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Tunnelblick zur Berlinale.

© Jens Kalaene/dpa-Zentralbild/dpa

Berlinale-Kolumne Tag 1: Augen zu und durch – mit Schlafbrille und Claudia Roth ins Kino

Lässt sich der Traum des Kinosommers im Corona-Winter wiederholen? Und warum hat unser Autor jetzt schon einen Tunnelblick? Auftakt unserer Berlinale-Kolumne.

Ein kleiner Mann läuft auf das Ende eines langen Tunnels zu. Dieser Mann soll offenbar ich sein. „Aufgrund der großen Nachfrage ist ein Login im Moment nicht möglich“, heißt es im virtuellen Berlinale-Warteraum für Akkreditierte, begleitet vom virtuell animierten Tunnelmann. Ich als er laufe auf die virtuelle Ticketschlange zu. Na, das läuft ja. Es geht noch gar nicht los, da hab ich schon den Tunnelblick.

Im Berlinale-Shop verkaufen sie in diesem Jahr Schlafbrillen. Vielleicht ja für den Kurzfilm „Mars Exalté“, der so angekündigt wird wie mein Leben im Traum gerade verläuft: „Eine Großstadt im Morgengrauen. Roten und weißen Blutkörperchen gleich fließt der Verkehr. Ein Mann schläft – er ist schön, er ist nackt, es ist heiß. Was er träumt, werden wir nie erfahren.“ Okay, ich geb’s zu: Heiß ist es nicht gerade.

Weißt Du noch, als Sommer war? Und die Stadt einen allnächtlichen Traum erlebte auf der von Filmen und Menschen erleuchteten Museumsinsel: Und es wurde viel gelacht. Und nachgedacht. Ob ein Sommer nicht einfach einmal ewig gehen könnte.

Ich schrieb damals an dieser Stelle: „Es gibt Momente, da ist die Berlinale nicht schön, nicht verrückt, nicht spannend, nicht entspannend, nicht ärgerlich, nicht witzig. Es gibt Momente, da ist die Berlinale wichtig.“

Aber im Corona-Winter, hoch oben auf der Virenwelle? Mit Maske über Mund und Nase und Schlafbrille über den Augen? Einfach zu und durch – dürfen wir uns das Leben jetzt so leicht machen?

[Tickets, Preise, Hygienekonzept: Hier finden Sie den Service zum Auftakt der Berlinale.]

Was sagt denn eigentlich Claudia Roth dazu, die neue Kulturstaatsministerin? Blättern wir mal zu ihrem Grußwort im offiziellen Berlinale-Programm – und lesen: „Es gibt Momente, da ist die Berlinale nicht nur schön, nicht nur verrückt, nicht nur spannend, nicht nur entspannend, nicht nur ärgerlich, nicht nur provozierend. Es gibt Momente, da ist die Berlinale vor allem sehr wichtig.“ Also, ich muss sagen: Besser hätte ich das kaum ausdrücken können.

Im Lichte der Kameras: Claudia Roth traf Schauspieler Richard Gere bei der Berlinale vor fünf Jahren.
Im Lichte der Kameras: Claudia Roth traf Schauspieler Richard Gere bei der Berlinale vor fünf Jahren.

© Kay Nietfeld/dpa

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Was machen wir eigentlich, wenn wir im Kino weinen müssen? (Deshalb geh ich ja hin, ehrlich gesagt.) Rutschen mir die Tränen von der Schlafmaske in die Nasenmaske? Oder kommt das Salz gar nicht mehr bis zum Mund durch? Höre meine Ohren überhaupt noch andere weinen?

Ich will da nicht bleiben – in meinem Tunnel. Und siehe da, der kleine Mann erreicht das Ende, tritt ins Licht. „Wenn Sie an der Reihe sind, haben Sie zehn Minuten Zeit, um sich einzuloggen“, teilt mir die Berlinale mit. „Wir bitten um Geduld.“ Das mit dem Flair haben sie einfach drauf.

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