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Weil die U7 nicht fährt, müssen Pendler und Fahrgäste jetzt mit Ersatzbussen vorliebnehmen.

© Kitty Kleist-Heinrich

Bauarbeiten bei Berliner U-Bahn und S-Bahn: Das Ersatzverkehrs-Chaos mit Ansage

Die wochenlangen Arbeiten an U7 und S-Bahn verursachen lange Wartezeiten. Für die Verkehrsbetriebe war das abzusehen. Warum wurde es nicht verhindert?

Von Markus Lücker

Das Elend lässt sich schon aus der Ferne erkennen. Die digitale Anzeige, die eigentlich die Ankunft des M41 Busses ankündigten sollte, hat längst aufgegeben und blinkt jetzt nur noch ohne weitere Angaben. Bei Wind und Schnee haben die rund dreißig Wartenden sich entweder dem isolierten Bibbern hingegeben oder sind erste soziale Bindungen eingegangen. Eine Rentnerin mit plüschiger Bommelmütze und ein Zopfträger mit kamelfarbenem Mantel diskutieren, ob sie ein Taxi teilen sollen. Sie: „Ich warte hier schon seit 20 Minuten.“ Er: „Aber wenn man schon mal fürs Ticket bezahlt hat.“ In der Ferne biegt der falsche Bus auf eine falsche Straße ab.

Eigentlich soll es vom Anhalter Bahnhof zum Hermannplatz gehen. Die Wartesituation ist nur noch die Nachwirkung des Berufsverkehrs, wie er sich aktuell jeden Morgen in Kreuzberg, Schöneberg und Neukölln abspielt. Seit Anfang der Woche ist die U7 zwischen Hermannplatz und Möckernbrücke noch bis zum 8. April unterbrochen. Stattdessen hat die BVG einen Ersatzverkehr mit Bussen eingerichtet.

Parallel erneuert die Bahn die Ringbahnschienen im Süden bis zum 9. April. Züge fahren nur alle zehn Minuten. Ab 27. März wird der Verkehr auf der Ringbahn zwischen Südkreuz und Hermannstraße komplett eingestellt. Zusätzlich ist am Sonntag der Verkehr der S1 zwischen Anhalter Bahnhof und Schöneberg unterbrochen. Auch hier gibt es Ersatzverkehr mit Bussen. Die Kombination der Baumaßnahmen führt zu den verlängerten Wartezeiten wie bei der Linie M41.

Jetzt geht's los

Aufbruchstimmung am Anhalter Bahnhof. Ein Bus kommt, diesmal die richtige Linie. „Jetzt geht der Kampf los“, sagt der Kamelmantelträger. Einen Augenblick langt herrscht Angst, der Kampf könne bereits an der Eingangstür eines völlig überfüllten Busses scheitern. Doch ein bisschen Platz ist noch. Die meisten quetschen sich in das nach Nässe und Körpern riechende Fahrzeug. Draußen, abseits des Gerangels, küssen sich zwei junge Verliebte, bedeckt vom fallenden Märzschnee.

Für die gesamte Ansicht klicken Sie bitte auf das rote Kreuz.
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© Tsp/Bartel

„Bahn und BVG haben sich vorab über die parallelen Baumaßnahmen abgesprochen“, sagt Gisbert Gahler, Sprecher der Deutschen Bahn für den Raum Berlin. Bei der Bahn stünden größere Arbeiten wie an der Ringbahn mindestens ein Jahr vorab fest. Für die genauen Terminvergaben würden unter anderem Bauarbeiten im Umfeld einbezogen und anstehende Großveranstaltungen. Ob es nicht möglich gewesen wäre, eine von beiden Baumaßnahmen zu verschieben? Vielleicht um zwei Wochen nach hinten, um die doppelte Belastung zu verhindern? „Es macht hier niemand was aus Böswilligkeit“, sagt Gahler. Beide Bauarbeiten hätten gedrängt und ließen sich nicht anders legen, sagt auch BVG-Sprecherin Petra Reetz. „Sonst kommt in einem Jahr die Aufsicht und zieht die Bahnhöfe aus dem Verkehr.“

Die BVG-Chefin entwirft gerade neue Turnschuhe, damit die Baustellen besser umlaufen werden können.

schreibt NutzerIn velo07

Es blieb nur die Möglichkeit, beide Bauarbeiten parallel auf die Osterferien zu legen. In der Zeit wären die Bahnen deutlich schwächer ausgelastet, weil etwa die Schulkinder zu Hause bleiben. Nur mit dem Schnee hätten die Verkehrsbetriebe nicht gerechnet, sagt Reetz. „Da wissen wir aber auch nicht, bei wem wir uns beschweren sollen.“

Eine "geplant blöde Situation"

Wegen der langen Vorlaufzeit spricht Jens Wieseke von einer „geplanten blöden Situation“. Der stellvertretende Vorsitzende des Berliner Fahrgastverbands stört sich an der Kaltschnäuzigkeit, mit der solche Bauvorhaben durchgewunken werden. Zweimal pro Jahr finden Konferenzen statt, bei die Verkehrsunternehmen in ihre Bauvorhaben untereinander koordinieren sollen. „Angesichts der Überschneidungen wurde nur mit den Schultern gezuckt“, sagt Wieseke. Auch der Verkehrssenat ist in diesen Koordinationsrunden vertreten. Für Wieseke Anlass, um auch die Verkehrssenatorin Regina Günther zu kritisieren. Klimaschutz sei ein lobenswertes Ziel, „aber Günther sollte sich mal wieder in die Niederungen der Verkehrsplanung begeben.“ Und die nächste Problemzone bahne sich bereits an. Das S2-Netz im Nordosten soll seit längerem umgebaut werden. Die Arbeiten könnten im Sommer starten. Laut Wieseke sind dann jedoch Überschneidungen mit Straßenarbeiten möglich.

Der M41 ist mittlerweile am Hermannplatz angekommen. Auf der andere Straßenseite wartet eine Menschentraube. Der nächste Bus kommt in 20 Minuten.

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