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Kein Billigflieger. Der BER verschlingt Unsummen an Steuergeldern, ein Ende ist nicht in Sicht.

© Soeren Stache/dpa

Exklusiv

Berliner Airport in der Coronakrise: BER braucht Mega-Finanzhilfe im Wert eines neuen Flughafens

Die Flughafengesellschaft erwartet rote Zahlen bis 2034 - und bittet die Eigner Berlin, Brandenburg und den Bund um 3,5 Milliarden Euro.

Der neue Berliner BER-Hauptstadtflughafen braucht in den nächsten Jahren so viel Geld von der öffentlichen Hand, dass man davon einen neuen Airport bauen könnte. Nach Tagesspiegel-Informationen benötigt die Flughafengesellschaft Berlins, Brandenburgs und des Bundes (FBB), die wegen des Corona-Einbruchs im Luftverkehr kaum Einnahmen hat, direkte Kapitalspritzen von bis zu 1,8 Milliarden Euro und den Erlass eines 1,1-Milliarden-Kredites der Gesellschafter.

In einer aktuellen Unterlage für die jüngste Sitzung des Aufsichtsrates, die dem Tagesspiegel vorliegt, wird das Defizit so beziffert: „Bei Fortsetzung des Status quo müssen 3,575m Euro (durch Bürgschaften und EK-Zuführungen) bereitgestellt werden.“ Das wären also 3,5 Milliarden Euro. Nun wird „ein Konzerngewinn ab 2034“ angepeilt, fast ein Jahrzehnt später als noch 2020. 

Coronabedingt, so beschreibt die Firma die eigene Lage, sei „zur Zukunftssicherung eine finanzielle Sanierung der FBB angezeigt“. Und das ist noch nicht das Ende. Dem Vernehmen nach soll die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young aktuell auf eine harte uneingeschränkte Patronatserklärung der staatlichen Eigentümer Wert legen, um einen Weiterbetrieb des Unternehmens zu garantieren.

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Eine solche Erklärung wäre wohl Voraussetzung, damit Ernst & Young erneut eine „Fortsetzungsprognose“ bescheinigen kann – eine Voraussetzung für den Konzernabschluss 2020. Der ist für März angekündigt. Ernst & Young, als Wirtschaftsprüfer im Wirecard-Skandal unter Druck geraten, kann keine weiteren Schlagzeilen riskieren. 

Bereits vor Corona wurden Hilfen in Höhe von einer Milliarde Euro kalkuliert

Bereits 2020 hatte ein Expertengutachten vorgerechnet, dass die Finanzlage der FBB dramatischer ist, als damals bekannt, und die Firma bis 2024 rund 1,8 Milliarden Euro benötigen wird. Damals wiesen Verantwortliche das noch zurück. Lütke Daldrup hatte auf den uneingeschränkten Bestätigungsvermerk der Wirtschaftsprüfer in der Bilanz für 2019 verwiesen. Intern hatte die FBB, wegen des BER hochverschuldet und kaum noch kreditfähig, bereits vor der Coronakrise nötige Finanzpritzen bis 2024 von rund einer Milliarde Euro kalkuliert.

Nun bestreitet das Unternehmen nicht mehr, ein Sanierungsfall zu sein, macht allerdings allein die Corona-Pandemie dafür verantwortlich. Lütke Daldrup hat inzwischen mehrfach erklärt, dass die FBB noch Jahre Hilfe der Gesellschafter und eine Teilentschuldung benötigen wird. Die Zahlen werden jetzt konkreter.

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Zur Einordnung: Bis zur BER-Eröffnung sind infolge der fast achtjährigen Verzögerungen in den neuen Airport bereits rund 6,7 Milliarden Euro geflossen. Als Corona-Hilfen sind seitdem rund 990 Millionen Euro hinzugekommen: 300 Millionen Euro flossen 2020, weitgehend als Darlehen, 660 Millionen Euro haben die Eigner für 2021 bereits zugesagt. Mit den ab 2022 nötigen Summen läuft es darauf hinaus, dass die Schallmauer von zehn Milliarden Euro gerissen werden wird. 

Droht ein "illegales Schneeballsystem der Kreditfinanzierung"? 

Das korrespondiert mit einem dem Tagesspiegel vorliegenden aktuellen Bericht von Bettina Hagedorn, parlamentarische Staatssekretärin im Bundesfinanzministerium, für den Haushaltsausschuss des Bundestages vom 25. Januar. Demnach würde die FBB, die 2021 rund zehn Millionen Passagiere (2019: 35,6) erwartet, auch bei einer nun ab 2024 erwarteten Verdopplung auf 20 Millionen Passagiere nicht kostendeckend wirtschaften. Der jährliche Kapitaldienst wird dort mit rund 159 Millionen Euro angegeben. 

Deshalb warnt der Grünen-Haushaltsexperte Sven-Christian Kindler davor, dass Berlin, Brandenburg und der Bund mit Zuschüssen die eigenen Kredite bedienen: „Das ist ein illegales Schneeballsystem der Kreditfinanzierung.“ 

Um die FBB zu sanieren, wird rauf und runter gerechnet. Erwogen wird auch, das Anlagevermögen in der Bilanz um 800 Millionen Euro mit einer außerordentlichen Abschreibung abzuwerten. Hintergrund ist, dass der BER so teuer wurde wie zwei Flughäfen. Eine Anpassung ist nötig, verschärft aber laut FBB-Vorlage den Kurs: „Eine Rekapitalisierung müsste den Verlust des ohnehin geringen Eigenkapitals ausgleichen.“ Dann bräuchte der BER noch mehr Geld. 

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