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Soundcheck. UdK-Professor Wolfgang Seifen testet die neuen Klänge.

© Mike Wolff

Berlin-Charlottenburg: Acht Subwoofer für die Gedächtniskirche

Neuer Sound: Die Orgel der Kirche am Breitscheidplatz hat Verstärkung bekommen – acht Subwoofer mit 2000 Watt Gesamtleistung.

An sich ist die Orgel der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche auf dem Charlottenburger Breitscheidplatz ein gutes Instrument, schließlich wurde sie 1962 bis 1963 von der renommierten Berliner Orgelbauwerkstatt Karl Schuke gefertigt. Nur bei den ganz tiefen Tönen schwächelte sie stets. Wenn Kirchenmusikdirektor Helmut Hoeft oder andere Organisten in die untersten Tasten der Klaviatur griffen, ertönte eher eine Art brummiges Knarzen statt eines satten, raumfüllenden Basses.

Das hat sich nun geändert – dank moderner Technik, kostenloser Unterstützung durch den Berliner Lautsprecherhersteller Teufel und monatelanger Feinarbeit mit vielen Tests.

Schon vor Jahren hatte Hoeft überlegt, wie sich der Klang verbessern ließe, und sich zunächst mit Experten der Orgelbaufirma Schuke beraten. Eine Möglichkeit wären zusätzliche Orgelpfeifen gewesen, die Töne bis hinab zu einer Frequenz von 16 Hertz erreichen.

Dafür hätte man aber eine ganze Reihe von Pfeifen mit einer Höhe von elf Metern und je 50 Zentimetern Durchmesser benötigt. Der Blick aus dem denkmalgeschützten Kirchensaal über die Orgelempore bis zu den Fenstern wäre weitgehend versperrt worden. Deshalb sprachen sich die Denkmalschutzämter dagegen aus.

Orgeln "im Schuhkartonformat"

Die neue Lösung funktioniert rein elektronisch. Christoph Klug, Projektleiter der Elektronikentwicklung bei der Firma Teufel, und Akustikingenieur Massimo Petriaggi installierten acht Subwoofer mit einer maximalen Gesamtleistung von fast 2000 Watt hinter der Orgel. Die Tieftöner verstärken aber nicht einfach den Klang. Vielmehr kommen die Bässe aus Soundmodulen des Berliner Spezialanbieters „Church & Sound“. Die Techniker sprechen scherzhaft von „Orgeln im Schuhkartonformat“.

Es handelt sich um aufgezeichnete Klänge (Samples) aus anderen Kirchenorgeln – was man aber nicht hört. An der genauen Abstimmung der Töne war Wolfgang Seifen, Professor für Improvisation und Liturgisches Orgelspiel an der Universität der Künste, beteiligt. Als „Titularorganist“ spielt er gelegentlich selbst in der Gedächtniskirche. Die UdK darf den Kirchensaal auch für eigene Veranstaltungen nutzen.

Kirchenschiff mit Bumms. Die neuen Subwoofer stehen auf der Empore.
Kirchenschiff mit Bumms. Die neuen Subwoofer stehen auf der Empore.

© Mike Wolff

Kirchenmusikdirektor Hoeft und Teufel-Techniker Klug waren bei einem Jazzfestival der Gemeinde ins Gespräch gekommen. Die Subwoofer-Spende und die vielen freiwilligen Arbeitsstunden der Soundexperten entsprechen einem Gesamtwert in Höhe eines fünfstelligen Betrags. Klug sieht darin nicht zuletzt eine „Nachbarschaftshilfe“ – schließlich war das Unternehmen vor ein paar Jahren ins nahe Bikini-Haus am Zoo gezogen. Außerdem will man mit der guten Tat werben. Soeben wurde im Kirchensaal ein „Making of“-Video gedreht, das innerhalb der kommenden zwei Wochen online auf dem Firmenblog und bei YouTube veröffentlicht werden soll.

Obertonlastiger Kirchensaal - das bemerkt selbst der Architekt

Der Kirchenmusik ist Klug auch auf andere Weise verbunden: Er hat seinen Hauptwohnsitz in Hildesheim und sitzt dort oft ehrenamtlich an der Orgel eines katholischen Gotteshauses. Etwa 10 000 Euro muss die Gemeinde der Gedächtniskirche selbst aufbringen. Dabei geht es um die Kosten der Soundmodule und der Erweiterung der Orgel um 16 auf 79 klingende Register.

Der 1961 eingeweihte neuere Kirchensaal sei „sehr obertonlastig“, sagen Hoeft und Seifen. Das habe sogar schon der Architekt Egon Eiermann überrascht bemerkt und es einst während der Eröffnungsfeier erwähnt. Den Fortschritt durch die Extra-Technik werden Kirchenbesucher wahrscheinlich kaum bemerken – es sei denn, sie verfügen über ein außergewöhnliches Klanggedächtnis und erinnern sich an den alten Sound. Zu Vorführzwecken kann die Elektronik übrigens jederzeit aus- und wieder eingeschaltet werden. Dann wird der Unterschied sofort klar hörbar.

Den vollen neuen Klang kann man unter anderem bald beim „14. Internationalen Orgelimprovisationsfestival“ in der Gedächtniskirche erleben. Wolfgang Seifen ist nicht nur der künstlerische Leiter, sondern spielt am Pfingstmontag, dem 21. Mai, ab 20 Uhr. An den folgenden drei Tagen zur gleichen Uhrzeit sind Organisten aus Frankreich, den Niederlanden und Österreich zu Gast. Der Eintritt kostet zehn (ermäßigt fünf) Euro oder 32 Euro für alle vier Konzerte.

Zusätzlich finden auf der Orgelempore vom 22. bis 24. Mai zwischen 10 und 12 Uhr drei kostenlose Workshops mit dem jeweiligen Interpreten des Konzerts statt (Infos: www.orgelimprovisationsfestival-berlin.de).

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