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Teuflisch schöne Aussichten. Die Ruine der ehemaligen US-Abhörstation auf dem Teufelsberg kann besichtigt werden.

© Kitty Kleist-Heinrich

Aussichtspunkte in Berlin: Ausflug zu Berliner Höhen

Kann man sie Berge nennen? Für hiesige Verhältnisse schon. An sechs Orten geht es in Berlin mehr als 100 Meter hinauf. So mancher ist ideal für einen Ferienausflug. Unser Autor hat schon mal alle Gipfel gestürmt.

Im Sommer ans Meer, im Winter in die Berge: So will es der Brauch, also sind jetzt die Berge dran. Leider derzeit ohne Skier und Schlitten, aber Ausflugswetter mit passabler Fernsicht ist Argument genug für eine Reise zu den Gipfeln. Sechs Hunderter hat Berlin zu bieten. Referenz für die Höhe ist der Meeresspiegel, und über dem liegt Berlin selbst im Urstromtal etwa 30 Meter. Man kann sie als gesparte Meter beim Aufstieg betrachten, der durchaus anstrengend sein kann – und in einem Fall nur bedingt möglich ist.

Mehr dazu im kleinen Bergführer hier. Wer Lust auf noch mehr bekommt: Es gibt auch einen großen "Bergführer Berlin", kenntnisreich und unterhaltsam geschrieben. Er ist im be.bra-Verlag erschienen und für 16 Euro u.a. im Tagesspiegel-Shop (Askanischer Platz 3, Mo-Fr 9-18 Uhr, Tel.: 29021-520, shop.tagesspiegel.de) erhältlich.

Arkenberge

Im äußersten Nordosten von Pankow, wo Windräder lange Schatten auf die Weiten des Barnims werfen, sind unter weitgehendem Ausschluss der Öffentlichkeit die Arkenberge bis zum Rekord gewachsen. 122 Meter verkündet der Findling auf dem höheren, dem südöstlichen Gipfel, 120,7 ergab die bezirksamtliche Messung vor zwei Jahren. Das gilt formell zunächst bis 2018 – und die Befristung hat bei den Berliner Bergen durchaus Sinn. Denn hier ist viel in Bewegung, weil die Mehrzahl der Gipfel mindestens teilweise durch menschengemachten Berg-Bau entstanden ist.

Das gilt auch für die Arkenberge, auf deren natürliche Basis zunächst Müll und später Bauschutt und Erdaushub gekippt wurden, sodass der heutige Doppelgipfel entstand. Der ist Privatgelände einer Bauschuttfirma und legal nur bei sporadischen Tagen der offenen Tür zu besteigen. Vorerst kann man nur konstatieren, dass es um die Arkenberge einen Zaun gibt, der Lücken hat, durch die sporadisch Jogger oder Radfahrer schlüpfen, wie Spuren auf dem schlammigen Weg zum Gipfel verraten.

Die Frage ist, ob Verbrechen (Hausfriedensbruch!) überhaupt lohnt, zumal die Arkenberge für Berliner Verhältnisse wirklich j.w.d. sind. Das bedeutet umgekehrt: Je nach Wetter reicht die Sicht nur über die Kleingartenanlage am Bergfuß und bis zum Märkischen Viertel als nächstgelegener ernstzunehmender Skyline. Stadtauswärts ist auch nicht viel los. Bei klarer Sicht sind allerdings einige Berliner Wahrzeichen als Miniaturen am Horizont sichtbar.

Anreise: Bus 107 ab Bahnhof Pankow bis Arkenberge (mit teils mehrstündigen Fahrplanlücken!) oder S8 bis Mühlenbeck-Mönchmühle (Tarif C) und circa 30 Minuten Fußweg.

Aussicht von Ahrensfelder Berge.
Aussicht von Ahrensfelder Berge.

© Stefan Jacobs

Ahrensfelder Berge

Am Fuße der Ahrensfelder Berge mutet Berlin sibirisch an, was an der Plattenbaudominanz in Kombination mit oberirdischen Fernwärmeleitungen und Spontanvegetation liegt und am Wind, der hier oft ungebremst aus Karelien zu kommen scheint. Aber die Reise lohnt, denn der Blick vom Berg ist weit und abwechslungsreich: Im Nordosten liegt umgeben von grüner Wintersaat das Dorf Eiche und neuerdings ein glitzernder Solarmodulsee. Dreht man sich um, füllt der kubistische Berliner Nordosten den Bildvordergrund, aber dahinter ist bei klarer Sicht sogar die Stadtschlosskuppel zu orten.

