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Kontaktnachverfolgung per Luca-App: Ein Mann scannt den QR-Code eines Geschäfts in Schwerin mit seinem Handy.

© Bernd Wüstneck/dpa

Berliner Datenschützer am Limit: Corona sorgt für Rekordzahl von Beschwerden

Vor allem das Impfmanagement und Test-Zentren sorgten für Verstöße und Ärger. Im Fokus stehen aber auch Beamte der Berliner Polizei.

43 Jahre nach ihrer Gründung vermeldete die Berliner Datenschutzbehörde am Dienstag einen Rekord, auf den ihr kommissarischer Leiter Volker Brozio wohl am liebsten verzichtet hätte. 5671 Eingaben von Betroffenen erreichten ihn und seine Mitarbeiter allein im Jahr 2021.

Ein historischer Höchstwert und im Vergleich zu 2020 eine Steigerung um rund 800 Fälle. Hinzu kamen 1163 Datenpannen, die Unternehmen und Behörden den Datenschützern meldeten. Diese verhängten 61 Bußgelder in Höhe von rund 133.000 Euro.

Verantwortlich dafür, dass die seit dem Abgang von Maja Smoltczyk kommissarisch durch Brozio geleitete Behörde so viele Fälle bearbeiten musste wie nie zuvor, war Corona. Auf der einen Seite erschwerte die Pandemie die eigentliche Tätigkeit der Behörde, die Beratung von Unternehmen und Behörden, massiv. Auf der anderen lieferte sie immer neuen Anlass für Beschwerden.

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Die meisten davon bezogen sich auf das Impfmanagement des Landes sowie auf die zwischenzeitlich zur Kontaktnachverfolgung eingesetzte Luca-App. Die Firma „DoctoLib“, vom Senat mit der Buchung und Organisation der Impftermine beauftragt, stand dabei besonders im Fokus.

Zwar gab es für Impfwillige bei der Terminbuchung keine Alternative zum Vertragsabschluss mit DoctoLib. Die Hinweise der Datenschutzbeauftragten zur datenschutzkonformen Einbindung des Unternehmens wurden von der Gesundheitsverwaltung jedoch „ignoriert“, wie Brozio dem Tagesspiegel versicherte.

Volker Brozio leitet die Berliner Datenschutzbehörde seit November 2021 kommissarisch. Eine Nachfolge ist bislang nicht in Sicht.
Volker Brozio leitet die Berliner Datenschutzbehörde seit November 2021 kommissarisch. Eine Nachfolge ist bislang nicht in Sicht.

© Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit

„Die Gesundheitsverwaltung hätte dem Dienstleister klare Vorgaben machen müssen, zu welchem Zweck die Daten erhoben werden dürfen und wann diese gelöscht werden müssen. Wir sind da weiter beharrlich und die Senatsverwaltung ist gefragt, sich dazu zu verhalten“, erklärte Brozio.

Hinzu kamen Beschwerden gegen die Datenverarbeitung durch Corona-Teststellen sowie gegen die Anwesenheitsdokumentation unter anderem in Restaurants, die zu Datenmissbrauch führte. Auch die Luca-App, für 1,2 Millionen Euro eingekauft und schnellstmöglich wieder abgestoßen, sorgte für massiven Ärger bei und mit den Datenschützern.

Polizisten fragen "regelmäßig" unerlaubt Daten ab

Ein weiteres Problem aus Sicht der Behörde: Rechtswidrige Datenübermittlungen durch die Berliner Polizei. In einem auf fünf Seiten des Berichts behandelten Fall hatte die Polizei Akten ungeschwärzt an ein Gericht übersandt, wodurch ein Anwalt im Rahmen einer Akteneinsicht Einblick in Daten der Anmelder:innen von Gegendemonstrationen erhielt.

„Regelmäßig“ ereigneten sich Fälle, in denen Polizist:innen ihren Zugriff auf Polizeidatenbanken missbrauchten, um unbefugt Daten abzufragen. Allein 2021 wurden fünfzehn Verfahren eingeleitet und elf Bußgelder erlassen, die Problematik ist seit Jahren bekannt und dennoch ungelöst. Angesichts des „extremen“ Anstiegs der Zahlen forderte Brozio: „Es braucht dort ein verbessertes Protokollierungsverfahren.“

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