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uMit dem Lächeln des Ostens. Auch in China kam Heidi Hetzer gut klar.

© Privatarchiv Heidi Hetzer

Berlin-Bücher: Kein Weg zu weit, kein Jahr zu alt

Heidi Hetzers Buch zu ihrer Weltumrundung im Oldtimer ist Pflichtlektüre für alle, die Angst vor dem Alter haben

Auch mit 80 Jahren hat Heidi Hetzer diese mädchenhafte Ausstrahlung, die sich mischt aus dem erwartungsvollen Ausdruck in ihren Augen, einem unerschütterlichen Optimismus, einem unbegrenzten Talent zum Staunen und zu unbändiger Lebenslust. „Geht nicht, gibt’s nicht“ – dass sie diese Haltung auch den Chinesen attestiert, kann man nur als großes Kompliment für das Reich der Mitte werten. Und nun hat sie auch noch, mit Hilfe eines professionellen Co-Autors, der in der Lage war, die Lebendigkeit ihrer Sprache einzufangen, ein Buch geschrieben: „Ungebremst. Wie ich mit 77 Jahren die Freiheit suchte und einfach losfuhr“.
Wenn das kein Bestseller wird! Eigentlich gehört es nämlich auf jeden Gabentisch eines sich alt fühlenden Menschen, der unter der Last der Jahre ächzt. Der Spruch, das Alter sei nichts für Feiglinge, bekommt hier eine völlig neue Dimension. Wer nicht feige ist, wird wenigstens im Kopf nicht alt. Die große Freiheit begann für Heidi Hetzer, als sie endlich frei war von der Verantwortung fürs Familienunternehmen. Mit dem sieben Jahre älteren Oldtimer Hudo hat sie die Welt umrundet und war wie geplant rechtzeitig zu ihrem 80. Geburtstag wieder in Berlin. In der Zwischenzeit hat sie gebadet in der Schönheit der Welt, hat in Asien, Australien, Nord- und Südamerika und im südlichen Afrika immer wieder die erstaunlichsten Begegnungen gehabt. Viele sind ihr auf dem Blog gefolgt.
Zwar hat sie manche Gefahr glücklich überstanden, aber es ging keinesfalls alles reibungslos vonstatten. Nachdem Hudo sie durch 40 Länder getragen hatte und dabei 34 Mal in die Werkstatt musste – kleine Pannen am Wegesrand nicht mal einberechnet –, taufte sie ihre Weltreise kurzerhand um in „den internationalsten Werkstatttest, der je unternommen wurde“. Immer wieder tauchen diese Passagen voller typischer Berliner Selbstironie auf. Wie soll sie wildfremden Menschen erklären, dass eine „alte Schachtel“, wie sie sich manchmal selber nennt, mal eben so die Welt umrundet. Unterwegs hat sie ihre sowieso schon beträchtliche Kapazität an positivem Denken nochmal kräftig aufgestockt. „Wenn kein Hotel da ist, dann schlafe ich eben im Zelt, und sage: Das ist doch eh viel toller!“ Und in Sachen Improvisation kann ihr wohl kaum jemand noch was vormachen. Was tun, wenn irgendwo in Kasachstan das Auto liegenbleibt, und keiner versteht, was damit los ist? Klar, sie muss eine Schule finden, denn in Schulen gibt es Englischlehrer, und die können vielleicht dolmetschen.

Als sie bei der Reparatur ihres Hudo in den USA einen Finger verliert, bittet sie den Arzt, in den Gips eine Mulde so einzuformen, dass sie den Schaltknüppel gut greifen kann. Aus ihrer Trauer über die lädierte Hand macht sie keinen Hehl. Aber sie bleibt dabei nicht stehen. Und knapp vier Wochen nach einer weiteren Zwangspause wegen einer Krebsoperation sitzt sie im Flugzeug unterwegs zurück zu ihrem Hudo, der in Lima auf sie gewartet hat. Nichts hindert sie daran, ihr großes Abenteuer voll auszukosten. Am Anfang ist sie oft gefragt worden, ob sie keine Angst hätte. „Nein“, hat sie darauf immer gesagt. „Mit Angst kommst du nicht weit.“ Zwar musste sie damit rechnen, dass viel schief geht, und es ist ja auch manches schiefgegangen. Tatsächlich hat sie sogar auch mal Angst bekommen, als es richtig gefährlich wurde auf einem Campingplatz in Swasiland. Aber es ist trotz aller Fast-Verzweiflungsstellen ein ausgesprochen fröhliches Buch geworden. Am Ende möchte man einfach so losfahren. Sie selber wird es bald wieder tun.

Heidi Hetzer: Ungebremst leben. Wie ich mit 77 Jahren die Freiheit suchte und einfach losfuhr. Ludwig-Verlag. 368 Seiten, 32 Seiten Farbbildteil, 20 Euro
Buchpräsentation am 17. September, 19.30 Uhr, Hotel Mercure MOA, Stephanstraße 38-43 in Moabit, Eintritt 10 Euro

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