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Die Mutter der getöteten 14-Jährigen Keira aus Berlin-Hohenschönhausen trauert am Grab ihrer Tochter.

© Arne Immanuel Bänsch/dpa

Update

Berlin-Lichtenberg: Mordfall Keira: 15-Jähriger schweigt

Die 14-jährige Schülerin wurde in ihrer Wohnung erstochen. Ein Schulkamerad steht nun vor Gericht. Die Anklage geht von einer Tat aus Mordlust aus.

Die Mutter fixierte mit konzentriertem Blick den 15-Jährigen, den sie von einem Foto im Zimmer ihrer Tochter kannte. Was ist genau passiert und warum? Karin G. saß am Dienstag erstmals dem mutmaßlichen Mörder ihrer Tochter gegenüber. Sie hatte Keira am 7. März in ihrer Wohnung in Alt-Hohenschönhausen gefunden. Blutüberströmt, sterbend lag das 14 Jahre alte Mädchen im Wohnzimmer. Ein Junge aus ihrer Schule soll Keira umgebracht haben. Aus Mordlust. Vor dem Berliner Landgericht schwieg er.

Ein Fall, der bundesweit für Entsetzten sorgte. Tötete Edgar H. tatsächlich aus Freude daran, ein anderes Leben zu vernichten? „Das Mordmerkmal der Mordlust kommt in der Praxis höchst selten vor“, sagte Anwalt Roland Weber, der die als Nebenklägerin am Prozess beteiligte Karin G. vertritt. „Ein außergewöhnlicher Fall.“

Für zwei Minuten wurde der Prozess, der wegen des Alters von H. eigentlich hinter verschlossener Tür läuft, doch öffentlich. Eine Hilfsschöffin musste vereidigt werden. H. stand hinter Panzerglas. Die Kapuze seines grauen Shirts über den Kopf gezogen, das Gesicht hinter einem Blatt Papier verborgen. H. stamme aus „ganz normalen, geordneten Verhältnissen“, hieß es am Rande der Verhandlung.

Der Angeklagte schweigt

Er habe zunächst geschwiegen, so Anwalt Weber in einer Prozesspause. Möglicherweise werde sich H. zu einem späteren Zeitpunkt äußern. Wie der Angeklagte wirkte? „Mehr oder weniger regungslos. Er saß eben da“, so der Nebenklage-Anwalt. Nach außen hin sei Reue nicht erkennbar gewesen. Karin G. werde zu jedem Prozesstag kommen. „Sie erhofft sich umfassende Aufklärung.“ Sie wolle vor allem wissen: „Was hat den jungen Mann getrieben, ihre Tochter zu töten?“

Die beiden Jugendlichen kannten sich seit längerem. Edgar H. besuchte wie Keira die Schule im Grünen Campus Malchow in Lichtenberg. Sie war in der 8e, er in der neunten Klasse. Unter dem Vorwand, ihr bei Hausaufgaben zu helfen, soll sich Edgar H. mit Keira verabredet haben. Den Ermittlungen zufolge wollte er in die Wohnung kommen, wo Keira mit ihrer Mutter lebte. Von dem Besuch soll Keira, eine talentierte Eisschnellläuferin, einer Freundin berichtete haben. In ihrem Zimmer hing ein Porträt von Edgar H. Ein Paar seien sie jedoch nicht gewesen, hieß es.

H. soll Tat länger geplant haben

Edgar H. soll die Tat länger geplant haben. Eine Plastik-Kopfhaube und Gummihandschuhe soll er eingepackt haben, um keine Spuren am Tatort zu hinterlassen. Und er sei mit einem Küchenmesser bewaffnet gewesen.

24 Mal soll er auf den Rücken, den Oberkörper, den Hals eingestochen haben. Rettungskräfte konnte das Mädchen nicht mehr reanimieren. Einen Tag später wurde H. in seinem Elternhaus festgenommen. Er soll die Stiche damals gestanden haben. Er habe sich rausreden wollen mit der Version, Keira habe „es gewollt“.

Tötung auf Verlangen? Das seien Spekulationen, für die es überhaupt keine Anhaltspunkte gebe, so Weber. Auch von Killerspielen bei H. sei ihm nichts bekannt. Nach der Anklage gehe er davon aus, dass der 15-Jährige der Täter ist. Kernfrage sei: „Was hat ihn dazu getrieben und ist er überhaupt schuldfähig.“ Seine Mutter wurde nun als erste Zeugin befragt. Ihm drohen bis zu zehn Jahre Haft. Für den Prozess sind elf weitere Tage bis zum 22. November geplant.

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