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Rückstandsfrei. Die „Pooh Bag“ (oder Pferdewindel) an den Hinterbeinen der Pferde fängt die Äpfel auf.

© Doris Spiekermann-Klaas

Beginn der Kutsch-Saison: Pferde-Äpfel in den Sack

Mit dem Frühling hat die Kutschsaison begonnen – inklusive Haufen auf der Straße und Streit um die Pferdewindel. Der Bezirk will sie zur Pflicht machen. Wir haben die Kutscher gefragt, was sie von der Vorrichtung halten - und wie ihre Pferde damit zurechtkommen.

Bettina und Klara sind gut erzogen, reinlich und diszipliniert. Nie würde es ihnen in den Sinn kommen, vor dem Adlon ihre Notdurft zu erledigen. „Die äppeln erst Unter den Linden“, sagt ihre Besitzerin Michaela Ritter. „Das habe ich denen so anerzogen.“ In den 30 Minuten Kutschfahrt vom Brandenburger Tor bis zum Gendarmenmarkt hebt lediglich Klara einmal den Schweif, um einen üppigen Schwall aufs Pflaster plätschern zu lassen. Etwa zehn Mal am Tag lassen sie allerdings auch was Festes fallen – zum Unmut von Passanten.

Kutscherin Michaela Ritter findet das aber nicht weiter problematisch. „Das kann die BSR wegmachen“, findet sie. Ihrer Meinung nach sollten lieber die Haltungsbedingungen und der Umgang mit den Kutschpferden überprüft werden. Sie ist felsenfest überzeugt, dass niemand sie zwingen kann, die Pferdeäpfel wegzuräumen. „Auch wenn das Ordnungsamt immer mal wieder der Meinung ist, dass es hier rumwettern müsste.“

Ganz so einfach ist es nicht: Tatsächlich müssen nicht nur Hundebesitzer die Hinterlassenschaften ihrer Tiere wegräumen. Wer eine „vermeidbare Verschmutzung“ verursacht, muss sie laut Berliner Straßenreinigungsgesetz „unverzüglich beseitigen“. Das Gesetz erwähnt konkret zwar nur die Hundehaufen. Doch der Bezirk Mitte versucht seit langem, Druck auf den Senat auszuüben, damit dieser etwas gegen die wesentlich umfangreicheren Haufen der Kutschpferde unternimmt. Bisher gab es aber nur Bußgelder. Ginge es nach dem Bezirk, würden die Pferdeäpfel erst gar nicht auf dem Boden landen. Mit der verpflichtenden Einführung von sogenannten „Pooh Bags“, im Volksmund auch „Pferdewindel“ genannt, wäre das Problem beseitigt.

In dem Spalier von Kutschen, das sich am Sonntag vor dem Brandenburger Tor präsentiert, gibt es auch einige gewindelte Pferde. Wobei die Vorrichtung wenig mit eng gewickelten, watteweichen Synthetikfasern zu tun hat. Vielmehr hängen dicke Plastikplanen zwischen Pferdehinterteil und Kutschbock. Die Äpfel kullern so ganz sanft in eine Auffangtasche, die auch bei flottem Trab verhindert, dass der ganze Mist auf dem Berliner Asphalt landet.

„Im Großen und Ganzen erspart es mir Arbeit“, sagt Kutscher Matthias Dümecke. Früher musste er bei jedem Äppeln abspringen und den Haufen von der Straße fegen. Seitdem sein Fuhrbetrieb die Kotbeutel für alle Kutschen angeschafft hat, fährt er jedoch stressfreier. Rund 40 Euro kostet ein Beutel – langfristig sind Geldstrafen aber teurer. „Das ist doch ganz einfach: Abends ausleeren, ausspülen, fertig.“ Doch nicht alle Pferde mochten das baumelnde Ding an ihren Knöcheln, gibt der Kutscher zu. „Aber das ist wie mit kleinen Kindern: Man muss sie dran gewöhnen, dann geht es auch.“

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