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2008 verabschiedete die damalige Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) erstmalig junge Menschen zu einem Freiwilligendienst mit "Weltwärts".

© dpa

Auslandserfahrung: Nur noch kurz die Welt retten

Freiwilligendienste halten oft nicht was sie versprechen. Macht aber nichts, solange man nicht an die große Verheißung von der Weltrettung glaubt.

Freiwilligendienste sind eine super Sache. Man entdeckt fremde Kulturen. Man lernt eine neue Sprache. Man hilft in einem gemeinnützigen Projekt und unterstützt so Menschen und Umwelt. So oder ähnlich wird man es in den Flyern verschiedenster Organisationen lesen können. Freiwilligendienste sind im Trend. Mittlerweile ist es nichts Besonderes mehr, Auslandserfahrungen zu sammeln. Immer dabei: das bescheidene Ziel, die Welt zu verbessern.

Sei ehrlich, du machst es für dich

Afrika, Südamerika, Südostasien – mittlerweile kann man fast überall Freiwilligendienste ableisten, ob für ein Jahr oder nur für ein paar Wochen. Der deutsche Veranstalter praktikawelten.de bietet zum Beispiel Tierschutzprojekte und Sozialarbeit mit Kindern an. Man könne durch seine Arbeit nicht nur „die staatliche Versorgungslücke“ schließen, sondern dabei auch noch richtig viel Spaß haben und tolle Erlebnisse sammeln. Versprochen wird: „Be more than a tourist.“. Die Aussagen klingen überlegen, fast schon wie aus kolonialen Zeiten. Und doch versprechen die Freiwilligendienste die Möglichkeit zur selbstlosen Hilfe - und wecken damit oft falsche Erwartungen.

Die Wahrheit ist: Keiner handelt aus purem Altruismus. In erster Linie macht man den Freiwilligendienst doch für sich selbst: Man sammelt beeindruckende Erfahrungen. Man stößt an seine eigenen Grenzen und bekommt Chancen, die man zu Hause nicht gehabt hätte. Man wird selbstständiger und kehrt vielleicht reifer nach Deutschland zurück. Natürlich hat man auch seinen Lebenslauf im Kopf, denn jeder weiß ja, dass sich Auslandsaufenthalte in Bewerbungen gut machen.

Wie gut kann ich helfen?

Auch mich hat nach dem Abitur das Fernweh gepackt. Ich war neugierig auf ein komplett anderes Leben. Im August fuhr ich für ein Jahr nach Bolivien. Ich lebe in der Hauptstadt Sucre und arbeite in einer Grundschule auf dem Land. Ich mache hier einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst (IJFD), der staatlich gefördert wird.

In der Schule soll ich  Englisch unterrichten, den Kindern eine Perspektive geben, so wird es mir oft von den Lehrern gesagt.  Die Kinder sollen ein besseres Leben führen und sich etwas leisten können, und die englische Sprache ist auf diesem Weg ein wichtiger Schritt. Ich spiele also eine vermeintlich entscheidende Rolle. So weit, so gut. Doch überlegt man sich das Ganze realistisch: Wie gut kann eine nicht ausgebildete Lehrkraft wirklich helfen, die Kultur und Mentalität nicht kennt und gerade einmal volljährig geworden ist? Richtig – nicht viel. Auch ein Vorbereitungsseminar und die Absprachen mit der Organisation ändern daran kaum etwas.

 Heldentum beiseite

Die Kinder, die betreut werden sollen, können kein Vertrauen aufbauen, wenn die Freiwilligen alle paar Monate wechseln und als Bezugspersonen wieder verloren gehen. Den Gedanken, helfen zu wollen und zu können, sollte man energisch beiseiteschieben. Auch ich wünschte, ich könnte mit meiner Arbeit hier eine wirkliche Veränderung herbeiführen – aber wer das glaubt, belügt sich selber. Wir sind keine Helden. Und auch keine Entwicklungshelfer.

Also alles Mist? Nein. Wer die Möglichkeit und den Willen dazu hat, sollte einen Freiwilligendienst absolvieren. Er ist keine grundsätzlich schlechte Sache, obwohl es einen großen Unterschied macht, ob man mit Organisation wie „weltwärts“ oder „kulturweit“ verreist oder mit einem privaten Anbieter, bei dem man oft einige Tausend Euro für den Freiwilligendienst bezahlen muss.

 Ohne Heiligenschein, aber um Erfahrungen reicher

Die Freiwilligen nehmen den Menschen keine Jobs weg, sondern schaffen im besten Fall neue Beschäftigungsmöglichkeiten. Durch Erzählungen, kleine Mitbringsel und Souvenirs werden die fremden Länder Familie und Freunden der Freiwilligen im besten Fall etwas schmackhafter gemacht.

Wenn so langsam eine kleine Tourismusbranche entsteht, ist das auch nicht schlecht. Außerdem helfen Berichte wie dieser hier Stereotype abzubauen und die anderen Kulturen nahbarer und interessanter  zu machen. Niemand kommt mit einem Heiligenschein oder als Mutter Theresa zurück, aber ist immerhin um einige Erfahrungen reicher.

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Lena Apke

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