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Ein Graffiti mit dem Spruch "Mieten runter Wände bunter" in der Neuköllner Sonnenallee.

© Kitty Kleist-Heinrich

Baubranche im Krisenmodus: Berliner Sozialverbände fordern jährlich 100.000 neue Sozialwohnungen

Die Berliner Sozialverbände fordern einen „Richtungswechsel in der Wohnungspolitik“. Die Baubranche stellt sich derweil auf Einbußen durch das Coronavirus ein.

100.000 Sozialwohnungen jedes Jahr sowie Maßnahmen zum Schutz der Mieter vor dem Verlust der Wohnung fordert ein Bündnis von acht Sozialverbänden mit ihrer neu gegründeten „Plattform Wohnen“. Wohnen sei „ein Menschenrecht“, so der Paritätische Gesamtverband mit Kinderschutzbund, VdK und anderen.

Trotzdem seien „die Mieten nicht mehr bezahlbar“ für viele Menschen. Weil es außerdem an Wohnungen fehle, würden Menschen mit geringen Einkünften „diskriminiert“ bei der Suche nach einer Unterkunft. Betroffen vor allem: „Menschen mit Behinderung oder chronischen Krankheiten, ältere Menschen sowie junge Menschen, die vorher in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe gelebt haben, Menschen mit Migrationshintergrund, Studierende oder auch Haftentlassene“.

Diese konkurrierten inzwischen mit „der Mittelschicht“, die selbst auch nur schwer eine Wohnung finde. Und in diesem Wettstreit „verlieren im Zweifelsfall die Ärmeren“. Weil die „renditeorientierte Wohnungswirtschaft“ die Versorgung nicht gewährleisten könne, brauche es einen „Richtungswechsel in der Wohnungspolitik“.

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Nötig sei eine „neue Wohnungsgemeinnützigkeit“, die Stärkung landeseigener Unternehmen, die Förderung von Genossenschaften und „gegebenenfalls als ultima ratio Vergesellschaftung von Grund und Boden und von Wohnungseigentümer, die mit Wohnraum spekulieren“. Zudem müssten jährlich 100.000 Sozialwohnungen zu bezahlbaren Mieten geschaffen werden.

Die Forderungen kommen mitten in der Corona-Krise, die keinen Aufschwung im Wohnungsbau bringt, sondern Rückschläge. Die Fachgemeinschaft Bau in Berlin meldet von ihren 900 Mitgliedsunternehmen vermehrt Anfragen zur Beantragung von Kurzarbeit-Geld.

Branche rechnet mit Einbußen wegen Covid-19

Verbandschefin Manja Schreiner sagte: „Wir rechnen für die nächste Zeit mit einem erheblichen Einbruch des Umsatzes in unserer Branche.“ Ähnlich äußerte sich der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes. Auch die Genehmigungsbehörden befänden sich „im Krisenmodus“, sagte Schreiber.

Das Bundesamt für Statistik hatte am Mittwoch einen Anstieg der Zahl bundesweit genehmigter Wohnungen gemeldet. Nur Berlin entwickelt sich gegen den Trend: Die Bauämter in den Bezirken hatten 2019 nicht den Bau von mehr sondern von weniger Wohnungen als im Vorjahr gemeldet. Vertreter der Branche erklären das mit den Risiken des Mietendeckels für die Bauherren. Die staatlichen Mieten gelten zwar nicht für Neubauten. Diese Ausnahme gilt jedoch nur für einige Jahre nach der Fertigstellung.

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