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Update

Bauarbeiten: Ausgrabungen bringen U 5 in Verzug

Im Ausschuss für Stadtentwicklung ist man sich einig: Die archäologischen Funde vor dem Roten Rathaus gilt es zu erhalten. Dafür ist man auch bereit, die Pläne für die neue U-Bahn-Station der U5 zu überarbeiten.

Klar ist, dass die archäologischen Funde gegenüber dem Roten Rathaus in Mitte den Bau der U-Bahnlinie 5 erheblich verzögern werden. Klar ist auch, dass der Bau teurer wird als gedacht. Trotzdem wollen die Abgeordneten im Ausschuss für Stadtentwicklung die Ausgrabungen fortsetzen und sich für den Erhalt der Funde einsetzen. Das ergab die Sitzung des Ausschusses am Montag. Zuvor hatten die Abgeordneten die Ausgrabungsstelle besichtigt.

Nach Informationen des Tagesspiegels sollen die Grabungen im Frühjahr kommenden Jahres fortgesetzt werden. Vor vier Wochen hatte die BVG erklärt, die Grabungen sollten Ende des Jahres beendet werden, weil Anfang 2011 „die Leitungsbauer am Zuge“ seien. Außerdem sollen die architektonischen Pläne für den Bahnhof überarbeitet werden, damit die unter dem Pflaster entdeckten Teile des barocken Alten Rathauses erhalten bleiben. Diese Maßnahmen werden auch die Kosten des Projektes in die Höhe treiben.

Beim Auftraggeber des Bahnhofsbaus, der landeseigenen BVG, wollte sich niemand zu dem Thema äußern. Aus Senatskreisen war bereits im Vorfeld zu hören gewesen, dass über die Erhaltung der barocken Gemäuer eine politische Entscheidung fallen wird. Ein Gutachten zum Umgang mit den unerwartet vielen gut erhaltenen Teilen des Rathauses wurde bereits eingeholt. Darin werden mehrere Varianten erörtert: Die Verlegung des Bahnhofes um 17 Meter, der Verzicht auf einen Ausgang oder sogar auf den gesamten Bahnhof. Denn die beiden nächsten Haltestellen sind nicht weit entfernt: der Alexanderplatz 470 Meter und die geplante Station Berliner Schloss 390 Meter. Wenn es aber nach dem Ausschuss geht, ist es möglich, die archäologischen Funde in das Bauvorhaben zu integrieren.

Geplant wird der U-Bahnhof „Berliner Rathaus“ vom Büro Collignon-Architektur. Gesellschafter Oliver Collignon sagt: „Die beste Lösung wäre es, unter Berücksichtigung der Funde die Hauptzugänge auf die Nordseite der Rathausstraße zu verlegen, obwohl dies funktional deutliche Nachteile hat.“ Bisher liegt einer der beiden geplanten Hauptzugänge zum Bahnhof südlich der Rathausstraße am Roten Rathaus. Doch genau dort befand sich das historische Rathaus. Durch eine Verlegung des U-Bahn-Zugangs nach Norden halte man sich alle Optionen frei im Umgang mit den archäologischen Funden, sagt Collignon. Aus Sicht des Architekten würde es den Bahnhof bereichern, „wenn man viel von den Funden zeigen kann“. Andererseits „bauen wir einen Bahnhof und kein unterirdisches Museum“.

Bereits im ursprünglichen Entwurf für die U-Bahn-Station waren ein archäologisches Fenster und Vitrinen zur Ausstellung von Fundstücken vorgesehen. Doch die Architekten hatten nicht mit einer so großen Zahl an Funden gerechnet. Durch die Verlegung des Zugangs zum Bahnhof könnten die Fahrgäste von einem Bahnsteig aus auf die erhaltenen Gemäuer des barocken Rathauses blicken, die hinter Glas in einem „archäologischen Fenster“ ausgestellt würden.

Die Entscheidung darüber, wie mit den Funden umgegangen wird, soll dem Vernehmen nach in Abstimmung mit dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) getroffen werden. Wie aus Senatskreisen zu hören ist, soll Wowereit signalisiert haben, dass nicht achtlos über das Erbe hinweggegangen werden möge. Bei den Grabungen vor dem Roten Rathaus waren auch elf verloren geglaubte Skulpturen der Moderne gefunden worden, die von den Nazis in der Propaganda-Ausstellung „Entartete Kunst“ verfemt worden waren. Wowereit hatte diese Funde persönlich vorgestellt.

Die Archäologen sollen im Frühjahr noch die Gelegenheit bekommen, nach den bisher nicht ausgegrabenen Teilen des Alten Rathauses zu fahnden. Da die Witterung dies im Winter nicht zulässt, soll erst nach dem Ende der Frostperiode damit begonnen werden.

Bisher war nur ein Drittel des Alten Rathauses freigelegt worden. Die Gemäuer werden in den kommenden Tagen mit Folien und Frostschutzmatten abgedeckt und die Grube wird anschließend mit Sand zugeschüttet, um die Funde in der kalten Jahreszeit zu schützen. Das Alte Rathaus stammt aus dem 13. Jahrhundert und war nach der Errichtung des Roten Rathauses im Jahr 1865 abgerissen worden. Das Gebäude war 39 Meter lang und 17 Meter breit. Die Grabungen geben auch Aufschluss über ein vergessenes Stück Berliner Stadtgeschichte. Die im Alten Rathaus gefundenen Münzen hatten nicht nur Brandenburgische Prägungen, einige Geldstücke stammten aus Pommern, Ostpreußen und Böhmen und geben so Aufschluss über die Handelsbeziehungen der Stadt.

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