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Ungewöhnliche Porträts: Hier posiert Lagerfeld im U-Bahnhof Rosenthaler Platz.

© Daniel Biskup

Ausstellung zeigt Lagerfeld-Porträts: Als der Mode-Papst mit der U-Bahn fuhr

Zu seinem ersten Todestag zeigt eine Ausstellung seltene Porträtaufnahmen von Karl Lagerfeld. Fotograf Daniel Biskup begleitete ihn 2002 dafür durch Berlin.

Ernster Blick, geschlossene Lippen, Sonnenbrille. Wer denkt, ein Gesicht müsse unter diesen Umständen immer gleich aussehen, sollte sich vielleicht die kleine Ausstellung mit Fotos von Karl Lagerfeld anschauen. Aus Anlass seines ersten Todestages werden sie vom 20. Februar bis 20. Mai in Foyer und Lobby des Hotel de Rome in Mitte gezeigt. Jeder, auch wenn er nicht Hotelgast ist, kann sich die Bilder ansehen.

Im Grunde genommen sind die Fotos einem klassischen Reporterglück zu verdanken. Der Fotograf Daniel Biskup hatte im Frühjahr 2002 den Auftrag, Karl Lagerfeld für die „Welt am Sonntag“ im Dorint Hotel am Gendarmenmarkt zu fotografieren. Direktorin dort war damals Tini Gräfin Rothkirch, die er von seiner Arbeit im Schlosshotel im Grunewald her kannte. Das hatte Karl Lagerfeld, ein Novum in seiner Design-Karriere, Mitte der 1990er Jahre nach seinen persönlichen Vorstellungen ausgestattet.

Der erste Berliner Hipster. Karl Lagerfeld am Rosenthaler Platz.
Der erste Berliner Hipster. Karl Lagerfeld am Rosenthaler Platz.

© Daniel Biskup

Am Vorabend des Termins gab es damals eine Ausstellung mit Lagerfeld-Fotografien in einer ehemaligen Fleischerei in der Torstraße. Vielleicht würde er dort interessantere Fotos machen können als im Hotelzimmer – das war der Gedanke, der Biskup dorthin trieb. Erst einige Tage zuvor hatte er sich einen schwarzen Trenchcoat aus Cashmere gekauft, dazu trug er ein schwarzes Hemd.

Er ist sich noch heute sicher, dass dieser sehr spezielle Mantel, den er zu seinem halblangen blonden Haar trug, dem großen Modeschöpfer auffiel: „Ich merkte, wie er mich von oben bis unten musterte.“ Das gab ihm Mut, einfach mal zu fragen, ob er für ein Foto im U-Bahnhof Rosenthaler Platz zur Verfügung stünde. „Diese leuchtend orangefarbenen Kacheln dort waren ein perfekter Hintergrund.“

Ins Borchardt und später in den Club

Biskup hatte gar nicht ernsthaft damit gerechnet, aber die Neugier des Designers, selbst auch ein passionierter Fotograf, war geweckt. Gemeinsam mit der aus etwa 15 Freunden und zwei Bodyguards bestehenden Entourage ging es zum U-Bahnhof. Lagerfeld schritt die Treppe hinunter, als wäre sie ein Laufsteg. Interessiert beobachtete er alle Bewegungen des Fotografen. Als könne er von ihm noch etwas lernen. Professionell, wie die Supermodels, mit denen er normalerweise arbeitete, folgte er den Anweisungen, erzählt Daniel Biskup heute.

So entstanden Fotos mit dichter Atmosphäre, die den Designer in unerwarteten Situationen zeigten. Biskup sah, wie die Menschen auf dem Bahnsteig zu tuscheln begannen. „Ist er es wirklich?“ Karl Lagerfeld habe dann ganz freundlich Autogramme gegeben. Nach etwa 20 Minuten fragte Biskup, was der Designer noch so plane für den Abend. Man wolle ins Borchardt gehen und später in einen Club, antwortete Lagerfeld. Ob er mitkommen könne? Er durfte. „Die Sterne standen einfach gut für mich an dem Tag“, sagt der Fotograf rückblickend.

