zum Hauptinhalt
Corona-Test per Zwang – das soll bei Abschiebung möglich sein.

© Jörg Carstensen/dpa

„Aufenthaltsrechtlicher Gefährder“ in Berlin: Abschiebung gescheitert – weil der Coronatest fehlte

Ein Litauer kam frei, weil er den Corona-Test verweigerte. Der zur Abschiebung nötige Test hätte mit Zwang durchgesetzt werden müssen, entschied ein Gericht.

Bei Abschiebungen darf zwangsweise ein Corona-Test durchgeführt werden. Das hat das Amtsgericht Tiergarten entschieden. In dem Fall ist jedoch ein Litauer aus der Gefährder-Abschiebehaft in Lichtenrade entlassen worden, weil kein Corona-Test vorgenommen werden konnte, da er sich geweigert hatte. Das bestätigte Polizeipräsidentin Barbara Slowik.

Der Mann war am 9. Dezember aufgrund eines Gerichtsbeschlusses in die Abschiebehaft genommen worden, um die Abschiebung sicherzustellen. Es handle sich nach Einschätzung der Ausländerbehörde um einen sogenannten „aufenthaltsrechtlichen Gefährder“, sagte Slowik.

Er sei in der Vergangenheit wegen Körperverletzung und Widerstand gegen Vollzugskräfte verurteilt worden und im Februar 2017 aus der Strafhaft entlassen worden. Die Behörden wussten dann zunächst nichtt, wo sich der Mann aufhält. Wie die „B.Z.“ berichtet, soll der Litauer drogenabhängig und an Aids erkrankt sein. Dann wurde er doch geschnappt, er kam in Abschiebehaft.

Am 29. Dezember sollte er nach Litauen gebracht werden. Doch stattdessen ist der Mann an diesem Tag nicht in Richtung Baltikum geflogen, sondern aus der Abschiebehaft entlassen worden.

Der Grund: Das Amtsgericht Tiergarten lehnte einen Antrag der Ausländerbehörde auf Haftverlängerung ab. „Dem Gericht konnte nicht dargelegt werden, dass das Beschleunigungsgebot gewahrt wurde.“

Wo der Mann jetzt ist, weiß die Polizei nicht

Die Richter begründeten dies damit, dass „die Anwendung unmittelbaren Zwangs“ für die Durchführung eines Corona-Test „unterlassen wurde“. Nach Ansicht des Gerichts wäre es jedoch legitim und geboten gewesen, den Test per Zwang und gegen den Willen des Litauers durchzuführen, um die Abschiebung zu ermöglichen.

[Alle aktuellen Nachrichten live auf Ihr Handy mit unserer runderneuerten App - als Download hier für Apple- und Android-Geräte.]

Die Ausländerbehörde hatte sogar am 14. Dezember eine ärztliche Untersuchung angeordnet, um die Reisefähigkeit des Mannes feststellen zu lassen. Das ist bei Abschiebungen erforderlich. Teil der Untersuchung sollte auch der Corona-Test sein. Alle Ausreisepflichtigen werden derzeit vor der Abschiebung auf Corona getestet.

Doch in der Abschiebehaft und bei der Polizei sind die Beamten bei dem Litauer davon ausgegangen, dass für den Zwangstest auf Corona ein erneuter Gerichtsbeschluss nötig sei.

[Mehr aus der Hauptstadt, der Region, zu Politik, Gesellschaft – und mehr Nützliches für Sie mit Tagesspiegel Plus: Jetzt 30 Tage kostenlos testen.]

„Aufgrund der Weigerungshaltung des Betroffenen am 28. Dezember wurde auf die Testung verzichtet“, sagte Slowik. Daher war die Abschiebung am Folgetag nicht mehr möglich. Nun werde ein neuer Termin für eine Abschiebung geplant.

„Wir werden dieses Urteil jetzt aufnehmen müssen. Das ist jetzt in der Klärung“, sagte Slowik. Es gebe auch Grenzen für die Ärzte, wenn jemand durch einen Zwangstest verletzt werden würde. Ob der Polizei bekannt sei, wo sie der Mann aufhält, konnte Slowik nicht sagen.

Wie die „B.Z.“ berichtet, wissen es die Behörde nicht. Er war aufgefordert worden, nach seiner Entlassung in eine Unterkunft in Marzahn zu gehen. Auch Aids-Medikamente bekam er noch.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false