zum Hauptinhalt
Wirkt stabil. Ist es aber nicht unbedingt. Die Mühlendammbrücke in Mitte wird im Dezember wieder auf Schäden untersucht.

© Kai-Uwe Heinrich

Berlin-Mitte: Auch die Mühlendammbrücke ist marode

Nach der Elsenbrücke droht die nächste Berliner Brücke zum Sanierungsfall zu werden. Der Spannstahl in der Mühlendammbrücke könnte reißen.

Nach der Elsenbrücke könnte die Mühlendammbrücke in Mitte der nächste Sanierungsfall für die Brückenbauer des Senats werden. Die Spreequerung in Mitte, eine lebenswichtige Verkehrsader der Stadt, ist marode, wie der Tagesspiegel erfuhr. Die beiden Brücken wurden nach demselben Verfahren gebaut, rissgefährdeter Stahl wurde verwendet. „Spannungsrisskorrosionsgefährdet“, so der Fachjargon aus der Senatsverwaltung für Verkehr.

Über die Mühlendammbrücke führt die Bundestraße 1 über die Spree, auf acht Spuren. In prominenter Lage, zwischen Rotem Rathaus und Museumsinsel, wurde sie von 1965 bis 1968 als Spannbetonbrücke gebaut. Damit künftig eine Straßenbahn auf ihr fahren kann, soll die Brücke durch einen Neubau ersetzt werden (siehe Info-Kasten), das ist bekannt. Bisher hieß es jedoch, die höheren Lasten würden den Neubau notwendig machen. Es gibt jedoch einen weiteren Grund: Die Lebensdauer der Brücke ist begrenzt, weil tragende Teile wahrscheinlich rosten.

Untersuchungen dauern bis Ende Oktober

Bei Mühlendamm- und Elsenbrücke, beide nahezu zeitgleich in der DDR errichtet, wendeten die Ingenieure das sogenannte Spannblock-Verfahren an. Dabei laufen über die gesamte Brückenlänge Stahlseile, die mit hoher Zugkraft gespannt werden: So erhält die Brücke ihre Belastbarkeit. Dieses Spann-Verfahren hat aber einen wesentlichen Nachteil: Der hochempfindliche Stahl darf nach Anlieferung auf der Baustelle eigentlich nur zehn Tage ungeschützt liegen, beim Spannblock-Verfahren sind aber drei Monate erforderlich, bis die Stahlstreben komplett einbetoniert sind. Das macht ihn anfällig für Rost.

Im Dezember ist die nächste Prüfung an der Mühlendammbrücke fällig. Bei der letzten im Dezember 2015 hatte die Brücke die Note 2,9 erhalten, einen „noch ausreichenden Bauwerkszustand“. Allerdings können sich Risse relativ kurzfristig bilden. Für Experten ein Zeichen, dass Gefahr im Verzug ist. Bei der Elsenbrücke soll sich der Riss innerhalb von sechs Wochen gebildet haben. Schon ein Tag nach der Entdeckung wurde die östliche Teilbrücke für Autos gesperrt.

Bei der Elsenbrücke, bestätigten Insider dem Tagesspiegel, sei der Stahl schon bei den Bauarbeiten korrodiert und dann teilweise gerissen. Der damalige Bauleiter wies das allerdings zurück. Ob gerissener Stahl für den aktuellen Riss im Beton der „Else“ verantwortlich ist, wird noch überprüft werden. Die Untersuchungen sollen bis Ende Oktober dauern, so die Verwaltung. Dann soll entschieden werden, ob die Brücke abgerissen oder saniert wird.

Es ist nur eine Brücke, aber in Berlin hat man Angst, dass eine neue unspektakuläre Brücke ein Jahrhundertprojekt wie der BER wird, das ist doch das Problem.

schreibt NutzerIn Rotfahrer

Jede 10. Berliner Brücke ist baufällig

Jede zehnte der 1085 Berliner Brücken wurde 2017 als baufällig eingestuft, das ergab eine Anfrage der Grünen. Die Senatsverwaltung hat jedoch nicht genügend Ingenieure, um die nötigen Sanierungen und Neubauten zu planen. Außerdem hat jede Brückensanierung erhebliche Auswirkungen auf den Stadtverkehr. Als die Elsenbrücke in eine Richtung gesperrt wurde – über sie verläuft die Bundesstraße 96 –, standen die Autofahrer Richtung Ostkreuz bis zu zwei Stunden im Stau.

Auch die Mühlendammbrücke besteht aus zwei Teilbrücken. Möglich wäre also auch hier, dass der Verkehr auf einem Bauteil rollt, während das andere abgerissen und erneuert wird. Ein Sprecher der Senatsverwaltung betont: „Die Mühlendammbrücke ist nicht einsturzgefährdet“. Ein akuter Handlungsbedarf bestehe nicht. Die Planung für den Neubau habe gerade erst begonnen. Einen Zeitplan für die Bauarbeiten gebe es noch nicht. Priorisiert sei die Brücke auch nicht.

Pauline Faust

Zur Startseite