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Berlin: Augenärzte raten dringend, das Naturspektakel nur mit Spezialbrille zu betrachten

Das Naturspektakel beginnt in Berlin um 11.21 Uhr, erreicht seinen Höhepunkt um 12.

Das Naturspektakel beginnt in Berlin um 11.21 Uhr, erreicht seinen Höhepunkt um 12.40 Uhr und endet schließlich um 13.59 Uhr: Die Sonne wird am kommenden Mittwoch an der Spree gut zwei Minuten lang bis zu 87 Prozent vom Mond verdeckt sein. Himmelsforscher sprechen von einem Jahrtausendereignis, dass insbesondere den Südwesten Deutschlands betrifft: Dort wird es eine totale Sonnenfinsternis geben. Augenärzte warnen vor schweren Netzhautschäden, wenn die Betrachter ohne Schutzbrille in die sich verdunkelnde Sonne schauen: "Am besten wäre es, wenn dichte Wolken aufziehen", so Klaus Rüther, Oberarzt der Augenklinik im Weddinger Virchow-Klinikum. Meteorologen sagen jedoch für Berlin mit 60-prozentiger Wahrscheinlichkeit einen klaren Himmel voraus.

Sicheren Schutz vor schädlichen infraroten und ultravioletten Sonnenstrahlen bieten spezielle Brillen mit metallbedampfter Folie oder Kunststoffschicht. Solche Schutzbrillen, die für ein paar Mark oder gar unentgeltlich bei den Augenoptikern zu haben sind, lassen nur ein Hunderttausendstel der gefährlichen Strahlen durch. Achten sollte man auf die sogenannte "CE"-Kennzeichnung der Brillen als Qualitätsnachweis gemäß europäischer Richtlinien. Doch Vorsicht ist auch hier geboten: In Frankreich werden derzeit 700 000 Billig-Brillen aus Kolumbien vom Markt genommen, weil sie den Richtlinien nicht entsprächen, obwohl sie einen "CE"-Vermerk trugen. Experten raten, Folien-Brillen auf Risse oder Löcher zu prüfen.

Ungefiltertes direktes Sonnenlicht kann binnen Sekunden bleibende Netzhautschäden (blinde Flecken) und im schlimmsten Fall sogar den kompletten Verlust des Sehvermögens hervorrufen: Die Augenlinse bündelt das Licht und verbrennt so die Netzhaut. Betroffene bemerken einen Augenschaden nicht sofort, weil die Netzhaut schmerzunempfindlich ist. Nach einer partiellen Sonnenfinsternis im Jahre 1912 mussten in Deutschland rund 3000 Menschen mit geschädigten Augen behandelt werden, so der Berufsverband der Augenärzte. In den USA habe es im März 1970 bei einer totalen Sonnenfinsternis 145 "Augen-Opfer" gegeben. Nicht ausreichend sei es, sich mit normalen Sonnenbrillen, Kamerafiltern oder rußgeschwärzten Glasscheiben zu "schützen", lautet eine weitere Warnung, besonders gefährdet seien empfindliche Kinderaugen. Die Gefahren erhöhen sich noch um ein Vielfaches, wenn man mit einem Teleobjektiv oder Fernglas in die Sonne guckt.

Die Freude am Naturschauspiel verderben wollen die Augenärzte allerdings nicht. Die gut zweiminütige Phase totaler Finsternis könne getrost mit bloßem Auge beobachtet werden - doch leider ist eben dies in Berlin nicht möglich. Die nächste totale Finsternis in Berlin wird erst am 7. Oktober 2135 erwartet. Eine pechschwarze Sonnenscheibe mit zartrosa schimmerndem Schein des "Korona"-Kranzes ist am kommenden Mittwoch allenfalls im Fernsehen zu betrachten. Die ARD etwa plant Liveaufnahmen von verschiedenen europäischen Plätzen. In Kooperation mit dem österreichischen Fernsehen ORF sollen zudem mit Kameras ausgestattete Düsenjäger die Finsternis garantiert wolkenfrei verfolgen.

Unterdessen haben kirchliche Sektenexperten vor sogenannten "Endzeitpropheten" gewarnt. Mit Berufung auf ein "esoterisches Überwissen" verbreiteten sie ein Klima der Angst und machten die "Weltflucht zum Programm", erklärte die Evangelische Zentrale für Weltanschauungsfragen in Berlin. Aus psychologischer Sicht fänden "unheilvolle Erwartungen", die an ein solches ungewöhnliches Naturereignis geknüpft sind, eine willkommene Projektionsfläche.

In Berlin bieten das Planetarium am Insulaner in Schöneberg (Munsterdamm 90) und das Zeiss-Großplanetarium in Prenzlauer Berg (Prenzlauer Allee 80) schon vor dem 11. August Vorträge und Multi-Media-Veranstaltungen an. In Schöneberg wird über "Die schwarze Sonne" am 5. August um 20 Uhr, 6. August um 18 Uhr sowie jeweils um 20 Uhr am 10. und 11. August informiert. Das Planetarium Prenzlauer Berg lädt am 7. und 8. August jeweils um 18.30 Uhr zur Lichtschau zur Sonnenfinsternis. Am 11. August wird die Sonnen-Schau um 9 und 10 Uhr gleich zweimal gezeigt, von 11.15 Uhr an werden unter der Zeiss-Kuppel Live-Übertragungen aus dem Fernsehen gezeigt.

Bernhard Koch

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