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Abschied von Dorothea: Dafür haben viele Menschen zusammengeholfen.

© Maria-Mercedes Hering

Berlin-Kreuzberg: Öffentliches Begräbnis für totes Baby aus Berliner Park

Am Abend des 2. Februar war die nackte Leiche eines Neugeborenen im Elise-Tilse-Park gefunden worden. Am Montag wurde das Mädchen beigesetzt.

Draußen erwacht der Frühling zum Leben, drinnen geht es um einen traurigen Tod: Während die Sonne auf den Hohenschönhausener St.-Pius-Friedhof scheint und Kinderstimmen von einer nahen Schule zu den Gräbern dringen, verabschieden sich in der Friedhofskapelle rund 15 Personen von der kleinen Dorothea.

Das tote Mädchen war in der Nacht zum 3. Februar im Kreuzberger Elise-Tilse-Park zwischen Tempodrom und Technikmuseum von Spaziergängern gefunden worden. Eine Obduktion des unbekannten Säuglings ergab keine Hinweise auf eine Tötung – laut Polizei kommt sowohl eine Totgeburt als auch ein natürlicher Tod nach der Geburt infrage.

Behörden und Privatpersonen taten sich daraufhin zusammen, um dem Säugling ein öffentliches Begräbnis zu ermöglichen. Kälte solle nicht das letzte sein, was das Baby erfahre, sagte Pfarrerin Marianne Ludwig bei der Beerdigung. Rund 15 Trauergäste begleiteten das tote Mädchen auf seinem letzten Weg.

Dorothea, ein "Gottesgeschenk"

Der weiße Sarg ist winzig, gerade einmal so groß wie eine Schuhschachtel. Pfarrerin Marianne Ludwig zündet in der Kapelle eine Kerze an. "Du sollst Dorothea heißen", sagt die Polizeiseelsorgerin, während sie die Hände über den kleinen Sarg hält. Der Name lässt sich als "Gottesgeschenk" übersetzen.

Ein Trauergast tupft sich die Augen mit einem Taschentuch ab, während die Pfarrerin erklärt, warum es so wichtig sei, dass das tote Mädchen einen Namen erhalte: Ein anonymes Begräbnis hätte offen gelassen, wer das Kind gewesen sei. "Aber was könnten wir über das kleine Mädchen erzählen? Nichts – oder das Wichtigste überhaupt, was man über einen Menschen sagen kann: Das ist Dorothea, ein Gottesgeschenk."  

Die Sonne scheint durch ein Fenster auf ein Holzkreuz mit Dorotheas Namen. Ein Wilmersdorfer Steinmetz hat sich um das helle, schlichte Kreuz mit der braunen Schrift gekümmert. Anfangs habe er bedauert, dass er es wohl nicht bis zur Beerdigung schaffen würde, sagt Marianne Ludwig. Dann aber habe der Geselle dafür gesorgt, dass pünktlich zur Beisetzung nun ein Kreuz für Dorothea auf dem Grab aufgestellt werden kann. "Gern geschehen", habe er zur Pfarrerin lächelnd gesagt.

Berliner helfen bei Beerdigung zusammen

Marianne Ludwig ist bewegt von den selbstlosen Handlungen vieler Personen, die das Begräbnis ermöglich haben: Das Beerdigungsinstitut aus Storkow übernimmt die Bestattungskosten, ein anonymer Spender kommt für die Friedhofskosten auf, ein Trompeter vom Polizeiorchester spielt am offenen Grab, obwohl das nicht zu seinen offiziellen Aufgaben gehört. Die Friedhofsverwaltung hat mit blauen und weißen Luftballons die Kirche und das Grab verziert.

Der Tod des Mädchens habe Menschen einander näher gebracht, so Marianne Ludwig. Was zuerst grausame Realität gewesen sei, habe sich durch das Zusammenhelfen der Menschen, die weder Dorothea noch einander vorher gekannt hätten, in Gutes verwandelt. "Aber uns alle eint der Wunsch, Dorothea wenigstens im Tod zu umsorgen."

Wie die Polizeiseelsorgerin sagt, sei das auch für die Beamten eine Erleichterung, denn: "Was sie im Gebüsch vorfanden, ist eben nicht die ganze traurige Wirklichkeit." Dass viele Personen unabhängig voneinander selbstlos und liebevoll gehandelt hätten, um die Beerdigung zu ermöglichen, täte auch den Beamten gut und helfe dabei, solche schweren Situationen zu ertragen. Ein Beamter hatte am Fundort der Babyleiche einen Schock erlitten.

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