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Berlins Versuch, die Kitas zu entlasten, hatte bisher wenig Erfolg. Das berichten Erzieherinnen und Gewerkschaft.

© Uwe Anspach/dpa

Auslastung pendelt sich bei 35 Prozent ein: Träger und Gewerkschaft klagen über Berlins neue Kita-Regeln

Notbetreuung nur für Kinder von Systemrelevanten, Alleinerziehern und sozial Schwachen. Das gilt seit Ende Januar. Mit dem Effekt sind viele unzufrieden.

Gut eine Woche nach Inkrafttreten neuer Regeln für den Kita-Notbetrieb im Corona-Lockdown schlagen die Gewerkschaft GEW und Kita-Träger Alarm. Nach ihrer Einschätzung sind die Kindertagesstätten in Berlin ähnlich voll oder sogar voller als vorher - mit den damit verbundenen Infektionsgefahren für Beschäftigte und Kinder.

Ganz anders die Bildungsverwaltung: Aus ihrer Sicht wurde das Ziel, die Zahl der betreuten Kinder auf maximal 50 Prozent der normalen Kapazität zu begrenzen, vorerst erreicht.

Obwohl Kitas während des Lockdowns eigentlich nur Notbetreuung im Einzelfall anbieten sollten, waren sie im Januar voller als erwartet. Die Bildungsverwaltung berichtete von einer Auslastung von 38 Prozent mit steigender Tendenz, die Gewerkschaft GEW von bis zu 80 Prozent. Daraufhin beschloss der Senat ab 25. Januar neue Bedingungen für Eltern, die ihre Kinder nicht zu Hause betreuen können.

In eine Kita dürfen Kinder demnach nur, wenn mindestens ein Elternteil in einem systemrelevanten Beruf arbeitet. Die Liste dieser Berufe ist 28 Seiten lang. Hinzu kommt der Nachwuchs von Alleinerziehenden oder aus Familien in einer sozial schwierigen Situation.

„Die Anzahl der Kinder in den Einrichtungen hat sich eher erhöht“, zog Markus Hanisch von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) am Mittwoch Zwischenbilanz. „Ziel war, die Kitas zu entlasten.“

Kita-Regelung wird als „Augenwischerei“ kritisiert

Die konkreten Regeln für eine Deckelung der Kinderzahl und für flexible Lösungen - und das sei positiv - seien für Kitas besser handhabbar als vorher. „Wir beobachten aber, dass nun mehr Menschen einen Anspruch bekommen haben, ihre Kinder betreuen zu lassen, und sich deshalb mehr Menschen in den Einrichtungen melden.“

Ähnlich sieht das der Verband der Kleinen und Mittelgroßen Kitaträger in Berlin. „Das ganze ist Augenwischerei, es hat sich nichts verändert“, sagte Geschäftsführer Lars Békési. „Der Streit an der Kita-Tür und die Frustration bestehen weiterhin.“

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Die Betreuungsquote an den einzelnen Kitas unter dem Dach seines Verbandes bezifferte Békési auf 10 bis 80 Prozent, der Durchschnitt liege bei etwa 50 Prozent. Etliche Kitas seien mit 70 bis 80 Prozent praktisch im Regelbetrieb. Viele Eltern drängten auf Betreuung ihrer Kleinen - unabhängig davon, ob sie darauf Anspruch hätten oder nicht.

Ziel ist eine Quote unter 50 Prozent

Laut Bildungsverwaltung lag die Betreuungsquote nach Inkrafttreten der neuen Regelung zuletzt bei etwa 35 Prozent. „Im Moment erfüllt das System die Erwartungen. Wir bleiben unter einer Quote von 50 Prozent“, sagte Sprecherin Iris Brennberger.

Man beobachte die Entwicklung aber weiter genau. Der Abwägungsprozess zwischen Gesundheitsschutz und Kontaktvermeidung einerseits sowie Betreuungsangeboten für Eltern in wichtigen Berufen andererseits bleibe schwierig.

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Die Vorsitzende des Landeselternausschusses Kindertagesstätten, Corinna Balkow, zog ein ernüchterndes Fazit. „Viele Eltern resignieren und sind erschöpft“, sagte sie. „Sie versuchen irgendwie, ihre Kinder zu Hauses zu betreuen.“

Sowohl Balkow als auch Békési forderten verlässliche Betreuungsangebote für alle Kinder, etwa mit Hilfe flexibler Lösungen wie ein tage- oder stundenweiser Kita-Besuch. Zudem dringen GEW und Kita-Träger auf mehr Gesundheitsschutz für die Beschäftigten und auf den regelhaften Einsatz von Corona-Schnelltests in den Einrichtungen. (dpa)

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