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Der Alterspräsident des neuen Abgeordnetenhauses, Kurt Wansner (CDU), eröffnet die Sitzung mit einem Augenzwinkern. Foto: Wolfgang Kumm/dpa

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Berlin hat ein neues Parlament: Abgeordnetenhaus trotz aller Pannen konstituiert

147 Abgeordnete zählt das neue Parlament. Sie gaben sich am Donnerstag ein neues Präsidium - und entlarvten alte Gräben.

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Dafür, dass die konstituierende Sitzung des Berliner Abgeordnetenhauses unter keinem guten Stern gestanden hatte, lief am Ende alles erstaunlich glatt.

Pünktlich um 10 Uhr eröffnete Alterspräsident Kurt Wansner (CDU) die Sitzung, knapp 1,5 Stunden später war Dennis Buchner (SPD) zum neuen Präsidenten des Parlaments gewählt. Es folgte die Wahl der beiden Stellvertreter:innen Cornelia Seibeld (CDU) und Bahar Haghanipour (Grüne) sowie der 15 Beisitzer:innen. Um kurz nach 13 Uhr war die Sitzung beendet.

Es hätte auch anders kommen können. Nachdem am Montag der Verfassungsgerichtshof des Landes einen Eilantrag auf Aussetzung der Sitzung bis zum Ergebnis der Wahlprüfung abgewiesen hatte, zog der Beschwerdeführer am Mittwoch vor das Bundesverfassungsgericht. Dem neu gewählten Landesparlament fehle wegen gravierender Mängel bei der Durchführung der Wahl die Legitimität, so die Argumentation des inzwischen ehemaligen Abgeordneten Marcel Luthe.

Und tatsächlich nahm am Donnerstag mit Gunnar Lindemann (AfD) ein Parlamentarier an der Sitzung teil, der sich seiner Wahl nicht hundertprozentig sicher sein kann. Lindemann hatte sich im Wahlkreis 1 seines Bezirks Marzahn-Hellersdorf mit 70 Stimmen Vorsprung vor Gordon Lemm (SPD) das Direktmandat gesichert. Laut einem Bericht des Bezirks-Wahlausschusses, der dem Tagesspiegel vorliegt, wurden in einem Wahllokal an 190 Wähler:innen die Wahlzettel für die Erststimmen nicht ausgeteilt.

Ein Verstoß mit „Mandatsrelevanz“, der eine Neuansetzung der Wahl zumindest der Erststimmen in diesem Wahlkreis zur Folge haben könnte, wie Innensenator Andreas Geisel (SPD) dem Tagesspiegel bestätigte. Die Entscheidung darüber fällt wiederum der Verfassungsgerichtshof, sollte Geisel Einspruch erheben. Die Prüfung läuft, Ergebnis offen.

Blumen für den neuen Parlamentspräsidenten: Dennis Buchner (SPD, Mitte) wird mit breiter Mehrheit gewählt. Foto: Wolfgang Kumm/dpa
Blumen für den neuen Parlamentspräsidenten: Dennis Buchner (SPD, Mitte) wird mit breiter Mehrheit gewählt. Foto: Wolfgang Kumm/dpa

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Wansner, der 1995 in das Parlament eingezogen war und als ältester Abgeordneter die Sitzung eröffnen durfte, ging darauf nicht ein. In seiner Rede erinnerte der 1947 geborene Berliner an die „unbeschreiblichen Grausamkeiten“, die der Zweite Weltkrieg gezeigt hatte, die Hungersnot danach habe seine Kindheit begleitet. „Der Zweite Weltkrieg war eben nicht der Vogelschiss in der Geschichte Deutschlands, sondern die größte Katastrophe in der Geschichte Deutschlands, Europas und der Welt“, sagte Wansner in Richtung AfD. Applaus.

Kurz darauf gaben 120 der 146 anwesenden Abgeordneten dem Präsidentschaftkandidaten Dennis Buchner ihre Ja-Stimme. 28 mehr, als die designierte Koalition aus SPD, Grünen und Linken auf sich vereint. Es ehre ihn, als Kind einer Arbeiterfamilie das Amt des Parlamentspräsidenten ausüben zu können, sagte der 44-Jährige. Buchner mahnte, dass sich Berlin um seine Verwaltung kümmern müsse. „Das Desaster vom Wahltag darf sich nie wiederholen.“

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Leider füge sich der Vorgang ein in das Bild: „Berlin kann es nicht.“ Das schade dem Ansehen der Stadt und frustriere zunehmend auch die Menschen, die hier leben. „Die Verwaltung dient den Menschen und nicht umgekehrt. Nehmen wir unsere Verantwortung wahr als Parlament.“

Die Wahl der restlichen 15 Präsidiumsmitglieder verlief ohne Höhepunkte. Als AfD-Kandidat Martin Trefzer zur Abstimmung stand, verließen mindestens acht Abgeordnete der Grünen und der Linken den Saal. Nur die AfD-Fraktion stimmte für Trefzer. Alle anderen enthielten sich; Elif Eralp und Ferat Koçak (Linke) stimmten mit Nein. 

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