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Dietmar Woidke (links, SPD) und Michael Müller (rechts, SPD) vor der gemeinsamen Kabinettssitzung.

© Bernd Settnik/dpa

Berlin-Brandenburger Kabinettssitzung: Neun Millionen Euro für Pendler

Mehr Sitzplätze durch mehr Doppelstockwagen: Bei einer gemeinsamen Kabinettssitzung einigen sich Berlin und Brandenburg auf neun Millionen Euro jährlich gegen den Frust der Pendler.

Ehe man tagt, wird erst einmal getafelt, und zwar königlich. Im Schloss Hardenberg, wo die Landesregierungen Berlins und Brandenburgs mal wieder gemeinsam tagen, wird den Gästen an diesem Dienstag erst einmal Wildschein oder Saibling serviert, je nach Gusto. Es mundet. Kein Wunder, dass auch Michael Müller und Dietmar Woidke, die beiden SPD-Regierungschefs bester Dinge sind. Zumal Tegel oder die leidigen BER-Finanzen diesmal nicht auf der Tagesordnung stehen, und die Brandenburger dem Senat auch nicht den neuesten Werbeclip der Einfach-Kampagne für die Mark vorgeführt haben, in dem Berlin im düsteren Schwarz-Weiß als Moloch gezeigt wird.

So höflich ist der Märker schon. Kennen Sie den Berlin-Bashing-Clip eigentlich, Herr Müller? „Er hat mir davon erzählt!“, sagt der Regierende, als er mit Woidke über den Schlosshof flaniert, mit einer Miene, die wohl aussagen soll, dass man als Berliner sowieso über solchen Provinzverrenkungen steht. Wer's nötig hat…

Bahnchef Richard Lutz und Infrastrukturvorstand Roland Pofalla sind auch da

In der Sache ist, als sich die beiden Kabinette dann ab 13 Uhr zur Beratung zurückziehen, Ernsthaftes, ja Bedeutsames zu bereden. Vor allem für zehntausende Pendler, die jeden Tag an übervollen Zügen in der Hauptstadtregion leiden. „Verbesserung Schienenverkehr“ lautet nämlich gleich der erste Tagesordnungspunkt. Es ist der wichtigste dieser Sitzung. Gut eineinhalb Stunden der für zweieinhalb Stunden angesetzten Tagung der Kabinette sind dafür reserviert, und es sind Gäste dabei, Bahnchef Richard Lutz und dem Bahn-Infrastrukturvorstand Roland Pofalla. Die Staatskanzleien und die Fachressorts haben ihre Hausarbeiten gemacht.

So ist vorher klar, dass die beiden Regierungen den abgestimmte Beschlussvorschlag absegnen werden. Für viele Pendler ist das eine gute Nachricht, die später auf einer Pressekonferenz verkündet werden soll: Denn es soll damit kurzfristige Verbesserungen geben. „Die Länder Berlin und Brandenburg werden im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel insgesamt bis 2022 zusätzlich jährlich bis zu neun Millionen Euro für Mehrleistungen für den Regionalverkehr auf der Schiene in der Hauptstadtregion bereitstellen“, heißt es in der Vorlage, die dem Tagesspiegel vorliegt.

Die Pendler sind frustriert, die Regierungen unter Druck

Beide Regierungen stehen wegen des Pendlerfrustes schon länger unter Druck. Mit den neun Millionen Euro jährlich sollen konkrete Zusatzleistungen und Angebote finanziert werden, die der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) auf Wunsch der Politik mit den Eisenbahnunternehmen DB Region, NEB und ODEG in bestehende langfristige Verträge nachverhandelt hat, um auf die wachsenden Pendlerströme auch kurzfristig zu reagieren. Da geht es konkret um mehr Sitzplätze durch zusätzliche Doppelstockwagen, die ab Frühjahr 2019 zwischen Berlin, Falkensee und Nauen (RB 10) eingesetzt werden, oder auch von Berlin nach Wünsdorf (RE7) und nach Belzig.

Schon ab April 2018 sollen zwischen Berlin-Jungfernheide, Spandau und Wustermark durch Doppelstockwagen weniger strapaziös werden. Weitere Verbesserungen sind nach den Kabinettsunterlagen auch auf den Strecken von Cottbus, Nauen, Oranienburg und Ostbrandenburg nach Berlin geplant.

Eine bessere Infrastruktur soll folgen

Zugleich setzen Berlin und Brandenburg auf eine strategische Allianz, um gemeinsam bei der Bundesregierung mehr für eine bessere Schienenanbindung der Hauptstadtregion herauszuholen, etwa beim Infrastrukturausbau über das Jahr 2030 hinaus (Projekt 2030i). Und einig sind sich beide Seiten, wie es in der Beschlussvorlage steht, dass die bislang eingleisige Strecke zwischen Berlin und der Metropole Stettin durchgängig zweigleisig werden muss, was bislang nur bis Angermünde gesichert ist. „Berlin und Brandenburg sind sich einig, dass der Ausbau des Abschnitts Angermünde-Stettin ebenfalls zweigleisig und elektrifiziert erfolgen soll“, heißt es dazu. Es ist eine Forderung an den Bund und die Deutsche Bahn AG, wofür eine Zusage gemacht wird. Berlin und Brandenburg sind demnach „bereit, hierfür auch eigene Finanzmittel einzusetzen.“

Beim Thema Wohnen gibt es weniger Überschneidungen

Weniger konkret sind die Vereinbarungen des zweiten Tagesordnungspunktes: „Zusammenarbeit bei der Schaffung von Wohnraum.“ Dort hatten im Vorfeld drei Berliner Baustadträte eine engere Kooperation beider Länder gefordert. Allerdings hat Brandenburg, das auf Berliner Stadtflüchtlinge setzt, kein Interesse an einer Begrenzung des Wohnungsbaus im Land. Den guten Vorsatz einer engeren Kooperation gibt es trotzdem, wie es in dem Beschlusstext heißt: „Deswegen streben Berlin und Brandenburg an, die Abstimmung zu Fragen des Wohnungsneubaus sowohl auf Ebene der Bundesländer als auch kleinräumig zu intensivieren.“ Und die nächste Sitzung beider Regierungen kommt bestimmt. Die letzten drei waren alle in Brandenburg. Wahrscheinlich zieht es selbst den Senat mal raus aus dem Moloch der Großstadt.

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