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Ab sofort kümmert sich die Stiftung Berliner Mauer um die Pflege, Gestaltung und den Schutz der East Side Gallery.

© Soeren Stache/dpa

Berlin-Friedrichshain: So sieht die Zukunft der East Side Gallery aus

Die Stiftung Berliner Mauer will die East Side Gallery als Ort der Kunst, als "Symbol der Freude" inszenieren – ohne ihre Vorgeschichte zu vergessen.

Von Christian Hönicke

Lange hat es gedauert, nun hat Berlin die Zukunft der East Side Gallery gesichert. Ab sofort wird sich die „Stiftung Berliner Mauer“ (SBM) des größten erhaltenen Stücks der Mauer zwischen Ostbahnhof und Oberbaumbrücke annehmen. Sie trägt nun die Verantwortung für den Erhalt des Denkmals und die Pflege des Areals. Und will die East Side Gallery zum „historischen Erinnerungsort“ aufmöbeln, unter anderem durch eine Open-Air-Ausstellung und ein Besucherzentrum.

Vorausgegangen waren mehrjährige zähe Verhandlungen darüber, wer sich dieses Denkmals eigentlich annehmen solle. „Nun ist die Hängepartie beendet“, sagte Berlins Kultursenator Klaus Lederer (Linke) am Mittwoch an der Mauer. „Für mich ist das ein Tag der Freude.“ Besucher würden dadurch weiterhin einen Eindruck von der Zeit der Teilung und des Aufbruchs danach bekommen.

Künstlerischer Wettbewerb zur Gestaltung der Mauer

Das Grundstück ging offiziell am 1. November in das SBM-Fachvermögen über. Die politische Entscheidung sei aber bereits im Mai gefallen. Man bemühe sich derzeit darum, diesen Ort erst einmal zu verstehen, so Stiftungsdirektor Axel Klausmeier. Jedes Teil des 1,3 Kilometer langen Mauer werde dazu mit Vorder- und Rückseite einzeln dokumentiert, das Grundstück werde neu vermessen. Vom Bezirk habe man meterweise Akten bekommen, die gesichtet würden.

Im kommenden Jahr soll dann ein künstlerischer Wettbewerb zur Gestaltung des Mauerstreifens anlaufen. Das Ziel ist laut Klausmeier eine „zurückhaltende Open-Air-Ausstellung“. Sie soll bis 2022 entstehen, dafür erhält die Stiftung rund eine Million Euro aus PMO-Mitteln. Bisher gebe es zwar pro Jahr drei Millionen Besucher, „aber quasi keine touristische Infrastruktur. Aber wir müssen den Ort erklären. Viele wissen gar nicht, wo Osten und wo der Westen war.“ Die meisten Besucher kämen nur für ein Foto, oder um ein Stück herauszubrechen, sagte Kani Alavi, der Vorsitzende der Künstlerinitiative East Side Gallery e.V. „Das muss man verhindern, indem sie mehr lesen können.“

"Symbol der Freude"

Dabei soll „ausdrücklich keine zweite Bernauer Straße“ entstehen, bekräftigte Klausmeier. Dort würden die negativen Aspekte der Berliner Teilung im Fokus stehen. „Dieser Ort hier ist anders konstituiert, er hat einen einzigartigen Doppelcharakter.“  Die Stiftung will die East Side Gallery daher vor allem als „Symbol der Freude“ inszenieren. Neben der Vorgeschichte als Mauerort soll vor allem die folgende friedliche Überwindung der Teilung durch die mehr als hundert Künstlerinnen und Künstler in den Fokus gerückt werden, die die Mauer 1990 durch Aneignung bewahrt hätten. So soll besonders auf die Künstler und ihre Werke hingewiesen werden.

„Wir wollen den Ort nicht zusätzlich eventisieren, wir müssen aber Zeichen und Marken setzen“, sagte Klausmeier. Ihm schwebt etwa ein großformatiges Foto der alten Grenze vor. Im Frühjahr 2019 soll zudem eine „archäologische Ausgrabung“ durchgeführt werden. Man vermutet Reste eines DDR-Wachturms auf dem Gelände, die man in die Ausstellung einbeziehen will.

Es brauche auch mindestens einen Anlaufort, der auch im künstlerischen Entwurf auftauchen soll, „ob das jetzt Besucherzentrum heißen wird oder anders“. Als Ort dafür kämen der Mauerdurchbruch an der Mercedes-Benz-Arena oder auch der Eingang Richtung Ostbahnhof infrage. Als Vorstufe soll ab Frühjahr 2019 temporär ein Container als „Service-Point“ aufgestellt werden - auch als Ausgangspunkt für die Führungen, die die Stiftung seit Neuestem anbietet.

„Wir haben bereits drei Führungen konzipiert, die sich an unterschiedliche Gruppen richten, darunter auch an Kinder“, sagte Klausmeier. Im Frühjahr sollen zwei weitere Führungen hinzukommen. Die Stiftung will auch eine Smartphone-App für die Besucher und Audioguides für Spree-Schiffstouren der Stern und Kreis entwickeln. Zusätzlich werde es künftig kulturelle Veranstaltungen „in zurückhaltendem Maße“ geben, so Lederer.

Mauerteile sollen keinen Bauprojekten von Privatinvestoren mehr weichen

Die Stiftung solle sich neben der Bildungsarbeit auch darum kümmern, „dass das Areal nicht verkommt“ (Lederer). Die Wasserseite der Mauer solle gemäß Denkmalpflegeplan perspektivisch wieder geweißt werden - dort verewigen sich immer wieder zeitgenössische Sprayer. Alle 14 Tage soll die Mauer künftig von neuen Graffiti gereinigt werden, das neue Konzept sieht auch häufigere Müllreinigungen vor.

„Für die Pflege der Grünfläche an der Spree brauchen wir aber zusätzliche Mittel, wir sind mit Grün Berlin im Gespräch“, sagte Klausmeier. Für Mauerstücke, die sich auf Privatgrundstücken befinden, will die Stiftung „einvernehmliche Regelungen“ mit den Eigentümern zu Erhalt und Pflege treffen.

Kani Alavi begrüßte die Anstrengungen. Neben der Bedeutung der Künstler („Ohne unsere Bilder würde dieses größte zusammenhängende Mauerstück nicht mehr existieren“) wies er noch einmal ausdrücklich auf den schwierigen Weg hin. „Ich hoffe, dass Berlin aus der Vergangenheit gelernt hat. Und dass in Zukunft kein Milliardär wie Herr Anschutz mehr kommen und den Abriss von 200 Metern Mauer hinter unserem Rücken durchsetzen darf.“ Mehrfach wurden in den vergangenen Jahren Teile der Mauer wegen angrenzender Bauprojekte entfernt, unter anderem auf Betreiben des Eigentümers der Großarena. Alavi: „Wenn man ständig an der Mauer herumfummelt, wird die Geschichte verfälscht.“

Niemand habe mehr die Absicht, die Mauer einzureißen, versprach nun Klausmeier: „Wir können zu 100 Prozent für immer ausschließen, dass so etwas noch einmal passieren wird. Es gibt keine weiteren Bauvoranfragen oder Genehmigungen.“ Durch die Übertragung des Geländes an die Stiftung sei „ein mehrfacher Riegel davor“.

Mehr zu den Führungen unter eastsidegalleryberlin.de. 

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