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Lustgarten

© promo

Berlin-Mitte: Senat streitet um autofreien Lustgarten

Welches Verkehrskonzept braucht Berlins historische Mitte? Kulturstaatssekretär Schmitz will eine Umfahrung des Schlosses prüfen lassen. Verkehrssenatorin Junge-Reyer lehnt die Pläne jedoch ab.

Bei der Planung des künftigen Verkehrskonzepts in Berlins historischer Mitte steuert der Senat offenbar nicht mehr in eine gemeinsame Richtung. Kulturstaatssekretär André Schmitz hat sich dafür ausgesprochen, den Vorschlag, den Lustgarten bis zum künftigen wiederaufgebauten Stadtschloss zu erweitern, „ernsthaft zu prüfen“. Es sei realistisch, dafür die Karl-Liebknecht-Straße dort in eine autofreie Zone zu verwandeln und den Verkehr, wie vom Automobilclub ADAC und dem Förderverein Stadtschloss angeregt, südöstlich ums Schloss herumzuleiten. Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) lehnte solche Pläne dagegen bisher strikt ab.

Der ADAC schlägt als „Ideallösung“ sogar einen Tunnel unter dem Boulevard Unter den Linden vor. Staatssekretärin Maria Krautzberger (SPD) von der Stadtentwicklungsverwaltung erteilte beiden Forderungen gestern erneut eine Abfuhr. Man habe alle Varianten geprüft und werde noch in diesem Monat ein Verkehrskonzept basierend auf der jetzigen Straßenführung vorlegen, das auch Halteflächen für Reisebusse berücksichtige.

ADAC und Schlossfreunde schwärmen, wie berichtet, von einer „Kultur- und Gartenoase“ im Zentrum Berlins. Man habe nun die Chance, die Museumsinsel mit dem Humboldtforum im künftigen Schloss zu vereinigen. Der Lustgarten sollte etwa bis zur Mittellinie der heutigen Karl-Liebknecht-Straße hin verlängert werden und in einem Rondell enden.

Die Straße selbst sollte zwischen Berliner Dom und Schloßbrücke in eine Fußgängerzone verwandelt werden. Deshalb ließ der ADAC eine alternative Verkehrsführung austüfteln. Erarbeitet hat sie der einstige Professor für Verkehrsplanung an der Technischen Universität (TU), Lutz Beckmann. Obwohl schon im Ruhestand, ist er als Verkehrsgutachter weiterhin international gefragt. Nach seinem Umleitungsvorschlag wird der Verkehr um das Humboldtforum herumgeführt: Ab Schloßbrücke über den Schloßplatz hinweg, zwischen dem Haupteingang des Humboldtforums und dem geplanten Einheitsdenkmal hindurch. Dann nach links auf der Rathausstraße und -brücke über die Spree hinweg und nun am Nikolaiviertel vorbei zur Spandauer Straße. Für den Verkehr in umgekehrter Richtung will Lutz Beckmann die nach dem Weltkrieg eingeebnete Burgstraße am Spreeufer wiederherstellen. Sie soll die Karl-Liebknecht- mit der Rathausstraße verbinden.

Vier Spuren würden für die Umfahrung ausreichen, meint Beckmann. Der Verkehr Unter den Linden habe seit der Sperrung des Brandenburger Tors bereits um ein Viertel abgenommen. Und wenn die Französische Straße, wie vorgesehen, erst einmal durchgängig zwischen Ebertstraße und Spandauer Straße befahrbar sei, würden noch weniger Autos Unter den Linden entlangrollen. Als Problem sieht Beckmann aber die sanierungsbedürftige Rathausbrücke an. Diese will der Senat neu bauen – mit weniger als vier Spuren. Die Aufträge seien schon vergeben, heißt es in der Verwaltung.

Den Bau eines Straßentunnels Unter den Linden, der nach dem ADAC-Konzept westlich vom Brandenburger Tor beginnen und an der Spandauer Straße enden soll, halten Fachleute der BVG für unmöglich. Bereits unter dem Brandenburger Tor liegen Tunnel der Nord-Süd- S-Bahn und der neuen U-Bahn-Linie U 5/55 mit einem gemeinsamen Umsteigebahnhof. Die Bauten liegen bis zu 25 Meter tief in der Erde. Ein Autotunnel müsste noch tiefer verlaufen.

Das nächste Hindernis gibt es an der Kreuzung Unter den Linden/Friedrichstraße. Hier soll ein Umsteigebahnhof der Linien U 5 und U 6 entstehen. Die Stützen für diese Bauwerke werden sogar 40 Meter in den Boden getrieben. „Hier ist kein weiterer Platz für einen Tunnel“, sagte ein Planer. Der Straßentunnel könne auch nicht einfach parallel zur U-Bahn gebaut werden, weil deren Röhre mehrfach die Straßenseite wechselt. Um die U-Bahn unterqueren zu können, müsste der Autotunnel fast ähnlich tief gelegt werden wie die U-Bahn in Moskau – mit entsprechend langen Rampen – und hohen Kosten.

Möglich wäre es nach Ansicht der Planer vielleicht gewesen, U-Bahn- und Autotunnel zusammen zu bauen. Dann müsste aber die Planung für die U-Bahn wieder von vorn beginnen, die Linden würden außerdem auf Jahre zur Großbaustelle. Ein solches Bauwerk könne nur in einer offenen Baugrube erstellt werden, sagen die Planer. Dies wollen sie beim U-Bahn-Bau zum größten Teil vermeiden.

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