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Das KaDeWe wurde immer wieder an den Zeitgeschmack angepasst. Jetzt steht erneut ein großer Umbau an, bei dem das Gebäude in vier Quadranten geteilt wird und neue Rolltreppen erhält.

© promo

Berlin-Schöneberg: Das KaDeWe erfindet sich neu

Neuer Dachgarten und neue Aufteilung: Das KaDeWe wird für 180 Millionen Euro umgebaut. Architekt Rem Koolhaas liefert die Ideen für die Umgestaltung, die sechs Jahre dauern soll.

Das KaDeWe wird sich im Laufe der kommenden Jahre noch einmal komplett neu erfinden. Und der holländische Stararchitekt Rem Koolhaas wird beim großen Umbau die Regie führen. Rund sechs Jahre sollen die Arbeiten dauern, die im Frühjahr beginnen. 180 Millionen Euro sollen investiert werden. Vier neuartige Rolltreppenabschnitte sollen künftig die Orientierung erleichtern und das Haus in vier Quadrante gliedern, die jeweils auf unterschiedliche Zielgruppen zugeschnitten sind.

Vor allem aber soll die Atmosphäre noch zeitgemäßer werden und auch den Folgen der digitalen Revolution Rechnung tragen. Schon als der Kommerzienrat Adolf Jandorf das KaDeWe 1907 im Westen der Stadt eröffnete, gehörte es zu den modernsten Institutionen seiner Zeit. Noch heute ist es das größte Kaufhaus auf dem Kontinent.

Angesichts der vielen Shopping Malls braucht es freilich eine neue Dimension des Einkaufserlebnisses. Rem Koolhaas sieht dabei vor allem Menschen, die in einer umtosten Stadt nach Ruhepunkten suchen, nach Erholung. Shoppen, besonders wenn es um Luxusobjekte geht, ist für viele längst ein Zeitvertreib zur Entspannung. Heute gilt es auch nach Überzeugung des Chefs der KaDeWe-Group, André Mäder, Erlebniswelten zu schaffen, die Genuss mit Inspiration und Unterhaltung verbinden. Führende Innendesigner sollen die Ausstrahlung des Hauses weiter verstärken. Auch die Schaufenster sollen vergrößert werden.

Eine große Attraktion wird zweifellos die neue Dachterrasse, ein gläserner Hohlraum mit einem Freiluftgarten, der zu Veranstaltungen einladen und einen Blick hinter die Kulissen der Feinschmecker-Etage ermöglichen soll. André Mäder zieht Inspiration auch aus dem innovativen Geist der in Berlin so reichlich vertretenen Start-Ups, wobei der Charakter des klassischen Einkaufstempels ebenfalls auf neue Art interpretiert und verstärkt werden soll. Schließlich war das Haus am Wittenbergplatz immer ein Ort mit besonderen Angeboten, die sich auch in der Hochzeit der Kaufhäuser schon deutlich von der Konkurrenz abhoben.

Seit Juni 2015 ist die Central Group, zu der auch die italienische La Rinascente Gruppe gehört, strategischer Partner der KaDeWe-Group. Deren Verwaltungsratschef, Vittorio Radice, gilt als Philosoph der Einkaufskultur und wird mit seinen Visionen auf den künftigen Stil des Kaufhauses maßgeblich Einfluss nehmen. Da geht es nicht nur um die Hardware eines schönen Gebäudes mit attraktiven Waren, sondern auch um Veränderungen wie Öffnungszeiten und persönlichere Formen des Bezahlens.

Mit dem holländischen Architekten will er eine Attraktion für Berliner und Besucher aus aller Welt schaffen. Rem Koolhaas gilt als Vordenker einer metropolitanen Architektur. In der Neuen Nationalgalerie gab es 2003 eine Werkschau. Für den Neubau der niederländischen  Botschaft erhielt er den Berliner Architekturpreis. Seine Gebäude werden in vielen Städten der Welt bewundert.

Stammkunden des KaDeWe werden sich an die große sechsjährige Umbau-Phase zwischen 1990 und 1996 erinnern. Damals wurde die  Verkaufsfläche um 15 000 auf 60 000 Quadratmeter erweitert. Auch die Feinschmeckeretage wurde umgestaltet. Seit dieser Zeit gibt es die Abteilungen für Fisch und Fleisch in der derzeitigen Form. Gleichzeitig kam zur berühmten sechsten Etage eine siebte hinzu. Unter dem Walmdach zog das Selbstbedienungsrestaurant ein. Die Kunden blieben diesem Mikrokosmos auf der großen Baustelle Berlin immer treu und freuten sich über manches Sonderangebot, das aus dem unvermeidlichen Baustaub hervorging.

Die erste Erweiterung fand übrigens schon 1929/30 statt, nach der Übernahme durch Hertie, den damals weltgrößten Warenhauskonzern in Familienbesitz. Im Jahr 1956 war der Wiederaufbau nach dem Zweiten Krieg abgeschlossen und das Kaufhaus wurde danach zum Symbol für die Lebensqualität des Westens, ein Mythos der Marktwirtschaft, Schaufenster des Wirtschaftswunders.

Zum 100. Geburtstag im Jahr 2007 hatte sich das Haus eine Renovierung für 45 Millionen Euro gegönnt. Fünf Jahre später kam eine Etage für Accessoires hinzu. Die Zeiten, in denen es alle nur denkbaren Waren unter einem Dach gab, sind lange vorbei. Um auf der Höhe der globalen Shopping-Kultur zu bleiben, mussten die KaDeWe-Manager immer offen sein für Veränderungen. Das bedeutete auch, die Kunden bei Laune zu halten. Wie gut das gelang, zeigte der Vergleich zu legendären Kaufhäusern zum Beispiel in den USA, die plötzlich etwas altmodisch wirkten.

Mit dem Tempo, das nun vorgelegt wird, sollte sich der Effekt noch einmal verstärken. Das KaDeWe wird sich in seiner alten Rolle als eine der Hauptattraktivitäten der Stadt treu bleiben können – heute sind um die 40 Prozent der täglich etwa 50 000 Kunden Touristen. Noch etwas bleibt, was bereits nach dem Umbau 1978 beschworen wurde, bei dem die Lebensmittelabteilung um ein Drittel erweitert wurde: Das „besondere Einkaufserlebnis“ steht im Zentrum, auch wenn die Anforderungen daran sich immer wieder verändern. Die Generation „Lange Nacht des Shoppens“, die ihre Einkäufe gern mal bei einem Glas Champagner tätigt, kann sich auf die neue Erlebniswelt freuen.

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