Ihren Anfang hatten die Ahrensfelder Berge, als die Eiszeitgletscher sie am Rande des Wuhletals hinterließen. Mit Marzahn und Hellersdorf wuchsen dank Erdaushub dann auch die Hügel. Den Gipfel ihres Ruhms erreichten sie vor neun Jahren, als drei Bonusmeter aufgeschüttet, ein Aussichtsplateau errichtet und nach getanem Werk „Rekord!“ gerufen wurde. Die Nachmessung ergab dann doch nur 114,5 Meter, also Platz drei hinter Müggel- und Teufelsberg. Die Arkenberge haben die Ahrensfelder danach sogar vom Treppchen gestoßen. So bleibt es wohl, bis wieder einer nachgibt. Bei Bauschuttbergen kann das vorkommen.

Über einen gekiesten Weg sind die Ahrensfelder Berge von Süden her komfortabel zu erreichen. Ambitionierte Bergsteiger können sich weiter nördlich im Wuhletal mit voller Ausrüstung am Kletterturm des Alpenvereins versuchen, der aus Betonteilen demontierter Plattenbauten besteht.

Anreise: S7 bis Ahrensfelde und 20 Minuten Fußweg oder mit Bus (X54 und 197) oder Tram (M6 und 18) bis Landsberger Chaussee / Zossener Straße.

Auf den Kienberg fährt die Seilbahn ab April.
Auf den Kienberg fährt die Seilbahn ab April.

© Stefan Jacobs

Kienberg

Wer einmal im Wuhletal ist, kann von Ahrensfelde gleich südwärts weiterwandern. Es ist idyllisch, und nach etwa einer halben Stunde erreicht man den Fuß des Kienbergs. Er hat eine Handvoll Namensvetter in den Alpen, gegen die er als kleinster Berliner Hunderter nur ein Pickel in der Landschaft ist. Aber gerade kommt er trotz seiner bescheidenen 102 Meter groß raus: Zur IGA wird der Gipfel per Seilbahn standesgemäß zu erreichen sein und mit dem gut 25 Meter hohen "Wolkenhain" ein Highlight bieten. Der auf einem filigranen Stahlgerüst schwebende Aussichtspfad bietet einen guten Blick über die Gartenschau bis hin zur Innenstadt. Allerdings ist er 2017 wie der gesamte Berg nur mit IGA-Ticket zu besteigen. Am 13. April geht’s los.

Die Entstehungsgeschichte des Gipfels ähnelt der der Ahrensfelder Berge: Erst kam die Eiszeit, dann das DDR-Wohnungsbauprogramm. Jetzt kommt die IGA, und für die – und die Zeit danach – wird der Berg von Gartenbauern hergerichtet. Am terrassierten Südhang soll neben dem Obst bald auch Wein reifen.

Anreise: Mit der U5 bis Kienberg/Gärten der Welt und ab 13.4. mit der IGA-Seilbahn direkt auf den Gipfel.

Der Müggelturm am Müggelberg.
Der Müggelturm am Müggelberg.

© Stefan Jacobs

Müggelberge

Anders als ihre nördlich gelegenen Artgenossen sind die Müggelberge keine Hochstapler bzw. Hochgestapelten, sondern ein Naturprodukt. Vor mehr als 140 Jahren schrieb Theodor Fontane: Sie "machen den Eindruck eines Gebirgsmodells, etwa als hab’ es die Natur in heiterer Laune versuchen wollen, ob nicht auch eine Urgebirgsform aus märkischem Sande herzustellen sei. Alles en miniature, aber doch nichts vergessen. Ein Stock des Gebirges, ein langgestreckter Grat, Ausläufer, Schluchten, Kulme, Kuppen..." Am deutlichsten wird dieser Eindruck, wenn man vom Müggelsee her kommt, was zugleich eine schöne Waldwanderung ergibt.

Die Treppen zum Gipfel sind im Winter gesperrt, sodass man eher die Betonstraße nimmt, die in die Baustelle mündet. Nach mehr als 20 Jahren Verfall saniert der lokale Unternehmer Matthias Große das denkmalgeschützte Ensemble am Fuße des Müggelturms. Der Aufstieg kostet zwei Euro und 126 Stufen; Tickets gibt’s an der Imbissbude, die behauptet, geöffnet sei täglich von 10 bis 20 Uhr. Bis zum Einbruch der Dunkelheit, präzisiert der Mann hinterm Tresen, und dass die Bauarbeiten 2017 abgeschlossen sein sollen.

Der Blick vom Turm reizt weniger wegen der weit entfernten Skyline als wegen der immergrünen Umgebung, in der der Müggelsee bei klarem Wetter liegt wie ein großes blaues Auge und auf der anderen Seite die Dahme golden glitzert. Dahinter liegt breit und bräsig der Problem-BER und am Horizont bei klarer Sicht die (Luftlinie 42 Kilometer entfernte) Tropenhalle am Rande des Spreewaldes wie ein Wal in den Wäldern.

