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Und sie dreht sich doch. Am 30. September 1969 wurde die von Erich John entworfene Weltzeituhr auf dem Alexanderplatz der staunenden Öffentlichkeit übergeben.

© imago/Joko

Berliner Andenken: Die Weltzeituhr wird vermarktet

Bislang war die Weltzeituhr am Alexanderplatz nur ein beliebter Treffpunkt. Nun gibt es sie auch als Souvenir in verschiedenen Variationen.

Dem Durchschnittstouristen wird es nicht leicht gemacht, ein originelles Souvenir aus Berlin mitzubringen. Nicht dass es an raumgreifenden Angeboten mangelte, man muss nur vom Brandenburger Tor aus den Boulevard Unter den Linden oder auch den Kurfürstendamm entlang bummeln, da gibt es die entsprechenden Angebote im Übermaß. Vorneweg das Brandenburger Tor in allen möglichen und unmöglichen Variationen, Siegessäule, Reichstag, vielleicht noch ein Doppeldecker und schließlich Trabis, Trabis, Trabis, einfach so oder mit echt originalem Mauerstück. Nicht zu vergessen Fernseh- und, schon seltener, Funkturm.

Wirklich kuriose Ausnahmen sind selten, und noch seltener ist es, dass ein Detail aus der Stadtlandschaft, das weltberühmt ist und daher nach einer für Touristengeschmäcker bekömmlichen Vermarktung geradezu schreit, für die bunte Welt der Souvenirindustrie entdeckt und seiner Bestimmung zugeführt wird.

Beispielsweise die Weltzeituhr auf dem Alexanderplatz. Seit fast 50 Jahren ist sie ein beliebter Treffpunkt für die Berliner wie ihre Gäste, entworfen von Designer Erich John, etwas verfrüht am 30. September 1969 anlässlich des 20. Jahrestages der DDR der Öffentlichkeit übergeben, Teil des damals neugestalteten Alex-Ensembles mit dem Fernsehturm als alles überragendes Schaustück. Die Uhr steht seit drei Jahren unter Denkmalschutz, zeitlos schön und zugleich Ausdruck ihrer Zeit, wurde doch den DDR-Bürger eine Weltläufigkeit ihres Staates vorgegaukelt, der ihnen selbst, sogar mit Waffengewalt, verwehrt war.

Billigsouvenirs - nein danke

Die Besitzrechte an der Uhr sind klar, das runde Ding gehört dem Land. Die Vermarktungsrechte allerdings lagen bislang brach, oder genauer: Sie lagen bei Designer Erich John, der sie aber nicht nutzte. Damit ist jetzt Schluss: An diesem Mittwoch wird auf einer Pressekonferenz das Berliner Start-up „Weltzeituhr“ vorgestellt, dem John die exklusiven Vermarktungsrechte übertragen hat. Geschäftsführer des Jung-Unternehmens ist Carsten Kollmeier, der 2009 das privatwirtschaftliche Dalí-Museum am Leipziger Platz ins Leben rief, dem er als Direktor noch immer vorsteht. Auch beim benachbarten, 2015 eröffneten Spionagemuseum war er federführend bei Design, Konzeption, Umsetzung und Marketing.

Für die Weltzeituhr hat Kollmeier sich vorgenommen, „eine hochwertige, nachhaltig produzierte Produktkollektion“ auf den Markt zu bringen. Man werde dafür Sorge tragen, „dass diese legendäre Design-Ikone vor jeglichem Missbrauch geschützt wird“. Billig-Souvenirs werde es nicht geben.

Von der Tasse bis zur Tasche

Bislang besteht die Kollektion aus rund 30 Artikeln, in Berlin und weiteren Bundesländern meist handgefertigt.So gibt es Modelle in verschiedenen Größen, Materialien und Preisen, darunter als Schlüsselanhänger, Tischaufsteller und „Handschmeichler“ aus Bronze und Zinn. Als Edel-Variante wird ein drehbares Modell aus Edelstahl angeboten, erhältlich auch kombiniert mit einem Edelstahl-Modell des Fernsehturms. Taschen, Tasse, Hoodie, T-Shirts sind ebenfalls zu haben. Erhältlich sind diese Andenken online unter www.weltzeituhr-berlin.de oder bei ausgewählten Partnern, etwa dem nahen Galeria Kaufhof und dem Hotel Park Inn. Mit dem Kauf dieser Dinge macht sich der Tourist sogar um Berlin verdient: Zehn Prozent der Erlöse sollen in die Erhaltung des Denkmals mit seinem endlos rotierenden Stundenring fließen.

Sollte die Idee Erfolg haben, stellt sich natürlich die Frage nach weiteren, von der Souvenirindustrie bislang unentdeckten Preziosen der Stadtlandschaft. Viel ist bereits über die weißen Teufelsbergkuppeln nachgedacht und geschrieben worden. Doch als Bausatz und somit plastisches Souvenir ist die Abhörstation nicht zu haben. Auch der Flughafen Tempelhof dürfte, in Papier oder Plastik, die Bastelszene reizen. Und erst der BER. Mancher Modellbauer dürfte allen Ehrgeiz daran setzen, eher fertig zu werden als die realen Bauleute. Allzu schwer wäre das nicht.

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