Einer aus der Entourage nahm ihn beiseite und fragte, ob ihm eigentlich klar sei, was für ein Riesenglück er hätte, die Gruppe anzuführen. Auch wenn es nur zeitweise war. Tatsächlich ließ Lagerfeld sich dann auch noch in der Tiefgarage vom Four Seasons Hotel fotografieren. Wieder schuf er Laufsteg-Atmosphäre. Gesprochen wurde nicht viel, und wenn, ging es um Absprachen für die Bilder.

Schlanke Figur dank Koffeindiät

Allerdings war das die Zeit, in der Lagerfeld sich gerade seine neue schlanke Figur erarbeitet hatte, man könnte auch sagen: erhungert. Damals lebte er vor allem von Espresso und Cola Light. Zwei Männer aus der Gruppe trugen immer einen Kasten Pepsi hinterher. Lagerfeld war stolz, dass er Größe 48 hatte und die Anzüge seines Freundes Hedi Slimane tragen konnte.

Professionell in Pose. Der Fotograf Daniel Biskup fotografierte Karl Lagerfeld in der Charlottenstraße.
Professionell in Pose. Der Fotograf Daniel Biskup fotografierte Karl Lagerfeld in der Charlottenstraße.

© Daniel Biskup

An einer Telefonsäule in der Charlottenstraße ließ er sich ebenfalls fotografieren mit dem Hinweis, dass es so etwas bald ja nicht mehr geben würde. Dann ging es weiter in einen Club. Auch davon gibt es ein Bild. An den Namen des Clubs kann sich Biskup nicht mehr erinnern, nur, dass er in einer Seitenstraße der Friedrichstraße war. Um drei Uhr nachts sei er schließlich nach Hause gegangen.

Zum ursprünglich vereinbarten Termin um 10 Uhr am nächsten Morgen war Daniel Biskup wieder im Dorint Hotel. Da fotografierte er Karl Lagerfeld noch auf der Terrasse. Aus den insgesamt 14 Stunden einer unverhofften Begegnung ist nun auch ein 52 Seiten starkes Buch geworden. Noch so viele Jahre später merkt man dem Fotografen die Begeisterung an: „In so kurzer Zeit sind so viele intensive Momentaufnahmen entstanden“, sagt Biskup heute.

Daniel Biskup vor seinen Fotos.
Daniel Biskup vor seinen Fotos.

© Sven Darmer/davids

Eigentlich hatte Lagerfeld im Schlosshotel im Grunewald lebenslanges Wohnrecht. Schließlich hatte er sich auf den Vorschlag des damaligen Mitbesitzers Michael Zehden eingelassen, das Hotel einzurichten, weil er so etwas vorher noch nie gemacht hatte.

Er sprach davon, „das Hotel anzuziehen“, wie Zehden, der ihn schon vorher kannte, sich erinnert. Besonders viel Liebe steckte Lagerfeld in seine eigene Suite. Das mit altrosa-farbenem Samt bezogene Bett hatte zwei Matratzen übereinander und war entsprechend hoch.

Stammgast in der Suite 109

Eine Ansicht des Potsdamer Platzes, die an der Wand hinter dem Bett hing, hatte Karl Lagerfeld in Versailles ersteigert. Auch eigene Fotografien hatte er dort aufgehängt. Um sich dieser Aufgabe intensiv widmen zu können, hatte der Designer im Frühjahr 1995 sogar seine nächste Wintermode in Berlin aufnehmen lassen.

Als das Hotel in andere Hände überging, zog es Lagerfeld nicht mehr so sehr dahin. Plötzlich lag es ihm zu weit draußen. Das Hotel de Rome erinnere ihn an das Deutschland der Bankiers, verriet er einem französischen Magazin. Und dass der ehemalige Hauptsitz der Dresdner Bank mit italienischem Glamour wiederbelebt worden sei. Dort war er später als Gast der Suite 109 beliebt, auch, weil er so üppige Trinkgelder gab und überhaupt viel freundlicher und umgänglicher war, als seine Posen das vermuten ließen.

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