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Berlin-Tegel: Tee, Duschen und Hofgang für Häftlinge

Justizsenatorin reagiert auf Kritik aus Tegel

Mit den anhaltend hohen Temperaturen steigt auch die Spannung in den Berliner Gefängnissen. „Noch können wir die steigenden Aggressionen einigermaßen unter dem Deckel halten“, sagt Justizsenatorin Karin Schubert (SPD). Doch die Berichte einiger Gefangener, dass sich die Zellen auf über 40 Grad aufgeheizt hätten, haben Schubert alarmiert. Am gestrigen Dienstag rückten deshalb ihre Mitarbeiter aus, um in Tegel die Temperaturen zu messen – mittags, auf der Sonnenseite und auch unter dem Dach. Das Ergebnis habe alle „sehr erleichtert“, sagt die Senatorin. „In der heißesten Zelle sind 27,5 Grad gemessen worden.“

Überbelegung, weniger Wärter, immer mehr Häftlinge – seit Jahren wächst in den Gefängnissen die Wut. Erst im vergangenen Dezember hatte es in Tegel eine versuchte Meuterei gegeben. Der Anstaltsleiter Klaus Lange-Lehngut warnte bereits vor Monaten vor einer drohenden Explosion dieses „Pulverfasses“. Als am Montag ein 35-jähriger Gefangener tot in seiner Zelle gefunden wurden, führten viele Häftlinge den Todesfall auf die „unmenschlichen Bedingungen“ in der JVA zurück. Für ein „gesundheitliches Problem durch Hitze“ gebe es aber nach wie vor keine Anhaltspunkte, sagt Schubert. „Das Obduktionsergebnis liegt bislang nicht vor.“

Schubert sagt, dass die Anstaltsleitung derzeit mit diversen Erleichterungen versuche, die unter der Hitze leidenden Gefangenen „bei Laune zu halten“. So dürften die Insassen „so oft duschen, wie sie wollen“, es werde zusätzlich Tee ausgeschenkt, und auch der Kauf zusätzlicher kalter Getränke sei erlaubt. Zudem habe man den Hofausgang um eine Stunde verlängert und handhabe auch die Aufschlusszeiten flexibler. Schuberts Bilanz: „Es geht gerade noch so.“

Häftlinge widersprachen der Senatorin gestern. So habe es gestern keine längeren Aufschlusszeiten gegeben – auch aus Personalmangel durch Urlaub und Krankheit. Nur zehn von 17 Justizangestellten sollen gestern in Haus 3, in dem am Montag Alper K. gestorben war, im Dienst gewesen sein. In Haus 3 seien die Gefangenen etwa 16 von 24 Stunden eingeschlossen, durch die Hitze und den seit Monaten andauernden Lärm durch die Sanierung steige der Stress immer mehr. Die Häftlinge ärgern sich auch darüber, dass kalte Getränke in dieser Hitzeperiode nicht gratis verteilt werden. Das Wasser aus der Leitung mögen viele nicht trinken, da sie Angst vor Verunreinigung durch das uralte Rohrsystem haben. Nicht einmal Ventilatoren dürfe man sich in die Zelle stellen, klagte ein anderer, nur auf ärztliche Empfehlung werde ein Lüfter genehmigt.

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