Der Müggelturm steht auf dem Kleinen Müggelberg. Zum 114,7 Meter hohen Großen geht es einen Kilometer auf dem Kammweg ostwärts. Ein Schild weist den Pfad (fälschlich) „zum höchsten Berg Berlins“, der mit einem Stein markiert ist, aber keinen Ausblick bietet. Schön ist der Rückweg durch den Müggelwald dennoch.

Anreise: Von Köpenick (S3) mit dem 169er Bus bis Rübezahl und 20 Minuten Fußweg oder über Grünau (S8/S46) mit der Fähre F12 nach Wendenschloss und gut 30 Minuten Fußweg.

Der Teufelsberg.
Der Teufelsberg.

© Maurizio Gambarini/dpa

Teufelsberg

Der Teufelsberg ist ein Nachkriegsprodukt auf Basis von Trümmerschutt und wurde in den 1970ern begrünt. Er nähert sich also dem Alter, in dem Schrumpfung durch Setzung zu befürchten ist, aber tatsächlich hat er bei der Neuvermessung 2013 noch ordentlich Boden gutgemacht: Seine amtliche Höhe wuchs um mehr als fünf auf 120,1 Meter, was ihm – bis zum plötzlichen Aufstieg der Arkenberge – den Spitzenplatz sicherte. Wobei der Teufelsberg der südliche von zwei Gipfeln ist – der höhere und wegen der ehemaligen amerikanischen Abhörstation der markantere.

Die von Wind, Wetter und Vandalen zerzausten "Weltraumpilze" können gegen 8 Euro Eintritt besichtigt werden, freitags bis sonntags gibt es auch Führungen durch die Ruinen (Infos: teufelsberg-berlin.eu). Die gehören einem privaten Investor, der allerdings nicht mehr bauen darf, seit das Gelände zu Wald deklariert wurde. Geblieben sind Pläne für einen Kulturtreff samt Lokal und Museum.

Außerhalb des Zauns gibt es auf dem Teufelsberg nur einen rutschigen Pfad mit Abrutschgefahr. Das spricht für den Besuch des nördlichen Nachbargipfels, dem 99 Meter hohen Drachenberg. Ein Wendelweg und eine Treppe führen komfortabel aufs Plateau, auf dem es die Aussicht gratis gibt und immer was los ist. Der Andrang hat sicher mit der Nähe zur Stadt zu tun, die von oben deutlich wird: Messegelände und Funkturm sind quasi nebenan, Spandau gegenüber. Waldseitig dagegen fällt der Blick auf die "Champignons" vom Teufelsberg, die vor allem bei Sonnenuntergang eine grandiose Silhouette abgeben.

Anreise: S5 bis Heerstraße und circa 20 Minuten Fußweg zum Drachenberg / 40 Minuten zum Teufelsberg.

Schäferberg
Schäferberg

© Stefan Jacobs

Schäferberg

Neulinge wundern sich gelegentlich über den gewaltigen Fernsehturm am südwestlichen Stadtrand, gegen den der Funkturm am Messegelände ein Bonsai ist. Der 216 Meter hohe Turm jenseits des Wannsees diente zu Mauerzeiten als Telefonbrücke zwischen West-Berlin und BRD; die Gegenstation befand sich im Harz. Jetzt sendet er tatsächlich Fernsehen. Seine Dominanz verdankt er auch dem Schäferberg, auf dem er steht: eine 103 Meter hohe natürliche Erhebung im allgemein hügeligen Düppeler Forst.

Königstraße 35A lautet seine Adresse, am Fuße der gepflasterten Auffahrt beschildert und um einen laminierten Zettel ergänzt, auf dem steht: "Königstraße 35b ist 3 km weiter". Der Berg hat sogar eine eigene Bushaltestelle auf der Bundesstraße 1 – und ist doch eine Enttäuschung. Der Gipfel mit dem großen Turm und einem kleineren ist umzäunt und im Kiefernwald gelegen, was ganzjährig die Aussicht vereitelt.

Waldwanderfreunde können immerhin auf einer Vielzahl teils von Wildschweinen zerwühlter Pfade spazieren und die Ruhe genießen. Aber richtig erhebend ist es erst im Tal, wo die Havel Richtung Potsdam fließt. Besonders schön ist der Blick vom Gasthaus Nikolskoe mit der Kirche St. Peter & Paul nebenan. Ein Spaziergang auf dem Uferweg lässt sich beliebig ausdehnen und mit Kultur anreichern, indem man etwa Schloss Glienicke oder die Liebermann-Villa ins Programm aufnimmt.

Anreise: S1/S7 bis Wannsee und Bus 316 bis Schäferberg oder circa 45 Minuten Fußweg.

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