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Erst waren Mathelehrer knapp, dann Grundschullehrer, inzwischen fehlen sogar Quereinsteiger.

© dpa

Berlin vor den großen Ferien: Das desaströseste Schuljahr seit Jahrzehnten ist zu Ende

Alles auf Anfang, das wäre schön. Doch die durch die Sparjahre gerissenen Lücken haben sich längst in alle Bereiche des Berliner Schullebens hineingefressen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Susanne Vieth-Entus

Hurra! Was für ein Glück! Das desaströseste Schuljahr der vergangenen Jahrzehnte ist zu Ende. Man möchte ihm mit großen weißen Laken hinterherwinken, auf dass es nie wiederkomme. Alles auf Anfang. Das wäre schön.

Nie wieder hören von Hunderten Quereinsteigern. Nie wieder sehen, dass Schulen verfallen. Nie wieder riechen, dass man sich einer Schultoilette nähert. Nie wieder reden müssen über Schulen, die Antisemitismus, Rassismus oder Mobbing ignorieren.

Über eine Bildungssenatorin, die von einem „Gap“ spricht, wenn sie das Fehlen von rund 1000 Lehrern meint. Über Inklusion ohne Sonderpädagogen. Über Brennpunktschulen ohne Hilfe vom Jugendamt. Über Schulämter, die Schulen in Not Wachschutz verweigern. Über Schulräte, die miserable Schulleiter gewähren lassen.

Ja, es sind Ferien. Und dann?

All dies lässt sich erträumen zwischen den Dünen einer ostfriesischen Insel, in den Bergen Kolumbiens oder beim sardischen Wein – um dann umso böser aufzuwachen, wenn am 20. August die Ferien zu Ende sind.

Optimisten mögen anführen, dass Berlin doch trotz alledem wieder 15.000 Schüler zum Abitur und ebenso viele Zehntklässler zum Mittleren Schulabschluss geführt hat. Dass die Schulbauoffensive in Gang gekommen ist und nun Hunderte Schulen saniert und Dutzende neu gebaut werden sollen.

Sie mögen auch erfreut darauf hinweisen, dass es doch gar nicht so schlecht ist, wenn Logopäden die Lücken füllen, die der Lehrermangel reißt, denn auch sie werden gebraucht für Berlins Schüler.

Die Berliner Sparjahre wirken fort

Und doch: Es ist zu wenig, was man noch zugunsten der Berliner Schule anführen kann – wenn man den Blick weitet hin zu dem, was im neuen Schuljahr passiert. Denn Logopäden können keine Kinder alphabetisieren und Ergotherapeuten können das Einmaleins nicht vermitteln.

Zum vollen Bild gehört, dass sich die durch die Berliner Sparjahre gerissenen Lücken längst in alle Bereiche des Berliner Schullebens hineingefressen haben. Die unmäßigen Sparvorgaben haben – durch die fehlenden Studienplätze – nicht nur den Lehrermangel mitverursacht, sondern auch dazu geführt, dass es zu wenig Sonderpädagogen gibt, um die wachsende Zahl an Förderkindern zu betreuen.

Auch das Heruntersparen der Bauämter wirkt sich bis heute direkt auf die Schulen aus, indem es zu wenig Ingenieure gibt, um neue Schulgebäude zu planen.

Nein, es gibt keine großen Hoffnungen mehr für die Berliner Schule. Es gibt nur noch das In-die-Tasche-Lügen, dass das, was in Berlin passiert, irgendetwas mit Sozialdemokratie zu tun haben könnte, nur weil die Gymnasien schlechter behandelt werden als die Sekundarschulen.

Das aber darf einem SPD-geführten Senat nicht reichen. Wenn er weiterhin dazu steht, dass das Bildungsressort der Sozialdemokratie am Herzen liegt, dass sie mehr tun kann für Berlins Jugend als die Verwaltung eines jämmerlichen Mangels, dann muss sie jemanden an die Spitze setzen, der viel mehr draufhat, als den personellen Notstand als „Gap“ zu bemänteln.

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