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Rund um den Bahnhof sind einzelne Gruppen von 10 bis 20 Ständern verstreut. Teilweise können Autofahrer näher am Eingang parken als Radler.

© Jörn Hasselmann

Berliner Bahnhöfe: Fehlende Stellplätze für Fahrräder

Am Hauptbahnhof gibt es wenige Fahrradstellplätze, am Bahnhof Zoo gar keine. Dabei geht es auch anders. Vor allem Basel hat ein beeindruckendes Konzept – das teilweise nun auch in Potsdam eingeführt wird.

Einen Hauptbahnhof haben sowohl Basel als auch Berlin. Obwohl Berlin aber ziemlich genau 20 Mal so viele Einwohner hat, kann die Stadt beim Thema Bike & Ride längst nicht mithalten. Genau 104 Fahrradbügel gibt es auf beiden Seiten des 2006 eröffneten Bahnhofs, die sich auch noch alle ungeschützt im Freien befinden. Wegen dieser Not sind unzählige Räder an jeden erreichbaren Zaun und jedes Schild gekettet, darunter sind geschätzt 200 sogenannte Fahrradleichen.

Das ist doch kein Vergleich zu Basel!

Und Basel? Basel hat unter dem Hauptbahnhof zwei „Ride & Bike“-Parkhäuser – die 1620 Rädern sicheren Platz bieten. Wer einen bewachten Platz will, muss einen Franken (80 Cent) pro Tag zahlen und eine elektronische Schranke passieren. Das Monatsticket kostet zehn Franken, umgerechnet also rund acht Euro. Für besonders wertvolle Räder gibt es 25 abschließbare Boxen und für Helme und Kleidung 250 Schließfächer. Wer gratis parken will, darf auch das. Auf breiten Rampen kann man direkt in das helle und videoüberwachte Untergeschoss strampeln, das direkt unter der Haupthalle der Station liegt. In Minuten sind Radfahrer runter vom Rad und drin im Zug. Auf Wunsch werden Räder während der Abstellzeit repariert, Schläuche und Ersatzteile sind in einem Automaten zu kaufen. Das Fahrradparkhaus hat sogar eine eigene Internetseite: www.veloparking.ch.

An vielen Bahnhöfen herrscht Chaos in Berlin

Von alldem können Berliner Radfahrer nur träumen. An vielen Stationen ist die Situation chaotisch, am Zoo gibt es gar keine offiziellen Fahrradstellplätze. Unzumutbar ist die Lage auch auf der Nordseite des Hauptbahnhofs. Die Ständer sind überbelegt; teilweise sind bis zu sechs Räder an jeden Bügel gekettet. Die Hälfte davon ist nur noch angeketteter Schrott – denn weder Bezirk noch Bahn kümmern sich um diese Räder. Auch unter der Betontrasse Richtung Westen hat die Bahn vor drei Jahren einige weitere Ständer aufgestellt, nachdem erkannt worden war, dass die vorhandenen 104 überbelegt sind. Da diese aber niemand kennt, sie weitab von den Eingängen stehen und es kein einziges Hinweisschild gibt, sind sie weitgehend ungenutzt.

In Südkreuz, auch eine erst vor wenigen Jahren eröffnete Station, sieht es ähnlich aus. Teilweise können Autofahrer näher am Eingang parken als Radler. Statt einer Ausschilderung gibt es nur Verbotsschilder für Fahrräder entlang einer Mauer und die Drohung: „Bei Missachtung erfolgt eine kostenpflichtige Entfernung.“ Eine Grund wird nicht genannt. Und obwohl an Werktagen das Baseler Fahrradparkhaus komplett voll ist, eigne sich die Schweiz nicht als Vorbild für Berlin, sagt Staatssekretär Christian Gaebler von der Verkehrsverwaltung. Kleinere Städte hätten ein Zentrum, Berlin dagegen viele.

Gaebler nennt das Ostkreuz als geeignetsten Standort; Ideen gebe es auch für die Warschauer Straße. Konkret seien die Pläne jedoch nicht. Wenn überhaupt, entstehe eher ein „überdachter Abstellplatz“. Am Ostkreuz gebe es ein Grundstück, dort mauere aber der Bezirk, heißt es. An der Warschauer Straße wünscht sich der Bezirk eine Abstellfläche auf dem Dach des geplanten Bahnhofs, dies wolle aber die Bahn nicht. Potsdam ist einen Schritt weiter.

Versuch in Bernau

Parkhaus für Fahrräder

Die Stadt sucht gerade per Ausschreibung einen Betreiber für eine „Fahrradstation“ im dortigen Hauptbahnhof. Auf 1100 Quadratmetern sollen Räder bewacht abgestellt werden, zudem soll der Pächter einen Reparatur- und Reinigungsservice anbieten – also das, was in der Schweiz Standard ist. Start soll am 1. Mai sein. Bernau verzichtet auf einen Pächter und damit auf eine Bewachung. Möglicherweise ist das ein Grund dafür, dass das kürzlich eröffnete Parkhaus teilweise leer steht. Eine Videoüberwachung fehlt, hier bremst der Datenschutz. 566 Plätze gibt es in der dreistöckigen Stahlkonstruktion. Kosten: 1,65 Millionen Euro.

Abgestellt werden die Räder in neuartigen Doppelstockständern. 508 Plätze sind gratis. Nur die 58 abschließbaren Boxen kosten pro Monat 10 Euro, eine Jahreskarte 95 Euro. Ein Schließfach kostet 20 Cent am Tag. Finanziert wurde das Parkhaus vom Land und der Stadt, die Bahn gab nicht einen Cent dazu. Sieben Jahre musste Bernau mit der Bahn über den Kauf eines Grundstückes feilschen, erst 2012 war der Vertrag perfekt. Ein Senatsplaner äußerte kürzlich in einer Fahrradfachzeitschrift scharfe Kritik: Die Bahn nehme das Fahrrad als Ergänzung oder als kooperierendes Verkehrsmittel nicht ausreichend ernst. Die S-Bahn kontert und spricht von einer „völlig autofixierten“ Verkehrsverwaltung.

Berlin fehlt das Geld

Eine Bewirtschaftung ist für Staatssekretär Gaebler unabdingbar für den Erfolg eines Parkhauses: „Sonst verwahrlost das.“ In der Schweiz werden Räder auf Gratisplätzen nach sieben Tagen der Polizei übergeben – rigoros. Freie Plätze sind dennoch rar. Berliner Radfahrer können vermutlich noch sehr lange auf ein Parkhaus warten. Denn ein Pächter verdiene mit einem Parkhaus kein Geld, sagt der SPD-Staatssekretär, also müsste Berlin Geld zugeben. Geld, das die Stadt nicht hat. Fazit des zuständigen Politikers: „Es klemmt sich keiner dahinter in Berlin, daran scheitert das.“

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