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Marion

© tabu

Berlin-Neukölln: Das Aufbegehren gegen Drogendealer geht weiter

"Benimm-Regeln" für Dealer und Kreidesprüche auf dem Asphalt: Mit ungewöhnlichen Methoden gehen Berliner gegen die Drogenszene in ihren Bezirken vor. In Neukölln planen Anwohner nun neue Aktionen. Und auch im Weinbergspark waren Bürger schon erfolgreich.

Ihre erste Kunstaktion gegen die Drogenszene in der Hasenheide war offenbar erfolgreich. „Die meisten Anwohner fanden das klasse und haben uns darauf angesprochen“, sagt Marion L. Gemeinsam mit ihrer Nachbarin, der Künstlerin „Mo.Skito’“ (48), hatte sie mit Kreidefarbe „Benimm-Regeln“ für die Dealer und Sprüche auf einen Asphaltweg zum Park gemalt. Nun plant Marion L. das nächste Projekt, um gegen die Drogendealer im Park aufzubegehren. „Ich möchte mit den Grundschülern aus der Karlsgartenschule eine große Laubhark-Aktion starten. Damit stören wir die Drogenhändler, denn in den Büschen unterm Laub haben die ihr Dope verbuddelt“, erzählt die Ladenbetreiberin, die seit 40 Jahren in dem Kiez in der Wissmannstraße lebt, unmittelbar an der 50 Hektar großen Hasenheide.

Die Sprüche der Aktion am Sonntag vergangener Woche („Döner statt Drogen“ oder „Neuköllner Hausfrauen gegen Dealer-Gelaber“) sind durch den Regen fast verschwunden. Ende des Monats greifen die beiden Frauen wieder zum Pinsel, alle vier Wochen wollen sie die Aktion künftig machen.

„Diese Gegenwehr ist doch super. Besser als gar nichts zu unternehmen“, findet ein älteres Ehepaar, das die Wissmannstraße entlanggeht. Beide sind Neuköllner und meiden die Hasenheide, „weil es uns zu unsicher ist“. Die Frau sagt, sie fühle sich einfach nicht wohl, wenn sie „die Typen da herumstehen“ sehe. Auch zwei Männer, die gestern im Nieselregen durch den Park spazierten, hatten von der Kunstaktion gehört. „Uns haben die Dealer bislang nie angesprochen, daher hatten wir damit auch kein Problem. Doch wenn die jetzt sogar Kinder und Jugendliche bedrängen, dann ist es verständlich, dass Anwohner sich wehren“, sagt einer der Männer.

Wie man sich erfolgreich gegen Dealer wehren kann, haben Anwohner am Weinbergspark in Mitte vorgemacht. In einer beispiellosen Kraftanstrengung haben Polizei, Anwohner, Cafébesitzer und Bezirksamt versucht, die Drogenhändler aus dem Park zu drängen. „Unser Ziel war immer: Wir erobern uns den Park zurück. Das haben wir erreicht“, sagt Tamara Zieschang von der Anwohner-Initiative. 1,35 Millionen Euro hat das Bezirksamt in die Neugestaltung des Parks investiert. Laternen wurden aufgestellt und Sträucher zurückgeschnitten, um den Dealern die Arbeit zu erschweren. Kneipiers pappten Anti-Drogen-Aufkleber an ihre Türen. Im Frühjahr wurde schließlich der neue Spielplatz eröffnet. „Im Sommer war da ein riesiges Gewusel. Bis zu 200 Kinder am Wochenende", erzählt Zieschang. Früher, am alten Spielplatz, habe sich bis auf die Dealer niemand wohlgefühlt.

Der Park in Mitte ist wieder ein Flanierort für Familien und ältere Kiezbewohner. Und ein Raum für Kunst und Kultur. Im Juni wurde ein großes Familienfest gefeiert. Der Verein „Rosengarten" veranstaltet in einer Laube regelmäßig Filmabende. Rebstöcke wurden gepflanzt, um an die historische Funktion der Grünanlage zu erinnern. In Kiezgesprächen wird regelmäßig Bilanz gezogen. Die Polizei hat mit Razzien und Kontrollgängen das Dealen zurückgedrängt, aber nicht völlig unterbunden. „Es gibt mehrere Einsätze pro Woche. Wir haben die Szene weiterhin im Auge", sagt Polizeisprecher Uwe Kozelnik.

In Neukölln wollen Marion L. und Mo.Skito weiterhin auf „kleine Aktionen, die die Dealer provozieren oder stören“ setzen. Vom Bäume-Beschneiden halten sie nicht so viel. „Gestutzte Bäume sind doch nicht der Sinn eines Parks. Vor allem bringt das nicht viel“, meint Mo.Skito. Mit der Arbeit der Polizei seien die Frauen im Großen und Ganzen zufrieden. „Die Polizei geht regelmäßig rein in den Park und machen Razzien“, sagt Marion L. „Aber das Frustrierende für die Beamten ist doch, dass die Verfahren gegen die Dealer meistens eingestellt werden.“ Schließlich seien die Händler clever genug, immer nur eine kleine Menge Rauschgift bei sich zu haben – der Rest wird in Erdlöchern gebunkert.

Trotz des Dauerregens liefen auch gestern wieder die Drogengeschäfte in der Hasenheide. Ein Mann, er ist um die 30, hatte sich in einem der Büsche für 20 Euro Marihuana besorgt. Darauf angesprochen, dass er durch seinen Kauf den Handel ankurbele, antwortete er: „Ja, ich geb’s ja zu. Es ist heikel. Aber ich weiß nicht, wo ich sonst Stoff herbekommen soll“, sagt er. Und fügte hinzu: „Hätte ich selber Kinder, würde ich hier aber auch nicht spazieren gehen.“

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