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Im Reich der Farben. Designerin Rianna Kounou lässt die Eleganz von alten Tüchern und Kleidern in neuer Form wieder auferstehen.

© Verena Eidel

Berliner Designerin Rianna Kounou: Die Buntmacherin

Rianna Kounou kämpft gegen Eintönigkeit in der Mode und das Grau des Berliner Winters. Aus Tüchern, Saris und Stoffen entwirft sie vielfarbige Röcke und Kimonos.

Dies ist eine Geschichte von Frauen. Und von Stoffen. Die Mutter hatte einen Laden in Athen mit Designer-Vintage-Kleidern. Sie reiste nach Paris, Antwerpen und Brüssel und brachte tütenweise edle Tücher und feinste Kleider mit. Schon bald war der kleine Laden Mittelpunkt der Mode- und Filmszene von Athen. Der Laden hieß "Berlin".

Die Tochter sitzt heute in einem Laden in Berlin. "Eigentlich konnte ich diese alten Sachen nicht ausstehen", Rianna Kounou schüttelt sich: "Dieser muffige Geruch!" Aber dann ist da doch etwas übergesprungen. "Ich musste nach der Schule im Laden helfen, da gab es keine Diskussion", erinnert sie sich. Also kannte sie sich schon bald immer besser aus mit Stoffen und Designern, mit den unterschiedlichen Stilrichtungen, vor allem aber merkte sie: Dieses Gefühl, wenn man eine besonders feine Seide zwischen den Fingern hin und her reibt und ihre ganze Eleganz und Schönheit tief im Innern spürt, "das macht mich glücklich". Als wolle sie das unterstreichen, reibt sie dazu in der Luft beide Daumen gegen die anderen Fingerspitzen. Und dieses Gefühl, das hat Rianna Kounou, obwohl sie eigentlich ganz andere Pläne hatte, nicht mehr losgelassen.

Ihr erstes Seidentuch war ein Geschenk ihrer Mutter. Eine Dame hatte es in Athen auf dem Markt für damals umgerechnet 1 Mark verkauft. Erst vor Kurzem hat sie in Paris herausgefunden, dass es dieses erste Tuch nur zehn Mal gibt, es ist beinahe unbezahlbar. "Diese Tücher", ruft die 48-Jährige und hebt die Arme in die Luft, "sie sind die reinste Verschwendung." Sie werden um den Hals gewickelt – und was sieht man? Zwei Zipfel, weiter nichts! Dabei, sagt sie, erzählten sie Geschichten, mal ein Mosaik mit antiken Götterstatuen, mal Pferde und Reiter, mal welke Blätter, mal Fahrräder ... Es gibt keine Grenzen für Farben und Muster für Motive und Emotionen.

Und so entstand dann auch ihre Idee, sie reifte, wenn Rianna Kounou ihre Tücher betrachtete, sie wurde greifbarer, wenn sie eins nach dem anderen aus der Schublade holte und ausbreitete, und irgendwann wusste sie: Ich will die Geschichten der Tücher zeigen. So nahm sie diese feinen Stoffe und erfand neue Formen für sie. Heute hängen die Ergebnisse in ihrem Laden, Einzelstücke, so voller Geschichte und farbenfroher Geschichten. Es reicht eigentlich schon, sie genau zu betrachten, und man gerät ins Schwärmen: Hauchzarte Blumen in Pink und Gold, dazu die schweren Bordüren, dazwischen das kräftige Grün mit Rot und darüber der Leopard auf der Säule ... "Und zusammen ergibt es dann diesen Rausch."

Als Rianna Kounou nach Berlin kam, dachte sie, Berlin sei wie Paris, nur eben noch nicht so übersättigt. "Doch das war nicht so." In einer Stadt, in der eher Nichtfarben wie Schwarz und Weiß regierten, sei es nicht einfach gewesen, Farbe unters Volk zu mischen. Aber Rianna Kounou ist keine, die so schnell aufgibt. "Das kann nicht wahr sein", sagte sie sich, "dass in dieser riesig großen Stadt niemand die Leidenschaft für Farbiges mit mir teilt." Und langsam sprachen sich nicht nur ihre selbst entworfenen Kleider herum, auch die Kissen, die gar nicht muffigen Vintage-Kleider, überhaupt: ihr Laden. Denn auch dieser Ort ist ein richtiges Kunstwerk: voller Farben, Schmuck, Bilder – und natürlich: mit ihr selbst.

Kounous bunte Kleidung sorgt für gute Laune

Eine gute Verkäuferin war Rianna Kounou schon immer. Wenn zum Beispiel ein Designer-Mantel einer Kundin gefällt und passt, dann ist das eine Chance, dann muss man zuschlagen. Es sei schließlich für die meisten Menschen auf der Welt eine seltene Gelegenheit, solch ein Stück bezahlen zu können, sagt sie, und tausendmal besser als jede Saison einen neuen günstigen Mantel zu kaufen, der dann nur zwei Jahre hält.

Den Laden gibt es inzwischen schon seit acht Jahren, und vor drei Jahren gründete Rianna Kounou mit Nina Kuhn das gemeinsame Label "Rianna und Nina", das all die Liebe zu Farben und edlen Stoffen vereint. Jedes Stück wird in Berlin und Griechenland von Hand gefertigt.

Wenn sie an einem grauen Februartag wie diesem in ihrem fröhlichen Outfit, einem pinken Kleid, vielen Ketten und einer bunten Jacke vor den Laden tritt, scheint das etwas mit den Menschen, die vorbeigehen, zu machen. Vielen entlockt es ein schüchternes Lächeln, als ermunterten die Farben sie zu einer freundlichen Geste. Rianna Kounou kennt das schon. "Es ist so einfach", sagt sie. "Ihr müsst euch nur mal trauen! Die Natur ist ja auch nicht grau – außer vielleicht der Winterhimmel in dieser Stadt." Aber – und schon gerät sie wieder ins Schwärmen – zu Grau passt ja besonders gut Pink. Vielleicht zusammen mit einem sehr kräftigen Grün. Und dazu Gelb ...

"Rianna und Nina", Große Hamburger Str. 25 und Torstr. 62, beide Adressen in Mitte

Von den Autorinnen erschien bereits: „111 Berliner, die man kennenlernen sollte“ (Emons Verlag, 230 Seiten, 16,95 Euro). Nun begeben sich Lucia Jay von Seldeneck und Verena Eidel für uns auf die Suche nach noch mehr Berlinern. Bisher unter anderem erschienen: Lizzy Scharnofske, das lebende Schlagzeug - Andreas Zadonai, ein Bäcker der alten Schule - Sinan Simsek, der Buchhändler vom Kotti.

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