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Taxifahrer müssen die Kartenzahlubg annehmen – Gastronomen nicht.

© dpa/picture-alliance

Bargeldloser Zahlungsverkehr in Berlin: Viele Restaurants verweigern noch immer die Kartenzahlung

In der Berliner Gastronomie ist oft nur Bares Wahres. Vielen Wirten ist die Kartenzahlung zu teuer. Taxifahrer dagegen müssen Karten akzeptieren. Über den Kampf der Karten in Berlin.

Ein langes Wochenende, sommerliche Temperaturen, der Karneval der Kulturen und etliche weitere Veranstaltungen – all das lockt hunderttausende Touristen nach Berlin. Mit im Gepäck haben viele eine EC- oder Kreditkarte. Sie werden Kaffee trinken gehen, an Cocktails nippen und drei Gänge beim Italiener verdrücken. Unweigerlich wird dann wieder gefragt werden: „Kann ich das mit Karte zahlen?“ Und häufig genug wird die Antwort lauten: „Nein.“

Der Berliner Senat hat Taxis verpflichtet, seit dem 8. Mai bargeldloses Zahlen zu akzeptieren, auch wenn dagegen beim Verwaltungsgericht aktuell zwei Verfahren laufen. Kartenzahlung ist mittlerweile Standard. Sich dem anzupassen, setzt aber nicht nur die Taxis unter Druck, sondern auch viele Restaurants, Bars und Cafés. Viele von denen verweigern sich bis heute dem Trend zur Karte.

Christian Tänzler vom Tourismuswerber Visit Berlin versteht das nicht: „Für eine Weltstadt wie Berlin sollte die Möglichkeit, mit Plastikgeld zu bezahlen, eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein.“ Er verweist darauf, dass Kartenzahlung in verschiedenen Ländern von den USA über Brasilien bis Schweden längst Standard ist. „Mehr und mehr ausländische Gäste besuchen unsere Stadt. Wir sollten uns darauf einstellen.“

Von 20 Restaurants bieten 11 Kartenzahlung an

Ein Besuch in der Bleibtreustraße in Charlottenburg. Hier, zwischen Savignyplatz und Ku’damm gehen Touristen und die gehobene Mittelschicht essen. Es gibt Spätzle für 8 Euro oder ein Menü mit hausgebeiztem Lachs für 46 Euro. Aber: Von 20 Restaurants und Cafés in der Straße bieten nur elf den Kunden an, mit Karte zu zahlen, neun andere haben kein Gerät dafür. Es sind mittelständische Unternehmen – keine großen Ketten, keine kleinen Imbisse. Sie bedienen Kunden, die gerne mit Karte bezahlen und die auch genug bezahlen, um es rentabel zu machen.

Roberto de Santis gehört die „Osteria Centrale“, ein italienisches Restaurant. Auf den Regalen stehen Weinflaschen und Einmachgläser und ein Zertifikat an der Wand erklärt, dass das Restaurant zu den 630 besten in Deutschland zähle. Er weigert sich, Kartenzahlung anzubieten. „Mein Service ist, dass die Leute gut essen. Ich biete gute Küche, wieso soll ich davon noch Prozente abgeben?“ Stolz präsentiert er die Rechnung für seine Zutaten: 32 Euro zahlt er für das Kilo Wolfsbarsch, fünf Euro für das Kilo Tomaten.

„Die Leute leben in der alten Welt“

Bei jeder Kartenzahlung müsse er zwei bis drei Prozent an Unternehmen wie Mastercard, Visa oder Maestro abgeben. Die meisten Gäste lassen hier mehr als 100 Euro liegen – das wären dann jedes Mal zwei bis drei Euro. Dazu komme jeden Monat die Miete für den Kartenleser. Das klingt nach wenig, aber auf das Jahr gerechnet sei das „genug, um davon in den Urlaub zu fahren.“  Zwar habe er selbst auch eine Kreditkarte, aber er sei nicht bereit, so viel Geld dafür zu bezahlen. „Ich kämpfe hart, da will ich das Geld nicht einfach an diese Firmen abgeben.“ Seine Kunden sind zumeist Stammkunden aus der Gegend – kaum Touristen. „Die akzeptieren das.“

Etwa 200 Meter entfernt von der „Osteria“ ist das „Calcutta“, das älteste indische Restaurant Deutschlands. Seit 1964 wird hier Hühnchen aus dem Tandur-Ofen und Lammcurry serviert. Der Besitzer Ashok Kachroo sitzt vor seinem Restaurant, trinkt Tee und erklärt: „Die Leute, die Kartenzahlung nicht akzeptieren, leben in der alten Welt.“ Der Tourismus sei einer der größten Wirtschaftszweige in Berlin.

Mehr Menschen bezahlen mit Karte

Darauf müsse man sich einstellen. „Stellen sie sich vor, da kommt ein Gast mit Freunden, der bestellt den teuersten Wein und hat am Ende eine Rechnung von 900 Euro. Und dann lassen sie den zum Bankautomaten laufen, um Geld zu holen. Der kommt nicht wieder.“ Anders als bei de Santis spielen im Calcutta auch Touristen eine größere Rolle, neben den Stammkunden aus der Gegend. Die zusätzlichen Kosten durch die Kartenzahlung seien eben Betriebskosten, die man einplanen müsse. „Auf lange Sicht ist das ein Vorteil,“ sagt Kachroo.

In der Tat bezahlen mehr und mehr Menschen mit Karten, gerade in Cafés und Restaurants. Eine Studie der Bundesbank zeigt, dass die Zahl derer, die EC- und Kreditkarten auch für kleine und mittlere Beträge benutzen, wächst. Für fast 30 Prozent aller Transaktionen werden inzwischen Karten eingesetzt.

Johannes Böhme

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