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Umstrittener Einsatz. Zeugen schildern, die Polizei sei zum Handlanger rassistischer Security-Mitarbeiter geworden.

© privat

Berlin-Charlottenburg: Rassismus-Vorwurf nach Abi-Feier

Bei einer Abiturfeier in Charlottenburg soll ein Gast von Sicherheitsdienst und Polizei rassistisch behandelt worden sein. Die Polizei schildert eine andere Version - und ermittelt gegen den Gast.

Eine Abiturfeier in der Orangerie des Schlosses Charlottenburg hat ein unerfreuliches Ende gefunden – und bei mehreren Anwesenden den Eindruck hinterlassen, dass es in der Berliner Polizei womöglich ein Rassismusproblem gebe.

Es war der 27. Juni, als der Abi-Jahrgang der internationalen Nelson-Mandela-Schule in der Orangerie feierte. Kurz vor Mitternacht verschwand ein alkoholisierter Gast in den Park, um sich an einem Baum zu erleichtern. Der von der Firma als Veranstalterin der Feier eingesetzte Sicherheitsdienst soll den Mann daraufhin zur Rede gestellt haben – aggressiv, drohend und offensichtlich mit dem Ziel, ihn zu demütigen, indem er sein Vergehen noch einmal selbst laut aussprechen sollte. So schildern es mehrere Eltern der Feiernden, die nach eigenen Angaben teilweise versuchten, die Situation zu beruhigen. Auf Bitten einer Mutter schrieben sie Gedächtnisprotokolle, die sich vor allem in einem Punkt ähneln: Das Verhalten der in Hooligan-Manier auftretenden Sicherheitsleute gegenüber dem dunkelhäutigen jungen Mann sei offensichtlich rassistisch motiviert gewesen.

Polizei soll den 20-Jährigen gefesselt und zu Boden gebracht haben

Mit der (falschen) Versprechung, den 20-Jährigen nach einer Entschuldigung im Foyer wieder auf die Feier zu lassen, hätten die Sicherheitsleute ihn nach draußen gelotst, wo die Polizei angerückt sei – mit 15 bis 20 Beamten, die den jungen Mann bäuchlings zu Boden gebracht und vorläufig festgenommen hätten. Ein Zeuge berichtet, dass ein Polizeihund mit Beißkorb den Gefesselten bewachte. Als der Mann sagte, er habe große Angst vor Hunden, habe die Hundeführerin dem Tier den Beißkorb abgenommen. Andere Beamte hätten Anwesende abgedrängt und ihnen verboten zu fotografieren.

So blieb bei mehreren der Eindruck zurück, die Berliner Polizei mache sich mit einem überzogenen Einsatz zum Handlanger des überforderten Sicherheitsdienstes – auf Kosten eines betrunkenen, aber nicht aggressiven Schwarzen. „Der Hinweis, dass man das (Urinieren – die Red.) doch bitte unterlassen solle, wäre die einzige richtige Reaktion der Security gewesen“, schreibt eine Zeugin, die ihren Glauben an den Rechtsstaat erschüttert sieht und ihre Darstellung ausdrücklich auch gegenüber der Polizei vertreten würde.

Polizei ermittelt nun unter anderem wegen Hausfriedensbruch

Das Präsidium schildert nach Rückfrage bei beteiligten Beamten eine andere Version: Die Einsatzzentrale habe gleich mehrere Anrufe wegen des Vorfalls erhalten. Es sei um ein vom Sicherheitsdienst verhängtes Hausverbot gegen einen „volljährigen, aggressiven Gast“ der Feier gegangen. „Ethnie, Phänotypus oder andere Merkmale“ seien „irrelevant, es sei denn, sie begründen die Tat“. Der Hund sei nach Aussage der beteiligten Beamten „mit aufgesetztem Beißkorb“ eingesetzt worden, und einige filmende und drängelnde Gäste seien zum Gehen aufgefordert worden, um „eine mögliche Befreiung des Tatverdächtigen durch Partygäste zu vermeiden und die stark emotionalisierte Situation zu beruhigen“.

Die Polizei ermittelt nun gegen den 20-Jährigen – wegen Hausfriedensbruchs, Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte und wegen Körperverletzung, da er sich gewehrt habe. Letzterem widersprechen Zeugen. Die Polizei betont, dass im Fall neuer Erkenntnisse auch weitere Ermittlungsverfahren denkbar seien. Zusätzlich hat sie, nachdem der Tagesspiegel sie mit den Zeugenaussagen konfrontiert hat, den „Sachverhalt hinsichtlich eines strafwürdigen Verhaltens der Dienstkräfte einem für Amtsdelikte zuständigen Fachkommissariat beim Landeskriminalamt zur Prüfung übersandt“. Damit nicht der Eindruck entsteht, die Polizei blocke einfach ab.

Die Firma, unter deren Sicherheitsdienst die Lage überhaupt eskaliert war, war auch auf vielfache Versuche während ihrer angeblichen Geschäftszeiten nicht erreichbar.

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