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So soll die neue Brauerei am S-Bahn-Ring zwischen Neukölln und Treptow aussehen.

© Simulation: promo

"Berliner Berg" will Unabhängigkeit von Konzernen bewahren: Neuköllner Brauerei baut Produktion aus

Die Brauerei Berliner Berg baut eine neue Brauhalle. Mit einer originellen Strategie setzt sich das kleine Unternehmen auf dem Biermarkt durch.

Ein „rauschendes Fest“ wird es nicht, wenn an der Ringbahn, wo Neukölln an Treptow grenzt, heute der erste Spatenstich für die neue Halle der jungen Brauerei Berliner Berg ansteht. Das Ganze passiert im kleinen Kreis. Coronabedingt, erklärt Michéle Hengst, die gemeinsam mit zwei Kollegen die Geschäfte führt. Immerhin wird Neuköllns Bürgermeister Martin Hikel (SPD) erwartet und das neue Pilsner probieren können, das ab Mitte Juli auf den Markt kommen soll.

Die neue Halle mit 600 Quadratmetern Fläche soll binnen weniger Wochen stehen, die Fertigbauweise macht es möglich. Danach wird die Brauanlage installiert. Im Herbst soll die Produktion anlaufen, sofern das Coronavirus nicht dazwischenfunkt.

Michèle Hengst, Geschäftsführerin von Berliner Berg.
Michèle Hengst, Geschäftsführerin von Berliner Berg.

© Promo

Erst im April hatte das Unternehmen aufgrund der Krise seine Spezialitätenbrauerei in einem Neuköllner Hinterhof schließen müssen. „Aber wir haben noch genügend Berliner Weiße vorrätig, um über den Sommer zu kommen“, versichert Hengst.

Als die Brauerei 2015 gegründet wurde, habe sie noch „von der Bar aus“ die ersten Schritte begleitet. Ein Jahr später gab sie ihren damaligen Job bei einer veganen Supermarktkette auf und wechselte zur Brauerei.

Eine Spezialität des Hauses ist die Berliner Weiße. Die wird allerdings ohne Sirup-Schuss angeboten, sondern mit saisonalen Früchten oder Kräutern. Das ist trendig, knüpft aber auch an die alte Berliner Weißbiertradition an. Um 1800, als die Pilsner Brauart hier noch unbekannt war, gab es in Berlin rund 700 Weißbierlokale.

Großkonzerne dominieren den Biermarkt

Heute bietet Deutschlands Biermarkt eine kaum überschaubare Auswahl an Marken. Der größte Teil davon wird allerdings von global agierenden Brauereigruppen produziert. Deren Absatzzahlen sind seit Jahren rückläufig.

Neben den großen Herstellern konnten sich regionale Biermarken und kleine Craft-Beer-Brauereien etablieren. In der Branche gebe es viele „Platzhirsche“, bestätigt Brauereichefin Hengst. „Da kommt man als junges, dynamisches Unternehmen schnell an seine Grenzen.“

Die Brauerei Berliner Berg will unabhängig bleiben von den Konzernen. Andererseits möchte Hengst aber auch nicht nur extravagante Spezialitäten für einen kleinen Kundenkreis von „Bier-Nerds“ brauen, wie sie sagt.

Eine spezielle Strategie

Ein gutes Bier müsse „ausgewogen“ schmecken, dann könne es breite Käuferschichten ansprechen. Deshalb verfolgt das Team aus nur 13 Mitarbeitern eine spezielle Strategie:

Anstatt viel Budget dafür zu verwenden, die Marke beim Endkunden bekannt zu machen, setzt Michéle Hengst auf die enge Zusammenarbeit mit Gastronomen und Spätverkäufen in Neukölln, Kreuzberg, Friedrichshain, Mitte und Prenzlauer Berg. Die Idee dahinter: Wenn die Unternehmer hinter dem Produkt stehen, werden sie es auch ihren Kunden empfehlen und damit für die Vermarktung sorgen.

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Dieser Ansatz hat offenbar auch Investoren überzeugt. Im vergangenen Jahr sind der Jägermeister-Hauptgesellschafter Florian Rehm und Mirco Wolf Wiegert, der Gründer der Getränkemarke Fritz, mit Minderheitenbeteiligungen eingestiegen. Der Rest der Finanzierung für die neuen Anlagen sei über Bankkredite und die Investitionsbank Berlin (IBB) zustande gekommen.

Sobald die neue Halle steht, soll der große Pilsner-Markt angegriffen werden. Moderne Sorten wie Pale Ale oder IPA sowie die traditionelle Berliner Weiße blieben aber weiterhin Teil des „runden Portfolios“, versichert die Geschäftsführerin.

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