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Drei der Jonnys: Jakob Turtur, Lorenz Bethmann und Johannes Heereman (v.r.n.l.)

© Doris Spiekermann-Klaas

Berliner Clubsterben: Noch einer: Jonny Knüppel muss schließen

Die Kreuzberger Kulturstätte Jonny Knüppel sammelte fast 70.000 Euro bei einer Crowdfunding-Kampagne, um Auflagen umsetzen zu können. Jetzt müssen sie doch schließen.

Es sollte ein Refugium sein, ein Ort für die, die keine Lust auf Berlins Gentrifizierung haben, auf Clubs, die nur Mainstream sind. Die Rede ist von Jonny Knüppel, diesem Hybridort aus Club, Kino, Kultur und Kunst, der seinen Platz auf der Lohmühleninsel in Kreuzberg gefunden hat. Eine Insel, wortwörtlich, die jetzt schließt. Nicht freiwillig, wie fast immer. Und eigentlich kann das Klagelied der Verdrängung niemand mehr hören.

Am Montagabend meldeten sich die Jonnys, wie sie sich selber nennen, auf Facebook zu Wort: Der Mietvertrag, der von Beginn auf Zwischennutzung ausgelegt war, wird nicht verlängert. „Die genauen Gründe, warum der Mietvertrag letztendlich doch nicht verlängert wurde, sind nicht ganz klar. Fest steht: Jonny Knüppel, und damit Kunst- und Kultur, sind hier persona non grata“, schreiben sie in einer Mitteilung. Sie sollen das Gelände binnen zwei Wochen, bis zum 1. Mai, besenrein übergeben. „Die Nachricht hat uns den Boden unter den Füßen weggerissen“, sagt Jakob Turtur, einer der Gründer, „Wir haben keine Ahnung, wie wir das Gelände in zwei Wochen räumen sollen.“

Ohne Plan, aber mit Träumen

Die Jonnys haben es nicht leicht, wirklich mühelos lief es mit der Utopie nie. 2015 hatten sie das Gelände aufgetan, eine alte Autowerkstatt, ungenutzt, ein Juwel am Kanal, einen Katzensprung entfernt vom Club der Visionäre und dem Chalet. Und dann haben sie einfach mal angefangen, ohne wirklichen Plan. Ein Club sollte es nicht werden, weil sowas „nur eine Einnahmequelle ist“, hier wolle man nicht reich werden, sondern einen Ort zum Zusammenkommen und Mitgestalten schaffen.

Das lief zunächst gut: aus Containern, Wellblech und viel Schrott entstand etwas, was man gar nicht so genau benennen kann, aber es gefiel den Berlinern. Bis im Sommer letzten Jahres ein Kabel durchbrannte, Polizei und Feuerwehr kamen und sahen, dass hier deutsche Behördenauflagen nicht erfüllt werden. Brandschutz, Lärmschutz, das, woran schon viele Clubs gescheitert sind.

Aber die Jonnys gaben nicht auf und starteten eine Crowdfunding-Kampagne, sammelten bis Ende Februar 69.861 Euro ein. Ziemlich viel Geld für eine kleine Kulturstätte im großen Berlin. Jonny Knüppel schien gerettet, die Auflagen sollten bald umgesetzt werden. Zusätzlich wurde ein Lärmschutzfonds mit Mitteln aus dem Berliner Haushalt eingerichtet, der Clubs bei der Umsetzung des Lärmschutzes helfen soll.

Das Bauernopfer der Clubs

„Der Knüppel war dafür ein ganz heißer Kandidat“, sagt Georg Kössler von den Grünen, „Es ist wirklich schade, dass ausgerechnet diese alternative Nische jetzt schließen muss.“ Das Kollektiv hat als letztes seinen Platz auf der Insel gefunden und „den Letzten beißen die Hunde“, so Kössler, „Der Knüppel wird hier zum Bauernopfer im Kampf mit einem profit-orientierten Investor.“ Der Investor war bisher für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Die Gruppe selbst sagt zum vorläufigen Ende ihres Zusammenkunftsplaneten: „Wir räumen das Feld, wir machen Platz. Platz für das nächste renditeträchtige Betongrab, in dem der Berliner Charakter endlich seine letzte Ruhe findet.“ Sie suchen jetzt nach einem anderen Ort für ihre Utopie, nach einem Ort, an dem sie bleiben dürfen.

Julia Kopatzki

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