachung offiziell bestätigt ist.

Volles Programm Mutterglück in Schwarz-Weiß

Schwarz-Weiß-Bilder dokumentieren Tonjas erste Wöchnerinnenstunden. Volles Programm Mutterglück nach acht Monaten Trächtigkeit: Das nur ein paar Zentimeter lange, unbehaarte Geschöpf schmiegt sich fest an die 390 Kilogramm schwere Bärin und saugt Muttermilch. Dennoch ist man im Tierpark hin- und hergerissen zwischen Freude und tristen Erinnerungen – ebenso wie viele Berliner, seit die Geburt Montagfrüh bekannt gegeben wurde.

„Unser BÄRliner Herz hüpft“, twitterte das Tierpark-Team, aber zugleich dachten die Absender daran, dass Tonja bereits seit März vergangenen Jahres zweimal frisch zur Welt gebrachte Babys wieder verloren hat. Als „Stolz Berlins!“ und mit „Ohhh, wie süß!“ wurden sie jeweils in Schlagzeilen gefeiert: Erst Fritz, den Tonja im Dezember 2016 gebar, aber nur rund vier Monate bei sich hatte. Er starb im März 2017 an einer Leberentzündung. Danach folgte am 7. Dezember 2017, als verspätete Nikolausüberraschung, ein Eisbärenmädchen, das nur bis zum 2. Januar 2018 überlebte. Warum? Vermutlich wegen einer Lungenentzündung.

Ganz nah. Die Eisbärin und ihr Winzling.
Ganz nah. Die Eisbärin und ihr Winzling.

© promo

Und nun der dritte Anlauf, wiederum nach einer Paarung mit Vatertier Wolodja, der ebenso wie Tonja vor einigen Jahren aus dem Moskauer Zoo nach Berlin kam und mit ihr bereits Fritz sowie das namenlos verstorbene Bärenmädchen zeugte. „Daumendrücken, bitte ganz fest, ist nun erneut angesagt“, heißt es im Tierpark. Denn erfahrungsgemäß überlebt in Zoos wie in der freien Natur nur etwa jedes zweite Eisbärenbaby.

Die Wurfhöhle wurde technisch perfektioniert

Deshalb hatte das Tierpark-Team bereits nach dem Tod von Fritz die Wurfhöhle, wie man damals betonte, „optimiert“. Eine Klimaanlage wurde eingebaut, verbesserte Überwachungskameras, außerdem setzte man modernste Quarantänetechnik ein, um Infektionen zu vermeiden. Und schließlich wurde die „Hütte“ zwecks Wohlfühlfaktor schön gemütlich ausgestreut, entsprechend perfekt klimatisiert, bei konstanten zwölf Grad Celsius, ist Tonja auch nun wieder in ihrer abgedunkelten Höhle geborgen. Und sie wird, das sei das Allerwichtigste überhaupt, betonen die Experten, streng isoliert, also nicht das kleinste bisschen gestört. Da sind Eisbärenmütter nämlich besonders empfindlich, ja, geradezu hochsensibel.

Sie verlassen ihre Kinderstube in den ersten vier Monaten nach der Geburt kein einziges Mal, es sei denn, sie werden belästigt. Dann lassen sie den Nachwuchs alleine – und kommen nicht wieder. „Absolute Ruhe für Mutter und Nachwuchs ist für den Erfolg unserer Nachzucht entscheidend“, sagt deshalb der Direktor von Zoo und Tierpark, Andreas Knierim.

Kleiner Teddy. Im Dezember 2016 gebar Tonja den Eisbärenjungen Fritz. Er starb nach etwa vier Monaten.
Kleiner Teddy. Im Dezember 2016 gebar Tonja den Eisbärenjungen Fritz. Er starb nach etwa vier Monaten.

© dpa

Also darf sich in den kommenden Monaten erstmal kein Pfleger oder Tierarzt Tonjas Höhle nähern. Dass sie folglich kein Futter bekommt, ist nicht problematisch. „Eisbärinnen hungern in der Wöchnerinnenzeit“, erklärt Kurator Florian Sicks. „Sie fressen sich bis zum Geburtstermin gut 100 Kilogramm Fett an, von dem sie monatelang zehren.“ Irgendwann kriechen sie dann nach dieser regelrechten Schlankheitskur, um einiges leichter, aus ihrem Refugium. Ob Tonjas jüngst geborener, dritter Winzling ein Mädchen oder Junge ist, weiß man folglich erst irgendwann im März nächsten Jahres – falls der Neuankömmling diesmal überlebt.

Es gab in Friedrichsfelde schon etliche erfolgreiche Aufzuchten

Immerhin gab es im Tierpark Berlin schon eine ganze Reihe erfolgreicher Aufzuchten. Der allererste Eisbär kam dort am 7. November 1986 zur Welt, er war eine Punktlandung, denn am selben Tag hatte der damalige und bis heute legendäre Tierparkdirektor Heinrich Dathe Geburtstag. Deshalb wurde der kleine Bär Björn-Heinrich genannt. Er starb 2011 im Zoo der serbischen Stadt Palic. In den folgenden Jahren bis 1994 erblickten dann weitere sieben Jungtiere im Tierpark das Licht der Welt. Sie wurden dort bis auf eine Handaufzucht erfolgreich von ihren Bärenmüttern großgezogen und später zumeist an andere Zoologische Gärten in Europa abgegeben.

Anschließend war längere Zeit Pause in der Eisbärenkinderstube – bis Tonja und Wolodja als neue Hoffnungsträger aus Moskau kamen und sich im März 2016 paarten. Ihr erstes Bärchen war dann Fritz.

Knut war fünf Jahre lang der Star im Zoo

Und Knut, der wohl berühmteste Eisbär der Welt? Den muss man natürlich auch erwähnen. Obwohl er ja nicht im Tierpark, sondern im Zoologischen Garten Berlin fünf Jahre lang als putzmunterer Star lebte – bis er 2011 an einer Gehirnhautentzündung starb.

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