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Volker Staab gewann den Wettbewerb für die Erweiterung des Bauhaus-Archivs am Landwehrkanal.

© Simulation: Staab Architekten GmbH

Berlin-Charlottenburg: Bauhaus-Archiv zieht vorübergehend ins Haus Hardenberg

Der Hauptsitz des Bauhaus-Archivs wird saniert und um einen gläsernen Museumsturm erweitert. Einen temporären Standort gibt es im Haus Hardenberg.

Schon von Weitem sieht man die bunten Bauhaus-Hocker, Tabletts und Kaffeekannen im Schaufenster stehen. Mit einer kleinen Schau zur eigenen Entstehungsgeschichte eröffnet das Berliner Bauhaus-Archiv am Sonnabend einen temporären Standort im Haus Hardenberg in Charlottenburg.

Das Museum, dessen Hauptsitz am Landwehrkanal derzeit saniert und um einen gläsernen Museumsturm erweitert wird, hat in dem Baudenkmal der West-Berliner Nachkriegsmoderne einen Erdgeschossladen mit großen Fensterfronten gemietet. Es soll ein Schaufenster sein, eine Experimentierfläche für Ausstellungsformate und Veranstaltungen, die vor allem die Berliner dafür sensibilisieren soll, welch einzigartiges Museum sich da in ihrer Stadt gerade neu aufstellt.

Günstig gelegen ist der neue Raum obendrein. Ein Großteil der Sammlung sowie die Mitarbeiter des Museums sind während der Bauphase im benachbarten Schiller-Theater untergekommen. Zwar hätte man Erweiterungs- und Neubau für das Bauhaus-Archiv schon früher gebraucht: 2019 steht das große Jubiläumsjahr zu 100 Jahren Bauhaus an.

Sie haben noch viele Ideen. Kuratorin Esther Cleven (li.) und Direktorin Annemarie Jaeggi im Haus Hardenberg.
Sie haben noch viele Ideen. Kuratorin Esther Cleven (li.) und Direktorin Annemarie Jaeggi im Haus Hardenberg.

© Birgit Rieger

Doch nun ist Museumsdirektorin Annemarie Jaeggi überglücklich, dass die seit Jahrzehnten geforderte Erweiterung endlich Realität wird. „Alles läuft nach Plan“, sagt sie. Etwa im März 2019 wird die Bodenplatte für den Neubau gegossen, 2022 soll er fertig sein.

Passanten sollen hereinkommen

Bis es soweit ist, will die Institution im Haus Hardenberg in Kontakt mit dem Publikum kommen. Der quirlige Standort steht dem Museum bestens zu Gesicht. Das Haus Hardenberg, geplant von Paul Schwebes und Mitte der 1950er Jahre gebaut, ist zwischen Technischer Universität und Universität der Künste gelegen, es gibt jede Menge designinteressierte Passanten, Bibliotheksbesucher, Touristen. Sie schwirren vorbei und kommen dann, angelockt von den Bauhaus-Objekten im Shop, herein – so die Idee.

Ein bisschen mehr Konzentration braucht es anschließend, um die kleine Eröffnungsschau durchzuarbeiten, die auf der Empore gehängt ist. Aber es lohnt sich. Bauhaus-Kuratorin Esther Cleven hat aus den Archiven des Hauses Fotos, Briefe, Entwürfe und Dokumente geholt, die die Geschichte des 1960 als privater Verein gegründeten Bauhaus-Archivs aufzeigen.

Bilder von Bauhaus-Gründer Walter Gropius, Raumkonzepte, Brandbriefe und Ausstellungsplakate von ikonischen Bauhaus-Ausstellungen sind ganz unprätentiös mithilfe runder Klettverschlusspunkte an die Wände gepinnt. „In Ausstellungen bekommt man normalerweise die Interpretation solcher Dokumente präsentiert. Hier sieht man das Archivmaterial direkt und kann die Quellen selbst interpretieren“, sagt Esther Cleven.

Die Bauhaus-Idee ist heute wieder hochaktuell

Das Bauhaus, 1919 vom Architekten Walter Gropius in Weimar gegründet, dann nach Dessau und Berlin umgezogen, gilt als die innovativste Schule für Architektur, Design und Kunst weltweit. Das Disziplinen übergreifende Arbeiten und der Anspruch, Kunst zu machen, die die Gesellschaft gestaltet, sind heute wieder hochaktuell.

Die Geschichte des Berliner Bauhaus-Archivs beginnt, als Walter Gropius und der deutsche Kunsthistoriker Hans Maria Wingler sich 1955 bei der Eröffnung der Hochschule für Gestaltung in Ulm kennenlernen, eine Art Nachfolgeinstitution des 1933 von den Nationalsozialisten geschlossenen Bauhauses. In Gropius’ Rede, deren Original-Manuskript in der Ausstellung zu lesen ist, macht Gropius darauf aufmerksam, wie sehr das Bauhaus zur kulturellen und politischen Rehabilitierung Westdeutschlands beiträgt.

Die umfangreiche Sammlung des „Bauhaus-Archiv / Museum für Gestaltung“, wie das Haus heute umständlich heißt, geht zurück auf Hans Maria Winglers Initiative. Er trug ab 1960 Unterlagen und Objekte des Bauhauses aus aller Welt zusammen. Unterstützt wurde er dabei von Gropius. Dieser schrieb einen Brief an seine ehemaligen Bauhaus-Kollegen, die in aller Welt verstreut lebten, und bat sie, ihre Nachlässe in Winglers Sammlung zu geben. „Ich selbst mache den Anfang damit“, schreibt er. Und so geschah es. Gropius’ Nachlass wurde zum Grundstein des Archivs.

Ursprünglich war das von Wingler und Gropius initiierte Bauhaus-Archiv in Darmstadt auf der Mathildenhöhe angesiedelt. Weil das Material immer mehr anwuchs und auch immer mehr Ausstellungen organisiert wurden, sollte ein Museum gebaut werden. Gropius höchstpersönlich machte Entwürfe für ein Haus mit markanten Shed-Dächern.

Aber nicht Darmstadt, sondern Berlin erklärte sich schließlich bereit, die Institution zu übernehmen, ein passendes Grundstück zu finden und Geld aufzutreiben. Bis es soweit war, dauerte es allerdings noch. In Berlin bezog das Archiv zunächst ein Quartier in der Charlottenburger Schlossstraße, heute Standort des Bröhan-Museums. 1976 wurde der Grundstein für das neue Museumsgebäude gelegt, 1979 wurde der Neubau bezogen.

In den temporären Showroom will man nun regelmäßig Gäste einladen, Diskussionen, Veranstaltungen und Workshops anbieten. Gerade so wie damals am Bauhaus, als Lehrer und Schüler zusammenlebten, zusammenarbeiteten und diskutierten.

The temporary Bauhaus-Archiv / Museum für Gestaltung, Knesebeckstr. 1-2, Charlottenburg. Eröffnung Sa, 30. Juni, 11-18 Uhr, danach täglich außer So, 10-18 Uhr.

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