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Tegel müsste schneller schließen als gedacht.

© dpa

BER und Tegel: Flugrouten lassen keinen parallelen Betrieb zu

Mit dem Start am BER wird der Flughafen Tegel sofort ausrangiert. Ein längerer Umzug nach Schönefeld ist gar nicht möglich – wegen der Flugrouten.

Sein Vorgänger Hartmut Mehdorn hatte noch provokativ gefragt, ob man den Flughafen Tegel wirklich schließen muss. Für Karsten Mühlenfeld, der seit 2015 die Geschäfte der staatlichen Flughafengesellschaft Berlin-Brandenburg (FBB) führt, ist dieses Kapitel aber abgehakt. Es war erst vor wenigen Tagen wieder, nach einer Tagung der Fluglärmkommission in Schönefeld, als Mühlenfeld danach gefragt wurde. Anlass war der Einzug der FDP ins Berliner Abgeordnetenhaus – die Partei war mit der Forderung angetreten, Tegel doch offenzulassen. „Für mich ist wichtig, dass der gesamte zivile Luftverkehr in Berlin an einem Standort zusammengezogen wird. Da brauche ich diese Initiative nicht", antwortete Mühlenfeld lapidar. Dies sei auch nötig, um attraktiver für Interkontinentalverbindungen zu werden, mit kurzen Umsteigezeiten, woran es in Berlin noch mangelt.

Dazu passt, dass der Flugbetrieb im altgedienten Berliner Airport Tegel, wo dieses Jahr rund 22 Millionen Passagiere abgefertigt werden, mit dem BER-Start weit schneller eingestellt werden soll. Und das muss auch geschehen, wie jetzt erst durch Tagesspiegel-Recherchen bekannt wird. Der Planfeststellungsbeschluss legt fest, dass der Flughafen Tegel eigentlich erst sechs Monate nach Inbetriebnahme der neuen, extra für den BER errichteten Südbahn geschlossen werden müsste, der künftig zweiten Start- und Landebahn in Schönefeld. Doch so viel Zeit wird der Flughafen gar nicht haben. Es muss schneller Schluss sein in Tegel, nämlich sofort nach BER-Start.

Luftraumstruktur wird eine komplett andere sein

Denn es gibt keine genehmigten Flugrouten, die einen parallelen Betrieb des neuen BER und des Flughafens Tegel zulassen würden, und zwar auch nicht vorübergehend. Das bestätigten das Bundesamt für Flugsicherung (BAMF) und Gerd Steintjes, der Chef der Fluglärmkommission, dem Tagesspiegel. „Die jetzigen Flugverfahren für Tegel sind nicht kompatibel mit den Flugrouten des künftigen BER“, sagte BAMF-Sprecherin Kerstin Weber. Wenn der BER eröffne, werde „die Luftraumstruktur eine komplett andere sein“. Zwar könne der Flughafen neue Flugrouten beantragen, aber das koste Zeit.

Es ist ein aufwendiges Verfahren, zu jeder Flugroute muss auch die Fluglärmkommission ihr Votum abgeben, in der die Anrainerkommunen und die angrenzenden Berliner Stadtbezirke vertreten sind. Und deren Chef Gerd Steintjes sagt: „Bislang war das in der Kommission kein Thema. Die Flugrouten für den BER und die heutigen für Tegel kollidieren miteinander. In dem Moment, wo die südliche BER-Startbahn in Betrieb geht, muss der Flugverkehr in Tegel eingestellt werden.“

Aktuell ist der Himmel über Berlin für den Luftverkehr genau aufgeteilt – auf die zwei Flughäfen. Es gibt damit doppelte, aufeinander abgestimmte und genehmigte Flugrouten für Tegel und für den alten Schönefelder Airport mit dem Kürzel SXF. Und es gibt für den künftigen Airport genehmigte Flugrouten der Deutschen Flugsicherung für den künftigen BER. Deren Korridore sehen keine Start- und Landeflüge eines weiteren Airports in der Nähe vor. Gegen diese 2011 bekannt gewordenen und 2012 vom Bundesamt für Flugsicherung genehmigten Flugrouten hatte es massive Bevölkerungsproteste gegeben, da sie von den ursprünglichen Flugrouten abwichen, die im Planfeststellungsverfahren kommuniziert worden waren. Und es gab danach Klagen – etwa gegen die Wannsee-Route und gegen die Müggelsee-Route. Einige laufen noch.

Vor vier Jahren, als im Mai 2012 die für den 3.Juni geplante BER-Eröffnung abgesagt wurde, war von vornherein kein Parallelbetrieb von BER und Schönefeld vorgesehen, auch nicht übergangsweise. Alles war darauf ausgerichtet, dass in einer einzigen Nacht, vom 2. zum 3. Juni 2012, der komplette Flugbetrieb von Tegel zum BER – und auch der vom alten Airport Schönefeld – verlagert werden sollte.

Flugverkehr soll innerhalb von vier Wochen verlagert werden

Zwar wurde bereits voriges Jahr, als die aus DDR-Zeiten stammende Nordbahn in Schönefeld saniert wurde, für ein paar Monate von der Südbahn geflogen. Die wurde extra von 4000 Meter Länge auf 3600 Meter verkürzt, damit die BER-Inbetriebnahme – und damit die Schließung von Tegel – nicht ausgelöst wird. Auch im nächsten Sommer soll dies noch einmal geschehen. Doch in dieser Zeit fliegen die Piloten auf den Flugkorridoren des alten Schönefelder Airports, nicht auf denen für den BER.

Und die Eröffnungsplanungen? Die Flughafengesellschaft hält bislang weiter daran fest, den neuen Airport bis Ende November 2017 zu eröffnen, obwohl es wegen der Brandschutz- und Genehmigungsprobleme zum Terminplan bereits massive Rückstände gibt und auch die Sanierung des Terminals – Ist-Stand: 73 Prozent, Soll: 99 Prozent – deutlich hinterherhinkt. So sollte die vorletzte Baugenehmigung (5. Nachtrag), die jetzt für Anfang Oktober erwartet wird, erst im Herbst 2015, dann im Mai 2016, dann in diesem August vorliegen.Noch im Juli hieß es im Aufsichtsrat, dass der August eine Prämisse sei, um 2017 noch zu schaffen.

Flughafenchef Karsten Mühlenfeld sieht auch gar kein Problem darin, dass es keine genehmigten Flugrouten selbst für einen vorübergehenden Parallelbetrieb von BER und Tegel gibt. „Wir brauchen sie auch nicht.“ Wenn es erforderlich wäre, sei noch Zeit, diese zu organisieren. Aber das ist bisher gar nicht vorgesehen. Die bisherigen Eröffnungsplanungen sehen demnach vor, dass der Flugverkehr von Tegel ab Mitte Oktober 2016 innerhalb von vier Wochen nach Schönefeld verlagert werden soll, und zwar in zwei Abschnitten. Wie das mit den Flugrouten zusammenpasst?

Die ersten von Tegel nach Schönefeld verlagerten Flüge sollen noch von der alten Nordbahn starten und landen, und damit auch nach den heutigen Flugrouten. Im zweiten Rutsch, „wenn alles drüben ist“, wie Mühlenfeld sagt, wird dann die Südbahn in Betrieb genommen. Und dann hätte Tegel, zumindest für den Passagierverkehr, endgültig ausgedient.

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