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Viele Regionalzüge sind durch Pendler überlastet. Neue IC-Verbindungen könnten helfen - doch die sind mit Monatskarten weiterhin nicht nutzbar.

© Kay Nietfeld/dpa

Update

Bahnverbindung Berlin-Elsterwerda: Pendler bleiben auf der Strecke

Nach vielen Versprechungen sollte das VBB-Umweltticket endlich in den IC-Zügen zwischen Berlin und Elsterwerda gelten. Doch es kam anders. Wie schon so oft.

Von Sandra Dassler

„Ich habe es sowieso nicht geglaubt“, sagt Birgit D., und die Enttäuschung in ihrer Stimme ist nicht zu überhören: „Zu oft war es schon angekündigt worden und ist dann doch nicht gekommen." In der vergangenen Woche gab es zunächst Grund zur Freude für sie und alle Bahnpendler zwischen dem Elbe-Elster-Kreis ganz im Süden Brandenburgs und der Hauptstadt - der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) mailte seinen Kunden: „Wir können Ihnen mit Freude mitteilen, dass ab dem 14.Juni der VBB-Tarif für die IC/EC Züge zwischen Elsterwerda – Doberlug-Kirchhain – Berlin Hbf gilt.“

Darum hatten die Pendler seit etwa zwei Jahrzehnten gekämpft. Mindestens 40 Minuten könnten sie jeden Tag sparen, wenn sie mit ihrer VBB-Zeitkarte den Intercity von Dresden nach Warnemünde benutzen dürften. „Das sind bei fünf Arbeitstagen 200 wertvolle Minuten Lebenszeit pro Woche“, sagt Birgit D.: „Und was fast noch wichtiger ist: Der Intercity hält vor Berlin nur in Doberlug-Kirchhain, man kann also in Ruhe sitzen, gerade morgens noch etwas träumen."

Der RE 5, mit dem sie momentan fährt, sei in Nicht-Corona-Zeiten spätestens ab Wünsdorf oder Zossen "krachend voll und extrem laut". Und er hält 19 Mal bis Berlin-Hauptbahnhof.

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Für ihre VBB-Umweltkarte Gesamtnetz zahlt Birgit D. monatlich 178 Euro. Eine einfache Fahrt mit dem IC würde sie hingegen 17,90 Euro kosten. Zwei Stunden morgens und zwei Stunden abends ist sie deshalb mit dem RE 5 jeden Tag zu ihrer Arbeit in Berlin unterwegs. Einen Umzug hat sie nie erwogen – beide Eltern leben in Elsterwerda und sind auf ihre Hilfe angewiesen.

Wie viele andere Pendler hatte sie deshalb mit Freude vernommen, als Brandenburgs Minister für Infrastruktur und Landesplanung Guido Beermann (CDU) bereits im Dezember letzten Jahres verkündete, dass die Pendler mit ihren VBB-Umweltkarten die künftigen neuen IC-Verbindungen nutzen dürften.

Doch als die dann im März dieses Jahres in Betrieb gingen, musste sein Staatssekretär Rainer Genilke einräumen, dass sich die Nutzung aufgrund von Vergabemodalitäten noch etwas verzögere – aber höchstens bis zum sogenannten kleinen Fahrplanwechsel am 14. Juni.

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Davon gingen offenbar auch der VBB und die Bahn aus und bis zum vergangenen Donnerstagabend lief auch alles nach Plan. Jedenfalls aus Potsdamer Sicht, wo man zu diesem Zeitpunkt die Öffentlichkeit wissen ließ, dass eine entsprechende Vereinbarung mit Berlin fertig und von Brandenburg sogar bereits unterzeichnet sei. Auch der Termin für die Berliner Unterschriftsleistung stehe fest.

Doch Berlin unterschrieb nicht. Schon vergangenen Freitagmittag musste Brandenburgs Staatssekretär Genilke deshalb feststellen, dass es mit der Gültigkeit des VBB-Tickets zum 14. Juni nichts werde.

Liegt es am Geld? Die Länder müssen der Bahn den Verlust erstatten

Warum das so ist, will derzeit keiner der Verantwortlichen sagen. Potsdam hüllt sich ebenso in Schweigen wie Berlin. Auf eine entsprechende Anfrage des Tagesspiegels sagte der Sprecher der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz, Jan Thomsen, lediglich: „Die Länder Berlin und Brandenburg befinden sich noch in Abstimmungen zur Aufnahme der genannten IC-Verbindung in den VBB-Tarif. Berlin stimmt dem Anliegen zu, nur Details sind noch offen. Wenn ein Ergebnis vorliegt, teilen wir dies mit.“

Über die Gründe von Berlins Blockade kann man gegenwärtig nur spekulieren. Liegt es wie so oft am Geld? Der Vertrag hat nach Angaben der Tageszeitung „Elbe-Elster-Rundschau“ eine Laufzeit von 15 Jahren und ein Volumen von 70,5 Millionen Euro. Denn beide Länder müssen den Fehlbetrag erstatten, der der Bahn durch den vergünstigten VBB-Tarif im Vergleich zum eigenen Tarif entsteht. Weil sich die Anteile nach den gefahrenen Streckenkilometern richten, entfallen auf Brandenburg jährlich 4,1 Millionen Euro und auf Berlin jährlich nur 560.000 Euro.

Wie passt das zur geplanten Klimawende?

Oder war man in Berlin lediglich über das Vorpreschen der Brandenburger verärgert?

Für die zahlreichen Pendler auf der Strecke ist das alles jedenfalls nicht nachzuvollziehen. Einer von ihnen machte seinem Ärger in einer Mail an den VBB Luft: „Was für ein Armutszeugnis und dies in Zeiten, wo Politiker nicht müde werden, den Klimawandel zu beschwören und uns Bürgerinnen und Bürger zur Fahrt mit der Bahn zu ermuntern.“

Auch Birgit D. vermag trotz der Beteuerung aus Berlin, man stimme dem Anliegen der Pendler zu, kaum noch an ein gutes Ende glauben.

Update: Wie der VBB am Mittwoch mitteilte, gelten in den IC-Zügen zwischen Berlin und Elsterwerda ab dem 28. Juni VBB-Fahrscheine sowie das Berlin-Brandenburg- und das Quer-durchs-Land-Ticket.

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