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Abschied von der Boxlegende.

© Andreas Conrad

Update

Berliner Box-Legende: Letzter Beifall für "Rocky" Rocchigiani

Auf dem Alten St.-Matthäus-Kirchhof wurde der Ex-Boxer zu Grabe getragen. Hunderte Trauergäste kamen, darunter Weggefährten wie Henry Maske.

Gegen zwölf Uhr zeigt ein kurzes Glockengeläut an, dass die Trauerfeier in der Kapelle begonnen hat. Etwa 200 Menschen haben in dem Kuppelbau kurz hinter dem Eingang zum Alten St.-Matthäus-Kirchhof in Schöneberg Platz, das reicht an diesem spätsommerlichen Sonnabend bei weitem nicht aus. Mehrere 100 Menschen, die dem ehemaligen Boxer Graciano „Rocky“ Rocchigiani ebenfalls die letzte Ehre erweisen wollen, warten auf dem Vorplatz, betrachten die Kränze vor der kleinen Treppe zum Eingang, für die drinnen auch kein Raum mehr geblieben ist, begrüßen alte Kumpel, ohne schulterklopfende Umarmung geht das selten ab.

In der Kapelle auf dem St. Matthäus-Kirchhof fand die Beerdigungsfeier statt.
In der Kapelle auf dem St. Matthäus-Kirchhof fand die Beerdigungsfeier statt.

© Andreas Conrad

Sehr unterschiedliche Trauergäste haben sich eingefunden, wobei die Männer eindeutig überwiegen. Oft sind sie von muskelbetonter Statur, kompakt und durchtrainiert, und wenngleich jetzt mancher eine weiße Rose oder gar ein Trauergebinde in Händen hält – man spürt doch, dass man ihnen besser nicht widersprechen sollte, es sei denn, man sei so einer, wie Rocky es gewesen war. Männer aus der Boxerszene sind es, so ist zu vermuten, oder doch solche, die ein Faible für den Faustkampf haben. Zum Beispiel die Delegation der „Rolling Wheels Berlin MC“ – so steht es hinten auf ihren Westen, garniert mit einem dicken Emblem, das an das Eiserne Kreuz erinnert. Auch trägt man in der Szene offenbar gerne Glatze mit Kinnbart, der in einem kleinen Zopf ausläuft.

Mehrere hundert Gäste sind zu Rocky Beisetzung gekommen.
Mehrere hundert Gäste sind zu Rocky Beisetzung gekommen.

© Andreas Conrad

Ob sie eine besondere Beziehung zu dem Toten hatten oder nur aus Respekt gekommen seien? Und haben sie ihn auch mal kämpfen gesehen? Die Männer grinsen. Einmal? Mann, sie haben den Rocky ziemlich oft gesehen, sind sogar hoch nach Hamburg, damals bei dem Kampf mit „dem Polen“ etwa, bei dem Rocky beschissen worden sei und die Gläser flogen. Und klar, sie haben ihn auch persönlich gekannt, nicht gut, aber immerhin. „Der Pole“, damit muss Dariusz Michalczewski gemeint sein, 1996, der Kampf am Millerntor. Der sitzt jetzt drinnen in der Kapelle, zur Beerdigung des früheren Gegners gekommen wie die ehemaligen Kollegen Henry Maske, Sven Ottke, Arthur Abraham, Marco Huck und Box-Promoter Wilfried Sauerland.

Ein Bild und Boxhandschuhe in Gedenken an Rocky.
Ein Bild und Boxhandschuhe in Gedenken an Rocky.

© Andreas Conrad

Und sogar Juppy von der Ufa-Fabrik ist unter den Gästen, unverkennbar mit der seiner sehr grauen Mähne und dem drolligen Hut, man kennt ihn nicht anders. Auch er muss draußen warten, erzählt aber gerne, dass er Rocky persönlich kannte, der habe früher im Café der Ufa-Fabrik oft gefrühstückt. Auch einen Kampf gesehen? Einige, leider nur im Fernsehen. Das sei noch richtiges Boxen gewesen.

Drinnen neigt sich der Trauergottesdienst langsam dem Ende zu, eine halbe Stunde ist eingeplant. Nach der Trauerrede des katholischen Geistlichen wollte auch Walter Straten von „Bild“ ein paar Sätze sprechen, Erinnerungen an den Toten, den er 30 Jahre lang begleitet habe – so hatte es der Journalist vor der Trauerfeier angekündigt.

Trauerkränze für Rocky.
Trauerkränze für Rocky.

© Andreas Conrad

Und wieder Glockengeläut, die Türen öffnen sich, der Sarg wird ins Freie getragen, hellbraunes Holz, geschmückt mit roten Rosen. Wie auf Kommando schießen Smartphones in die Höhe, um den letzten Weg des Boxers Graciano „Rocky“ Rocchigiani fürs private Archiv zu dokumentieren. Im Weihrauchnebel setzt sich der Zug langsam in Bewegung, da ein vereinzeltes Klatschen, das rasch anschwillt, nicht lange, schließlich ist das eine Beerdigung, aber irgendwie passt es, ein anrührendes Zeichen des Respekts vor einem Kämpfer – letzter Beifall für Rocky.

Ein Stück geht es nun den Hügel hinauf, dann liegt die Grabstätte zur Linken. Letzte Worte des Geistlichen, letzte Tropfen Weihwasser, ein letztes Mal wird das Weihrauchfässchen geschwungen, dann senkt sich der Sarg ins Grab. Viele berühmte Namen findet man auf dem Kirchhof, die Brüder Grimm, Werner von Siemens, Rudolf Virchow, Carl Bolle und nun eben auch Rocky, rechts neben dem Grab eines Mannes, der kein Boxer war, aber den eines anderen Weltmeisters trägt: Schmeling.

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