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Politisch. Ostarek kreiert Collagen als Motive für ihre Mode.

© Doris Spiekermann-Klaas TSP

Berliner Designerin Tamika Ostarek: „Meine Mutter hat immer gesagt: Du musst stolz sein“

Vor einem Jahr wurde George Floyd ermordet. Eine Künstlerin erzählt, wie die „Black Lives Matter“-Bewegung sie beeinflusste.

Tamika Ostarek fällt sofort auf. Sie sitzt mit einem doppelten Espresso auf einer Bank in der Sonne vor ihrem Lieblingscafé. Knallrote Sonnenbrille, ein Ring an jedem Finger, die rosa gefärbten Haare zu Braids geflochten. Die schwarze Künstlerin möchte sich nicht verstecken. 

Von Diskriminierungen und Rassismus lässt sich die 33-Jährige schon längst nicht mehr verunsichern. „Meine Mutter hat mir immer gesagt: Du musst stolz sein. Stolz auf deine Hautfarbe, auf deinen Afro, auf deinen Körper“, sagt Ostarek, die sich in ihrer Kunst mit dem Thema Rassismus auseinandersetzt.

Kurz vor dem Tod des Afroamerikaners George Floyd, der sich an diesem Dienstag zum ersten Mal jährt, hatte sie begonnen, eine Kleidungskollektion vorzubereiten. Die bedruckten Pullover, T-Shirts und Taschen gibt es seit diesem April im Netz zu kaufen.

Floyds Tod und die „Black Lives Matter“-Proteste bestärkten sie in dem Projekt, erzählt Ostarek: „Es passte einfach zu dieser Zeit, in der es entstanden ist.“ Um weiterzutragen, was ihr schon ihre Mutter beibrachte – nämlich stolz darauf zu sein, schwarz zu sein, startete sie ihre Kollektion. 

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Die Motive sind von ihr kreierte Collagen aus Fotos „wunderschöner schwarzer Menschen, überwiegend Frauen“, wie sie es formuliert. Häufig zu sehen sind außerdem Martin Luther King oder Malcolm X, zwei der bekanntesten amerikanischen Bürgerrechtler. 

In den 1950er und 1960er Jahren kämpften sie gegen die Unterdrückung von schwarzen Menschen. „Figuren, die sich stark gemacht haben, die Vorbilder sind für die schwarzen Leute“, sagt Ostarek. Sie möchte betonen: „Black is beautiful. Black matters.“

Das Projekt startete im März 2020, etwa zeitgleich mit dem ersten Lockdown. Durch die Pandemie verlor Ostarek, die bevor sie mit 18 nach Berlin kam, in Franken eine Ausbildung zur Hotelfachfrau gemacht hatte, ihren Job als Nachhilfelehrerin; sie holt gerade auf dem zweiten Bildungsweg ihr Abitur nach. 

Kurz darauf wurde George Floyd bei einem brutalen Polizeieinsatz in Minneapolis von einem weißen Polizisten getötet. Ostarek war überfordert, wütend, berührt. Sie beschloss, diese Gefühle in ihre Kunst einfließen zu lassen. 

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„Jeden Tag saugte ich mehr und mehr Informationen auf, las, hörte, sah. Sammelte Bilder, bearbeitete, arrangierte“, schreibt sie in ihrem Blog. Die Kollektion sei letzten Endes das „Ergebnis meiner kreativen Auseinandersetzung mit all dem.“ Die Proteste und der Tod von Floyd steigerten ihre Motivation für das Projekt.

Neu waren diese Themen nicht für sie. Über Polizeigewalt gegen Schwarze in Amerika klärte ihre Mutter, die vor 36 Jahren aus Jamaika nach Deutschland kam, sie bereits früh auf, oft sahen sie zusammen CNN und andere amerikanische Nachrichtensender.

Diskriminierende Erfahrungen gehören auch zu ihrem Leben. Ob es nun der frühere Chef war, der ihr verbieten wollte, bei der Arbeit im Hotel die traditionellen jamaikanischen Dreads zu tragen oder der Neonazi in der Bahn, der sie wegen ihrer Hautfarbe beleidigte und bedrohte.

Tamika Ostarek hat neben der Schule eine eigene Kollektion produziert. 
Tamika Ostarek hat neben der Schule eine eigene Kollektion produziert. 

© Doris Spiekermann-Klaas TSP

Ostarek ist fröhlich und lacht viel. Obwohl sie weiß, wie schlimm Rassismus-Erfahrungen sind, möchte sie sich nicht immer nur auf das Negative konzentrieren. Positiv findet sie, wie viel sich in letzter Zeit verändert hat.

Seit wann genau, ob seit dem Tod Floyds oder schon in dem Jahr davor, kann sie nicht sagen. Heute seien schwarze Menschen viel präsenter: Auf Plakaten, in Werbung und Film. Sie könne endlich Schminke für ihren Hautton in Drogeriemärkten kaufen statt im Afro-Shop. 

Vor allem könne sie seit den „Black Lives Matter“-Protesten viel offener mit anderen schwarzen Menschen über Rassismus sprechen. Vorher sei das fast nie thematisiert worden. Ostarek sagt: „Das tut so gut, weil du merkst: du bist nicht die Einzige mit solchen Erfahrungen.“ 

Ihre positive Einstellung passt auch zum Logo ihrer Kollektion: Eine schwarze Zeichentrickfigur, die die Buchstaben P.L.S. in die Luft hält, die für „Peace, Love and Sunshine“ stehen. „Viel mehr als Frieden, Liebe und Sonnenschein brauchen wir doch eigentlich nicht, um glücklich zu sein“, sagt Ostarek lachend. 

Pia Tietjen

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