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477 Millionen Euro. So viel kostet die Sanierung des Pergamonmuseums. Öffnen wird es erst 2023.

© Kai-Uwe Heinrich

Berlin Museumsinsel: Bund reagiert mit Reform auf BERgamon-Schock

Fast doppelt so teuer wie geplant und drei Jahre längere Bauzeit: Das Pergamonmuseum macht dem BER Konkurenz. Eine Reform soll dem künftig vorbeugen.

477 Millionen Euro, fast doppelt so teuer wie geplant kommt die Sanierung des Pergamonmuseums, außerdem drei Jahre später als geplant, nämlich 2023: Der der BERgamon-Schock sitzt tief und zwingt das Bundesbauministerium in die Offensive. Eine „Reform Bundesbau“ soll her, die endlich belastbare Kostenprognosen für Bundesprojekte möglich macht und „Transparenz“ über Stand und Entwicklung der Baustellen soll es geben. Das kündigte Bundesbaustaatssekretär Florian Pronold am Donnerstag auf der Pergamon-Baustelle an, knapp zwei Wochen nach der Bekanntmachung der chaotischen Zustände durch den Tagesspiegel.

Nicht mehr "als Deppen dastehen"

Er sei es leid, „dass wir immer als Deppen dastehen“, weil Bund und Bundesamt für Bauen und Raumordnung (BBR) die Baustellen nicht in den Griff bekommen, sagte Pronold. „Die öffentliche Hand schießt sich aber selbst ins Knie“, weil der Bund Bauaufträge nach einem unflexiblen Vergaberecht erteilen müsse, das den Staat „erpressbar“ mache. All diese Probleme soll die Reform Bundesbau nun lösen und „Wahrheit und Klarheit“ auch bei den Kosten bringen. Der Staatssekretär kündigte auch gleich ein Anschauungsbeispiel für dessen Erprobung an: das „Besucherzentrum für den Bundestag“, dessen Pläne kommende Woche ausführlicher vorgestellt würden.

Die Giftliste der 40 Problembaustellen gibt es schon lange

Dass Pronold und nicht wie angekündigt die in der Kritik stehende Bundesbauministerin Barbara Hendricks (SPD) den Vorstoß ankündigte, sei einer kurzfristig einberufenen Debatte im Bundestag zum Klimagipfel in Marrakesch geschuldet, hieß es aus deren Stab. Im Umfeld des Bundesbauministeriums versucht man außerdem den Eindruck zu erwecken, dass die Pannen eigentlich dem Vorgänger Peter Ramsauer (CSU) anzukreiden sind. Allerdings ist Hendricks nun auch schon drei Jahre im Amt und hatte kurz nach ihrem Antritt eine Giftliste mit den 40 größten Chaos-Baustellen des Bundes veröffentlicht. Dass erst Jahre später nach Bekanntwerden des Pergamon- Chaos gehandelt wird, erregt Unmut unter den Nutzern betroffener Bauprojekte.

Planer gekündigt, Pumpwerk "entdeckt"

Um die Kostenexplosion beim Pergamonmuseum begreiflich zu machen, mühten sich die Ministerialen mit deren Dekonstruktion: Aufs Konto des „überraschend“ entdeckten Pumpwerks unter der Erde gehen „nur“ 24 Millionen Euro und die Kündigung eines schlechten Planers für die Gebäudetechnik koste auch „nur“ 14 Millionen Euro. Doppelt so viel (33 Millionen) verursache die Verzögerung, weil der Bund diese Leistung erneut ausschreiben muss und nicht einfach eine andere Firma beauftragen kann. Diese Vorschrift des Vergaberechts soll die Reform ändern.

Die Fehler im System

Ebenfalls als Fehler im System sei anzusehen, dass der konjunkturbedingte Anstieg der Baukosten – die „Inflation“, wenn man so will – bei Kalkulationen von Bundesbauten nie mitgezählt wird. Genauso wenig gibt es Rücklagen für Risiken durch nicht vorhersehbare Pannen. In der Baubranche ist das eher unüblich. Und der Bund will das auch ändern, schon in der Nachberechnung der Pergamon-Kosten: 45 Millionen Euro stehen da als Risikovorsorge und weitere 58 Millionen Euro für die „Bauzeitfortschreibung“, der Bärenanteil der Mehrkosten.

Beim Besucherzentrum des Bundestags soll alles besser werden

Die Nebenwirkung dieser „Transparenzoffensive“ (Pronold) ist, dass es für den Bund künftig schwerer werden dürfte, politisch erwünschte Bauvorhaben „schönzurechnen“. Das Besucherzentrum des Bundestages ist ein Beispiel dafür: Der Bundestag hatte für das unterirdische Bauwerk mit einer Tunnelverbindung zum Reichstag eine Summe von 200 Millionen Euro angesetzt. Wenig später geriet eine Kostenrechnung des Bundesbauministerium an die Öffentlichkeit, wonach das Projekt rund 500 Millionen Euro kosten würde. Bauminister war damals allerdings noch Peter Ramsauer, der die Planungen daraufhin stoppte. Um wieder die Kontrolle über die Bauvorhaben zu bekommen, sollen außerdem 140 neue Stellen geschaffen werden. Bisher fehlte das Personal innerhalb des Bundesamtes und die Überprüfung von Abläufen auf Baustellen habe die Behörde deshalb schon mal an externe Firmen vergeben müssen. Heute werden diese Sparmaßnahmen, für die seinerzeit unter dem Titel „schlanker Staat“ geworben wurde, als Fehler angesehen: Der „verhungernde Staat“, so Pronold, werde seinen Aufgaben so nicht mehr gerecht. Um den Eindruck zu zerstreuen, dass „hier nicht lauter Deppen am Werk sind“, will das Bauministerium künftig außerdem regelmäßig Berichte über den Stand aller Bundesneubauten veröffentlichen und einen „Tag des offenen Bundesbaus“ einführen. Da können die Bürger prüfen, wo ihre Steuergelder vergraben werden.

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