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Weiß alles, kennt alles und hat nie etwas abgeschrieben - Buschkowsky beteuert, keine Zuarbeit gebraucht zu haben.

© dpa

Beamte als Buchautoren: Der andere Buschkowsky

In seinem neuen Buch "Die andere Gesellschaft" dankt Neuköllns Bezirkschef seinen Helfern, in seinem ersten verschwieg er sie noch. Warum, bleibt unklar. Aus Angst vor Disziplinarverfahren verweigern sie Auskünfte zu ihren Jobs.

„Der letzte Absatz eines Buches gehört immer der Danksagung“, schreibt Neuköllns Bürgermeister Heinz Buschkowsky im letzten Kapitel seines neuen Buchs „Die andere Gesellschaft“. In seinem ersten Werk „Neukölln ist überall“ fehlte eine solche Einsicht noch, ebenso die Geste selbst. Möglich, dass dies etwas mit den Umständen der Entstehung zu tun hat. Weite Teile des privat und auf eigene Rechnung verfassten Bestsellers wurden damals im Bezirksamt geschrieben.

Buschkowsky beschäftigte dort eine Handvoll Zuarbeiter, angeblich in Nebenjobs, die drei von ihnen allerdings erst offiziell meldeten, als die Arbeit längst beendet war und sich der Tagesspiegel danach erkundigte. Außerdem wurden auch dienstlich Mitarbeiter angehalten, dem Autor Material zu liefern. Für die private Büronutzung zahlte der beamtete Bürgermeister und Erfolgsautor nur ein paar hundert Euro, eine Summe, die weit entfernt von einem vorschriftsmäßigen „angemessenen Entgelt“ sein dürfte.

Die Mitarbeiter verweigern Auskünfte

Statt die Vorgänge aufzuklären, schalteten Buschkowsky und sein Amt auf stur. Von den Unregelmäßigkeiten erfuhr die Öffentlichkeit nur dank der Berliner Verwaltungsgerichte, die das Bezirksamt wiederholt zur Auskunft verpflichteten. Nach einem letzten Durchgang wird nun unklar bleiben, ob die Helfer wirklich nur in ihrer Freizeit tätig wurden: Sie verweigern jeder für sich unter Hinweis auf drohende Disziplinarverfahren entsprechende Auskünfte. Auch Heinz Buschkowsky kann nun „nicht ausschließen, zum Gegenstand dienstrechtlicher Ermittlungen zu werden“, wie er über seinen Anwalt mitteilen lässt. Er hätte unter anderem erklären sollen, ob er es war, der seine Mitarbeiter gedrängt hat, ihre Nebenjobs nachträglich zu legalisieren. Im Übrigen erinnere er sich an solche „Details“ nicht mehr.

Zu befürchten hätte allerdings niemand etwas von niemandem. Buschkowskys Helfer nicht vom Bezirksamt, und auch Buschkowsky nicht von seinem Dienstherrn und Parteifreund, dem Regierenden Bürgermeister. Klaus Wowereits Senatskanzlei hat mittlerweile, ebenfalls erst nach einem Gerichtsbeschluss, darlegen müssen, wie sie den Fall disziplinarisch untersucht hat. Ergebnis: Fast gar nicht. Die Angaben des Bezirkschefs würden durch das Bezirksamt bestätigt und seien „auch im Übrigen glaubhaft“, hieß es. Buschkowskys Helfer hätten nicht befragt werden können. Sie seien „der Senatskanzlei nicht bekannt“. Auf die Idee, ihn mal zu fragen, kam man nicht.

Der Chef brauche weder Hilfe noch Vorlagen, sagt das Amt

Bei so viel kollegialer Rücksichtnahme unterblieb auch ein kritischer Blick auf die behördlich erbetene Zuarbeit für das Buch. Buschkowsky will davon nie etwas verwendet, sein Vize Falko Liecke, der die Jobs in Auftrag gab, nie etwas weitergereicht haben. Aussagen, an denen man zweifeln darf, nachdem das Bezirksamt, gerichtlich verfügt, die entsprechenden Unterlagen herausgegeben hat. So schilderte ein anonymer Bezirksmitarbeiter Zielsetzungen einer Neuköllner Jugendhilfestelle, die sich zum Teil wortgleich im Buch wiederfinden.

Wo in der Vorlage beispielsweise von „Schnittstellenberatung“ die Rede ist, wird bei Buschkowsky nach einer identischen Aufzählung eine Einrichtung, die „Honig aus ihren Schnittstellen“ ziehe. Nach übereinstimmenden Zahlen und Prozentangaben stellt die Vorlage einen hohen, in Anführungsstriche gesetzten „Gebrauchswert“ fest, während Buschkowsky ebenfalls von einem beachtlichen „Gebrauchswert“ überzeugt ist, inklusive Zeichensetzung. Der Chef habe alles selbst gewusst und selbst geschrieben, er kenne alles und brauche dafür weder Hilfe noch Vorlagen, heißt es gewohnt treu aus dem Amt.

Bei Entstehung des neuen Buchs dürfte Heinz Buschkowsky auf das Reglement besser geachtet haben. Ein Indiz ist der Dank an seine Assistentin im Bürgermeisterbüro. Etwas umständlich und ohne ihren Hauptjob zu erwähnen schreibt er, ihre Nächte seien kurz gewesen und gehörten nun wieder dem Schlaf. Damit es jeder kapiert: Sie hat nicht im Dienst, sondern im Feierabend für das Buch gerackert.

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