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Auch am Abend schön. Die Spree mit dem Fernsehturm.

© Christoph Söder/dpa

Berlin-Bücher: Berlin ohne Spree? Das täte weh

Carl-Peter Steinmann ist am Berliner Spreeufer entlangspaziert und hat unzählige Geschichten gesammelt

Ein Badeschiff in der Spree? Klar, seit 2004 gilt diese Attraktion am Treptower Ufer als Sinnbild für die moderne, kreative Hauptstadt. Der zum schwimmenden Pool umgebaute einstige Schubkahn an der „Arena“ gehört weltweit zu den außergewöhnlichsten Schwimmbädern - aber so neu ist die Idee gar nicht: Schon ab 1803 lag in der Spree vor der heutigen Museumsinsel ein Badeschiff. Es war ein Haus auf einem Floß.

Das Gebäude auf der schaukelnden Vergnügungsstätte hatte keinen Boden, sodass die Gäste im Haus direkt in die Spree springen konnten. Nicht ohne Risiko. „Stark besucht, neigte sich das Schiff bedenklich zur Seite“, schreibt Carl-Peter Steinmann in seinem Buch „Im Fluss der Zeit“.

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In bester Berliner Flaneurtradition erzählt der passionierte Stadtführer und Berlin-Historiker kuriose, spannende, oftmals überraschende Geschichten rechts und links der Spree - von gestern bis heute. Natürlich gehören auch die Flussbadeanstalten dazu. Sein Buch, das 2004 erstmals herauskam, aber jetzt aktualisiert, erweitert und neu aufgelegt wurde, ist Steinmanns Liebeserklärung an die Spree, die sich auf 47 Kilometern von Rahnsdorf bis zur Spandauer Mündung in die Havel gemächlich durch die Stadt schlängelt. Der Autor ist die gesamte Strecke entlangspaziert, hat mit Leidenschaft Begebenheiten gesammelt und schildert diese locker plaudernd. Egal, auf welcher Etappe man ihn als Leser begleitet - wie an einer Perlschnur reihen sich spreeabwärts die Geschichten von Orten, Häusern, Brücken, Inseln und Menschen aneinander.

Carl-Peter Steinmann: Im Fluss der Zeit. Geheimnisse links und rechts der Spree. Transit-Verlag, Berlin. 168 Seiten, 65 Abbildungen, 18 Euro.
Carl-Peter Steinmann: Im Fluss der Zeit. Geheimnisse links und rechts der Spree. Transit-Verlag, Berlin. 168 Seiten, 65 Abbildungen, 18 Euro.

© Promo

Wie entstand „Klein-Venedig“ an der Müggelspree? Warum erinnert ein Gedenkstein an die Rahnsdorfer Fischer Karl Lupe und August Herrmann? Sie zogen nicht nur Fische, sondern auch viele Ertrinkende aus dem Müggelsee. Wie kam der Plänterwald zu seinem Namen? „Pläntern“ bedeutet das Auslichten und Verjüngen von Wäldern. Erzählt werden die Abenteuer der tollkühnen Männer in ihren fliegenden Kisten am Flugplatz Johannisthal, Geschichten von der „Knüppelbahn“ zwischen Stralau und Treptow oder des ersten Drehstromkraftwerks der Welt in Schöneweide. Hüben und drüben geht's weiter: Osthafen, die wärmsten Bänke Berlins am Heizkraftwerk Mitte, Jungfernbrücke und Luisenstädtischer Kanal oder das 2019 eröffnete „Futurium“, das Haus der Zukunft im Spreebogen. Kaum vorstellbar, dass am Humboldthafen einst Wein angebaut wurde. Auch die frühere Bolle-Meierei in Moabit und der Ort des abgerissenen Ruhlebener „Auswanderer-Bahnhofs“ werden besucht. Bis 1914 trafen hier tausende Emigranten aus Russland ein.

Zu guter Letzt outet sich Carl-Peter Steinmann noch einmal als wahrer Fan des Flusses durch Berlin: „An deren Mündung ist die Havel schmaler und weniger wasserreich als die Spree“, schreibt er. „Eigentlich könnte von hier an die Havel auch Spree heißen!“

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