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Modell des geplanten Gedenk-Campus am Mahnmal „Gleis17“ in Berlin.

© greeen! architects

Bauplan für Bahnhof Grunewald in Berlin: Gideon Joffe gegen Gedenk-Campus am Gleis 17

Am Mahnmal "Gleis 17", das an Berlins deportierte Juden erinnert, will die Mendelssohn-Stiftung bauen. Der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde ist dagegen.

Der geplante Campus am Mahnmal „Gleis 17“ zieht erstmals öffentlich Kritik auf sich. Gideon Joffe, der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, spricht sich gegen das Projekt aus. „Die Anlage am Gleis 17 ist in ganz Deutschland einer der authentischsten Orte im Gedenken an die Shoa“, sagte Joffe dem Tagesspiegel. „Wenn dort, wie geplant, unter anderem ein Wohnblock entsteht, ginge viel von der Authentizität verloren.“

Wie berichtet möchte die gemeinnützige Moses-Mendelssohn-Stiftung am „Gleis 17“ am Bahnhof Grunewald einen Campus errichten. Dazu sollen 150 Studenten-Appartements entstehen. In der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf war im März darüber diskutiert worden – die Lokalpolitik begrüßte den Plan, dort eine Forschungs- und Wohnstätte zu errichten, überwiegend.

Der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, Gideon Joffe, 2013 am Jüdischen Friedhof Weißensee.
Der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, Gideon Joffe, 2013 am Jüdischen Friedhof Weißensee.

© Britta Pedersen/dpa

Die Mendelssohn-Stiftung hatte angekündigt, sie wolle vor Ort in einer Dauerausstellung an die Deportationen vom Bahnhof Grunewald erinnern - und in Anlehnung an die „Allee der Gerechten“ in Yad Vashem in Jerusalem einen „Hain der Menschlichkeit“ anlegen, um so Berlinern zu gedenken, die verfolgten Juden geholfen hatten. Mehr als 50.000 Juden wurden ab 1941 von Berlin aus in die Konzentrations- und Vernichtungslager des Naziregimes deportiert.

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Der erste Deportationszug verließ den Bahnhof Grunewald am 18. Oktober 1941 mit 1013 Juden: Die meisten Deportationszüge fuhren vom Gleis 17 ab. Im dortigen Mahnmal sind die Fahrten von Berlin samt Zielort und Anzahl der Deportierten dokumentiert. Die Vegetation, die im Laufe der Jahre einen Teil des Gleises erobert hat, steht auch als Symbol dafür, dass nie wieder ein Zug von diesem Gleis abfahren wird.

Gedenken am Gleis 17 in Berlin-Grunewald.
Gedenken am Gleis 17 in Berlin-Grunewald.

© Tsp

Die Bezirksverordneten hatten die Entwürfe für die Neubauten in der Nähe des Gleises für gut befunden. Demnach sollen die von der Mendelssohn-Stiftung geplanten Bauten aus Holz und Cortenstahl in einem Dreieck angeordnet werden, das an einen Davidstern erinnert. Das Konzept korrespondiere mit dem Mahnmal, er begrüße das „inhaltlich schöne“ Projekt, hatte Baustadtrat Oliver Schruoffeneger (Grüne) gesagt.

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Das Vorhaben dürfe aber „kein Türöffner für Wohnungsbau“ werden. Das könnte die Stiftung wohl kontrollieren, ihr gehört das betreffende Areal.

Benannt werden soll der Campus nach Else Ury. Die Autorin der bekannten Kinderbuchreihe „Nesthäkchen“ war 1943 im Vernichtungslager Auschwitz ermordet worden.

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