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Ein künstliches Kniegelenk hält nicht ewig. Man sollte es gut beobachten.

© Robert Kneschke/stock.adobe.co

Austausch von Prothesen: In den Wechseljahren

Künstliche Gelenke müssen irgendwann ausgetauscht werden – vor allem dann, wenn die Patienten besonders aktiv sind. Der Eingriff ist aufwändiger und riskanter als bei der ersten Prothese. Ein Gespräch mit dem Orthopäden Andreas M. Halder.

Herr Halder, Prothesen halten nicht ewig und – je nach Alter des Patienten – nicht bis ans Ende seines Lebens. Warum müssen künstliche Kniegelenke gewechselt werden?

Das hat sich in den vergangenen Jahren gewandelt. Früher war der Grund für den Austausch vor allem der Verschleiß der Prothese. Heute sind die Prothesen aber aus einem sehr robusten Material und damit vor Verschleiß besser gefeit als noch vor einigen Jahren. Das bedeutet nicht, dass es gar keinen Verschleiß mehr gibt. Jedoch ist dieser wesentlich geringer und häufig nicht so stark, dass die Prothese deshalb gleich gewechselt werden muss.

Wann wird denn ein Wechsel notwendig?

Künstliche Gelenke werden vor allem dann ausgetauscht, wenn sie sich vom Knochen lösen oder die Bänder im Knie nicht mehr in der Lage sind, die Prothese gut zu führen. Knochen ist lebendes Gewebe, eine Prothese hingegen ein starres Metallteil, was sich nach einiger Zeit lockern kann. Ein weiterer Grund für einen Prothesenwechsel können Infektionen durch Bakterien sein, die sich im Knie ansiedeln.

Wie lange halten die Prothesen normalerweise und wovon hängt das ab?

Das kommt ganz auf den einzelnen Patienten an, auf sein Alter und auf seine Aktivität. Im Durchschnitt muss bei fünf Prozent der Patienten die Prothese nach zehn Jahren gewechselt werden. Vor allem bei jüngeren Menschen lockern sich die eingesetzten Prothesen schneller, weil sie aktiver sind, das Knie öfter und damit meist auch stärker belasten. Ältere Patienten, die weniger aktiv sind, strapazieren das Gelenk deutlich weniger. Deshalb kommt es bei ihnen seltener zu Lockerung und Verschleiß.

Kann ein Patient denn im Vorfeld schon etwas dafür tun, dass ein künstliches Kniegelenk länger hält und eine Wechseloperation erst gar nicht erforderlich wird?

Auf der einen Seite führen wir den Gelenkersatz durch, damit der Patient wieder aktiv ist und sich schmerzfrei bewegen kann. Wenn ein Patient dann mit künstlichem Kniegelenk unbedingt Skilaufen will, können wir ihn davon nicht abhalten. Auf der anderen Seite kann die hohe Belastung zu Lockerung und Verschleiß der Prothese führen. Daher empfehlen wir, das Bein viel zu bewegen, es aber nicht zu überlasten.

Woran merkt der Patient, dass eine Prothese gewechselt werden muss?

In der Regel kommt der Patient wegen Schmerzen in unsere Klinik. Seltener stellt er fest, dass das Gelenk schlechter beweglich ist. Allerdings kündigt sich die Lockerung oder der Verschleiß der Prothese nicht immer durch Schmerzen oder Beeinträchtigung der Beweglichkeit an. Manchmal merkt der Patient nichts und es fällt nur zufällig bei einer Röntgenaufnahme auf.

Andreas M. Halder
Andreas M. Halder

© Promo

Warum ist es wichtig, eine Lockerung frühzeitig erkennen?

Je länger eine Lockerung besteht, desto stärker wird der Knochen des Patienten geschädigt, was die Austauschoperation schließlich aufwendiger macht.

Ein Prothesenwechsel ist deutlich aufwendiger als eine Erstimplantation. Was sind dabei die größten Herausforderungen?

Die größte Schwierigkeit liegt darin, die Prothese im Knie zu befestigen. Wenn die erste Prothese entfernt wurde, muss die neue ebenso im Knochen verankert werden. Da durch die Lockerung und den Ausbau oft viel Knochen verloren gegangen ist, gestaltet sich die Verankerung der Wechselprothese deutlich schwieriger. Deshalb benötigt man in diesen Fällen Prothesen, die zusätzlich im Knochenschaft befestigt werden.

Wie kann man sich das vorstellen?

Im Gegensatz zu der ersten Prothese nutzen wir bei Austauschoperationen gestielte, und zum Teil auch gekoppelte Prothesen. Hierbei hat der Prothesenteil im Oberschenkelknochen eine Verbindung zum Unterschenkel ähnlich einem Scharnier. Diese Kopplung wird vor allem notwendig, wenn die Bänder dem Knie keine ausreichende Stabilität mehr bieten können.

Welche Teile der Prothese müssen bei der Wechseloperation ausgetauscht werden?

Oft muss die komplette Prothese ausgetauscht werden. Relativ selten kommt es vor, dass nur das Gleitlager zwischen Ober- und Unterschenkel gewechselt werden muss. Das hängt ganz wesentlich vom Verschleiß beziehungsweise der Lockerung der ersten Prothese ab. Natürlich kann es ebenso vorkommen, dass wir nur einen Teil einer Prothese austauschen, wenn wir während der Operation feststellen, dass die restlichen Teile fest und unversehrt sind.

Welche Risiken sind für den Patienten mit einer Wechseloperation verbunden?

Da die Wechseloperation aufwendiger und schwieriger als die erste ist, kann dabei auch mehr passieren. Der geschädigte Knochen kann leichter brechen und Weichteile können verletzt werden. Hinzu kommt, dass Patienten zur Wechseloperation häufig älter sind als zum Ersteingriff, weshalb auch das Risiko allgemeiner Komplikationen wie Herz- und Kreislaufstörungen steigt. Nach der Wechseloperation ist das Risiko der Lockerung oder Infektion der Wechselprothese höher als beim Ersteingriff.

Des Gespräch führte Lea Diehl. Andreas M. Halder ist Chefarzt für Operative Orthopädie an den Sana-Kliniken Sommerfeld in Kremmen. Dieses Interview und weitere interessante Texte rund um den gesunden Rücken und schmerzfreie Gelenke finden Sie im aktuellen Gesundheitsratgeber „Tagesspiegel Orthopädie“. Aus dem Inhalt: Bandscheibenvorfall – Faszientraining – Chirotherapie – Was steckt hinter Osteopathie? – Hüftoperation: Reportage aus dem OP – Karpaltunnelsyndrom – rheumatische Gefäße – Handynacken – Was Eltern beim Schulranzenkauf beachten sollten. Das Magazin enthält außerdem Vergleichstabellen aller Berliner Kliniken, geordnet nach orthopädischen Erkrankungen, Fallzahlen und Ärzteempfehlungen. Es kostet 12,80 Euro und ist erhältlich im Tagesspiegel-Shop, www.tagesspiegel.de/shop. Tel. 29021-520 sowie im Zeitschriftenhandel.

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