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Abschied von Dorothea: Dafür haben viele Menschen zusammengeholfen.

© Maria-Mercedes Hering

Beerdigung des Babys Dorothea: Condition humaine

Das neugeborene Baby, das kürzlich tot aufgefunden wurde, erhielt am Montag eine würdige Bestattung. Viele Menschen nahmen Anteil. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Bernhard Schulz

Das Baby, das vor zwei Wochen am Anhalter Bahnhof im Gebüsch entdeckt wurde, wurde bereits tot geboren. In die Erleichterung, dass sein Tod von niemandem verschuldet wurde, mischt sich das Erschrecken, dass es auch heute, ungeachtet aller Betreuungsangebote, einer werdenden Mutter unmöglich schien, ihr Kind mit dem gebotenen Beistand zu gebären. Nun wurde das namenlose, dann doch mit einem Namen versehene Baby beerdigt, in aller Würde, die unserer Kultur dafür zu Gebote steht. Viele haben Anteil genommen, weit mehr sind betroffen. Der Tod eines Kindes, das das sprichwörtliche Licht der Welt gar nicht erst erblicken konnte, rührt an unsere ureigensten Ängste als Menschen. Der Tod, den zu verdrängen unserer Gesellschaft nachgesagt wird, tritt im Schicksal dieses Babys in aller Schmerzlichkeit vor Augen. Der Anteil, den so viele am Schicksal eines fremden, unbekannten Kindes nehmen, kommt, über die besonderen Umstände des Falles hinaus, aus der Tiefe unserer Bestimmtheit als Menschen, die wir sterblich sind und dieser Tatsache am Fall des toten Babys inne werden. Zugleich ist die Anteilnahme ein Zeichen, dass wir nicht allein sind. Denn wenn wir etwas gemein haben, dann eben diese Bestimmung, sterblich zu sein - und des Trostes zu bedürfen.

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