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Vor Gericht (Symbolbild).

© dpa

Update

Autodieb in Berlin verurteilt: Fast 12 Jahre Haft für versuchten Polizistenmord

Auf der Flucht schleifte er einen Polizisten mit dem Auto mit: Jetzt wurde der Dieb wegen versuchten Mordes verurteilt. Das Opfer kann bis heute nicht arbeiten.

Der Mann auf der Nebenklage-Bank saß regungslos neben seinem Anwalt. Michael S. wäre beinahe im Dienst gestorben. Ein Autodieb, den er stellen wollte, schleifte den 54 Jahre alten Polizisten rund 70 Meter weit mit. Der Beamte wurde so schwer verletzt, dass er seinen Beruf vermutlich nie mehr ausüben kann. Der Mann, der dafür verantwortlich ist, erhielt am Montag elf Jahre und sechs Monate Haft. Das Landgericht sprach den 29-jährigen Szymon R. unter anderem des versuchten Mordes und des schweren Bandendiebstahls schuldig.

„Das Verfahren zeigt, wie sich ein polizeilicher Routineeinsatz zu einem dramatischen Geschehen mit verheerenden Folgen für den Polizisten entwickeln kann“, sagte der Vorsitzende Richter. R. sei in dem gestohlenen Wagen losgefahren, obwohl er bemerkt habe, dass ein Mensch am Wagen hing. Der Angeklagte habe nicht ertappt werden und den Diebstahl des Autos verdecken wollen. Das Gericht ging mit dem Urteil über den Antrag des Staatsanwalts hinaus, der neuneinhalb Jahre Gefängnis verlangt hatte.

Nur durch Schutzweste überlebt

Die Tat liegt bereits zwei Jahre und sieben Monate zurück. Am 7. August 2015 waren Mitglieder einer polnischen Diebesbande auf einem Parkplatz in Lichtenberg unterwegs. Sie wollten wieder einmal einen Audi stehlen. Anwohner aber alarmierten die Polizei. Auch Michael S. traf kurz darauf am Tatort ein. Er wollte den Mann am Steuer des gerade gekn NUrackten Wagens aufhalten und ergriff die A-Säule. Als R. rücksichtslos Gas gab, kam S. nicht frei. Schleifspuren der Schuhe des Beamten auf der Straße belegten: R. wollte ihn abstreifen und lenkte das Fahrzeug in Richtung geparkter Autos.

Michael S. wurde beinahe zu Tode gequetscht. Er habe nur überlebt, weil er eine Schutzweste trug, hieß es im Prozess. Verletzungen an Wirbelsäule und Rippen sowie am Kopf. Seitdem sei für ihn kein Tag ohne Schmerzen. „Ich habe alles verloren. Ich bin nur noch damit beschäftigt, über den Tag zu kommen“, sagte der Beamte. Dabei sei er „Polizist mit Leib und Seele“. Sein Anwalt erklärte, S. werde wohl in den vorzeitigen Ruhestand versetzt.

Der Richterspruch als Signal

Auf die Spur der polnischen Bande war die Polizei durch intensive Ermittlungen gekommen. Szymon R. wurde rund zwei Jahre nach dem Angriff auf S. als Fahrer identifiziert. R. klaut seit Jahren Autos. Das gestand er vor dem Landgericht und und zeigte Reue. Er habe wie so oft unter dem Einfluss von Drogen gestanden. „Ich wollte nur weg, ich war wie in einem Tunnel“, erklärte der Pole.

Das Gericht berücksichtigte im Urteil eine verminderte Schuldfähigkeit des Angeklagten und ordnete an, dass R. nach Verbüßung eines Teils der Strafe in einer Entziehungsanstalt unterzubringen sei. Gegen R. erging zudem eine vierjährige Führerscheinsperre. Einbezogen in das Urteil wurde eine frühere Verurteilung wegen Autodiebstahls.

Der Richterspruch sei ein Signal, „dass Gewalt gegen Polizeibeamte in Berlin konsequent geahndet wird“, so der Anwalt des Nebenklägers. Die Gewerkschaft der Polizei begrüßte die Entscheidung und erklärte, die Strafe sei ein „sehr deutliches, aber eben auch absolut angemessenes Signal unseres Rechtsstaates auf einen versuchten Mord“. Solche Urteile würden deutlich machen, „dass der Staat Verantwortung für jene übernimmt, die tagtäglich für seine Funktionstüchtigkeit ihr Leben riskieren“.

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