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Symbol des Kiez-Protestes. Die Cuvrybrache wurde 2014 wurde geräumt. Kurze Zeit später übermalten Berliner Künstler die berühmten Graffiti des Street-Art-Künstlers Blu – mit dessen Einverständnis.

© Thilo Rückeis

Berlin-Kreuzberg: Neuer Plan für die Bebauung der Cuvry-Brache

Nach 20 Jahren Brachen-Ära soll auf dem Cuvry-Gelände ein Projekt namens "Spreespeicher" entstehen. Ob es Wohnungen geben wird, ist aber weiter unklar.

In der schillernd-chaotischen Kreuzberger Cuvrybrachen-Story wird jetzt das letzte Kapitel aufgeschlagen. Der Eigentümer Artur Süßkind beginnt mit dem Bau eines Gewerbezentrums. Dem Bezirk liege eine Anzeige zum Baubeginn vor, bestätigte Baustadtrat Hans Panhoff (Grüne).

An der Cuvrystraße wurde der Gehweg mit einem blickdichten Zaun abgesperrt, die Fläche ist komplett eingeebnet. Dem Senat gehen damit 250 Wohnungen verloren, die hier eigentlich entstehen sollten. Die Verhandlungen über das Projekt „Cuvryhöfe“ waren im Frühjahr mitten auf der Zielgeraden gescheitert.

Süßkind wollte die Auflagen des Senats – darunter die Verpflichtung 25 Prozent Sozialwohnungen zu bauen – nicht akzeptieren. Er kramte eine alte Baugenehmigung aus den nuller Jahren aus der Schublade, die jetzt realisiert werden soll. Damit geht eine 20-jährige Brachen-Ära zu Ende. Angefangen mit dem Yaam, das dort ein alternatives Jugend- und Kulturzentrum aufzog.

Bis 1998 der erste Investor das Gelände übernahm und Kreuzberg mit einem Einkaufcenter beglücken wollte. Nach verschiedenen Umplanungen, Protestwellen und Pleiten blieb die Brache eine Freifläche für Alternativnutzungen wie 2012 das Guggenheim-Lab. Doch weil BMW dafür das Geld gab, gab es wieder Ärger mit der linken Szene, und das Lab-Team zog lieber nach Prenzlauer Berg.

Anschließend besetzten Obdachlose, Roma und Politclowns das Gelände, an der Kaimauer zur Spree gab es wilde Partys und Lagerfeuer. Einen großen Brand nutzten Polizei und Eigentümer Artur Süßkind im September 2014 zur Räumung und Abzäunung der nur rund 12.000 Quadratmeter großen Brache.

Investor von Protesten verstört

2015 sollte das Bauen beginnen, aber hinter den Kulissen kamen die Verhandlungen nur langsam voran. Süßkind riss irgendwann der Geduldsfaden, und er entschloss sich, das längst verstaubte Projekt „Neue Spreespeicher“ nach einem Entwurf des Architekten Reinhard Müller aus dem Jahr 2001 zu reanimieren. „In den nächsten Tagen geht eine Webseite zu dem Projekt online“, erklärte ein Sprecher Süßkinds. Weitere Fragen wollte er nicht beantworten. Seit dem Abbruch der Verhandlungen mit dem Senat schweigt der Investor eisern.

Die harsche Kritik an seinen Bauplänen bei einer öffentlichen Präsentation hatte den Münchener nachhaltig verstört. Hans Panhoff hält sich mit Kritik an den neuen (alten) Plänen zurück. „Es ist kein Baumarkt, auch kein Lagerhaus.“ Man könne argumentieren, dass Arbeitsplätze immer noch besser seien als Luxuswohnungen.

Der ehemalige Bezirksbürgermeister Franz Schulz hatte die Speicher-Pläne damals nahezu euphorisch als „alternativlos“ und städtebaulich gelungen begrüßt. Schließlich ersetzten sie frühere Planungen für ein Einkaufszentrum, das massive Anwohnerproteste ausgelöst hatte.

Die „Neuen Spreespeicher“ heißen so, weil sie wie alte backsteinerne Speichergebäude aussehen, allerdings gibt es anstelle homogener Dachflächen die üblichen Staffelgeschosse. Zwei langgestreckte, 30 Meter hohe Gebäudeflügel öffnen sich keilförmig zur Spree hin.

Ob es Wohnungen geben wird, ist unklar

Die Bauten reichen bis an die Kaimauer, sind aber über Arkadengänge öffentlich passierbar. Eine breite Uferzone wie in der Cuvryhöfe-Planung wird es aber nicht geben. An der Schlesischen Straße sind ein Hotel und Restaurants geplant, dort sind beide Häuser über eine Glashalle verbunden.

Die Baugenehmigung umfasst auch eine Tiefgarage mit 163 Stellplätzen. 2001 waren 90 Millionen Euro für die Speicherbauten kalkuliert worden. Unklar ist, ob in der neuen Planung neben Büro- auch wieder Wohnlofts enthalten sind. Sie sollten in den drei Dachgeschossetagen entstehen, mit Blick auf die Spree.

Solche offenen Wohnetagen dürften auch jetzt noch heißbegehrt sein. Die Schlesische Straße ist eine gute Adresse für Start-up-Firmen und ihre kreative Belegschaft. Das Hotel war 2001 vor allem für die Universal-Musiker gedacht, der Konzern war gerade an den Osthafen gegenüber gezogen.

Wassertaxis sollten die Hotelgäste ans andere Ufer bringen. Doch dafür ist es jetzt wohl zu spät. Nach Angaben der Senatsbauverwaltung sind Wohnungen nach der alten Baugenehmigung nicht gestattet. Die Genehmigung aus dem Jahr 2002 ist offenbar mehrfach verlängert worden und laufe im November aus, sagte Sprecher Martin Pallgen.

Eine weitere Verlängerung werde man nicht genehmigen. Wenn das Bauvorhaben bis November „nachhaltig“ begonnen habe, gebe es für das Land keine Möglichkeiten mehr, das Projekt zu stoppen.

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