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Das Sport- und Erholungszentrum SEZ wurde im Jahr 2003 für den symbolischen Preis von einem Euro an einen Investor verkauft.

© Jens Kalaene/dpa

Berlin-Friedrichshain: SEZ-Ruine: Wohnungsbau oder Fitnesshalle?

2003 wurde das ehemalige Spaßbad verkauft und verfällt seither zusehends. Die Stadt klagte auf Rückkauf und unterlag nun vor Gericht – vorerst.

Für das Sport- und Erholungszentrum – SEZ – an der Landsberger Allee in Friedrichshain könnte es doch noch eine Zukunft geben. Ein Abriss des Gebäudes wird derzeit weder von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung noch vom Eigentümer Rainer Löhnitz favorisiert. Stattdessen könnte der flache Betonbau aufgestockt werden, um Wohnungen zu bauen. Es gebe zudem das konkrete Interesse einer spanischen Fitnesskette, auf dem 4,5 Hektar großen Areal ein „SEZ 2.0“ zu errichten, sagte Löhnitz auf Anfrage.

Mit dem Urteil des Landgerichts zum SEZ am Mittwoch hat Löhnitz einen wichtigen Etappensieg errungen. Das Gericht wies die Klage des Berliner Liegenschaftsfonds auf Herausgabe des Grundstücks ab und erklärte, der landeseigene Fonds müsse gegen Zahlung von 978 000 Euro auf sein Wiederkaufsrecht verzichten. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Beide Parteien können dagegen in Berufung gehen. Löhnitz deutete an, mit der Zahlung nicht einverstanden zu sein. Ansonsten begrüßte er das Urteil.

Mit der Klage gegen Löhnitz wollte der Senat den Verkauf des SEZ für einen symbolischen Euro rückgängig machen. Nach 15 Jahren. 2003 hatte Löhnitz das marode und defizitäre SEZ übernommen – mit der Verpflichtung, die Sauna- und Sportanlagen zu sanieren und wieder in Betrieb zu nehmen, auch das „Hallenbad“. Das große Schwimmbecken im SEZ blieb aber für immer trocken.

Kaufvertrag war schwammig formuliert

Bezirkspolitiker monierten diesen Zustand, warfen Löhnitz Vertragsbruch vor, doch der Senat hielt jahrelang still. Bald wurde auch bekannt, warum: Der Kaufvertrag mit dem Senat war äußerst schwammig formuliert, der Begriff Hallenbad juristisch nahezu wertlos. Nach dem Verkauf wurde von den verantwortlichen Politikern ein neues Spaßbad in Aussicht gestellt, davon war im Vertrag nichts zu lesen. Dennoch reichte Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) im Herbst 2016 Klage ein, als Reaktion auf diverse Klagen von Löhnitz.

Parallel dazu hatte die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung das Projekt an sich gezogen und ein Bebauungsplanverfahren gestartet. Der B-Plan liegt im Entwurf vor und soll am kommenden Dienstag im Senat beschlossen worden, sagte eine Sprecherin. Danach können auf dem Gelände 500 bis 750 Wohnungen entstehen, eine Grundschule sowie Räume für Läden und Sportangebote. An der Landsberger Allee und an der Langenbeckstraße sollen Blockrandzeilen entstehen, teilweise auf heutigem Straßenland errichtet. Die Landsberger Allee würde also künftig schmaler ausfallen.

Senatsverwaltung will an 30-Prozent-Regel festhalten

Der Senat möchte, dass 30 Prozent der Neubau-Wohnungen gefördert, also als Sozialwohnungen errichtet werden, auch dagegen hatte sich Löhnitz juristisch zur Wehr gesetzt. Inzwischen ist im B-Plan von Sozialwohnungen und dem zugrunde liegenden „kooperativen Baulandmodell“ nicht mehr die Rede. Weil schon vorher auf dem Gelände Baurecht bestanden habe und der B-Plan keine intensivere Bebauung vorsieht, lasse sich das Baulandmodell nicht begründen, heißt es.

Dennoch will die Senatsverwaltung an der 30-Prozent-Regel festhalten, wobei unklar ist, ob das juristisch wasserdicht ist. Im B-Plan-Entwurf heißt es, für 30 Prozent der Geschossfläche in Wohngebäuden müssten die „Fördervoraussetzungen der sozialen Wohnraumförderung eingehalten werden“. Das heißt, die Wohnungen müssen vom Grundriss und der Ausstattung her als Sozialwohnungen geeignet sein. „Mit diesem B-Plan wird niemand ins Ziel kommen“, erklärte Löhnitz. Das Land müsse ihn als Eigentümer für die Baubeschränkungen in Millionenhöhe entschädigen. Auch für den geplanten Schulbau fehle eine stichhaltige Begründung.

Nach einer Schlichtung des Streits auf dem Verhandlungsweg sieht es also derzeit nicht aus. Löhnitz hatte sich zuvor auch schon mit dem Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg überworfen. Verschiedene Bauanträge hatte der Bezirk abgelehnt, weil sie den Abriss des 1981 als Prestigeprojekt der DDR errichteten SEZ vorsahen. Mit einer Veränderungssperre und einem Antrag auf Denkmalschutz versuchten die Bezirkspolitiker den Bau zu retten. Bis jetzt steht noch alles, allerdings verfällt das Gebäude an vielen Stellen. Große Teile des Geländes sind ungenutzt – ein Stillstand, den sich Berlin eigentlich nicht mehr leisten kann.

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