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Der morgendliche Berufsverkehr fließt über den Kaiserdamm in Richtung Mitte. 10.000 Berliner ziehen jährlich in den Speckgürtel und pendeln zur Arbeit.

© Michael Kappeler/dpa

Bau-und Verkehrsplan für die Region: Bezirksstadträte fordern: Berlin und Brandenburg zusammen denken

Kommende Woche treffen sich Michael Müller und Brandenburgs Ministerpräsident Woidke. Drei Baustadträte haben deswegen einen offenen Brief zu Bauen, Verkehr und Grünflächen in der Region verfasst.

180.000 Wohnungen fehlen in Berlin, und weil die Mieten in der Stadt zehn Euro pro Quadratmeter und mehr kosten, ziehen immer mehr Berliner nach Kleinmachnow, Teltow oder sonst wohin ins Brandenburger Umland.

Um Zersiedelung und Verkehrskollaps zu stoppen, drängen die drei Baustadträte der am stärksten vom Bevölkerungs- und Verkehrswachstum betroffenen Bezirke Mitte (Ephraim Gothe/SPD), Friedrichshain-Kreuzberg (Florian Schmidt/Grüne) und Charlottenburg-Wilmersdorf (Oliver Schruoffeneger/Grüne) in einem Offenen Brief an die Regierungschefs von Berlin und Brandenburg zu einer gemeinsamen Planung – und haben konkrete Vorschläge.

Ministerpräsident Dietmar Woidke und der Regierende Bürgermeister Michael Müller leiten am Dienstag eine gemeinsame Kabinettssitzung von Berlin und Brandenburg zu „Schienenverkehr, Wohnen, Fachkräften und Sicherheit“. Drei Dinge sind den Stadträten wichtig – neben der „Wohnungsfrage“ auch die „Verkehrsfrage“ sowie die „Grünfrage“ – und sie warnen: „Woran es seit vielen Jahren mangelt, sind stadtregionale Strategien, die von beiden Landesregierungen getragen werden.“

Analysen lägen seit Jahren vor, die „Arbeitsteilung“ fehle. Die Vorschläge der drei Politiker: Der Bau der erforderlichen Wohnungen in der Hauptstadtregion sollen im Verhältnis 80 zu 20 auf Berlin und sein Umland verteilt werden, dies entspreche dem jeweiligen Bevölkerungszuwachs, der im Speckgürtel „maßgeblich durch Berliner Auswanderer gespeist wird“.

Das Wachstum soll durch „integrierte Stadtentwicklungskonzepte“ gesteuert werden, die Siedlungen von den Randbezirken Berlins ausgehend entlang der Verkehrsachsen zu den Umlandgemeinden verläuft, öffentliche Förderungen soll es dafür geben. Das ergänzt frühere Vorschläge von Berliner Stadtplanern, deren Umsetzung Fachleute schon lange fordern: Entlang der „Radialen“ und „Tangenten“ Berlin weiterzubauen, also entlang der Schienen- und Straßennetze.

Übernehmen jetzt die Bezirke die Hoheit bei der Landesplanung?

Womit wir bei der „Verkehrsfrage“ wären. Seit Jahren lassen Berliner „Aussiedler“ den brandenburgischen Speckgürtel wieder stark wachsen und verstopfen die Straßen und Bahnen nach Berlin. Weil die Länder „nicht erkennbar“ reagiert hätten, schlagen die drei Bezirkspolitiker jährlich eine gemeinsame, „gut vorbereitete Strategiekonferenz Verkehr“ vor.

Es gelte „ein leistungsstarkes SPNV-System“ zu schaffen. Der Schienenverkehr soll die Innenstadt von Autos entlasten. Der größte Teil der Pendler soll per Bahn nach Berlin fahren, 80 Prozent.

Das Leitbild für das überregionale Wachstum ist der „Siedlungsstern“, wie die drei Stadtplaner schreiben. Und damit sich keine voll versiegelten Banlieues wie in Megacitys herausbilden, schlagen die Politiker die Anlage von „Regionalparks“ vor, in den Freiräumen zwischen den Siedlungs-„Achsen“.

Übernehmen jetzt die Bezirke die Hoheit bei der Landesplanung? „Aber nein, Frau Lompscher ist auch aktiv in der Frage der Regionalparks“, sagt Mitte-Stadtrat Gothe auf Anfrage. Er habe nur Ideen aus der Zeit seiner „Verbannung in Potsdam“ verfolgt und dafür seine beiden heutigen Ressortkollegen gewinnen können.

Gothe war nach seiner Zeit als Staatssekretär in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung einige Zeit als Referatsleiter bei der „Gemeinsamen Landesplanung“ zuständig, die einzige Zweiländerbehörde von Berlin und Brandenburg. In dieser Zeit habe er auch viele Bürgermeister aus dem Umland kennengelernt. „Die sind alle auf Berlin ausgerichtet“ sagt Gothe.

Durchschnittlich zögen 10.000 Berliner jährlich ins Umland. Deshalb sei dort auch das Wahlvolk von Berlinern geprägt. Und weil viele von ihnen in die Stadt pendeln, üben sie Druck auf die Politiker im Umland aus, damit eine bessere Zusammenarbeit beider Landesregierungen zustande kommt. Genau dieses Ziel verfolgt nun auch das Berliner Trio mit seinem Brief.

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